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Rauchverbot-Umfrage: 70 Prozent der Österreicher wollen rauchfreie Gastronomie

70 Prozent der Österreicher sprechen sich für eine rauchfreie Gastronomie aus
70 Prozent der Österreicher sprechen sich für eine rauchfreie Gastronomie aus ©APA
Mit dem geplanten Kippen des Gesetzes für eine rauchfreie Gastronomie ab Mai dieses Jahres agiert die schwarz-blaue Bundesregierung ganz klar gegen die Wünsche von 70 Prozent der Österreicher. Das geht aus einer aktuellen repräsentativen GfK-Umfrage der Ärzteinitiative gegen Raucherschäden hervor. Sie wurde am Dienstag in Wien vorgestellt.
Schwarz-Blau kippt Rauchverbot
Shisha-Lokale fordern Sonderregelung
Jeder dritte Lokalgast ist Raucher
Online-Petition gestartet

“Der Bundeskanzler (Sebastian Kurz; Anm.) hat bis Dezember vergangenen Jahres das Versprechen abgegeben, er wird zu dem Rauchverbot in der Gastronomie stehen. Er wird damit wortbrüchig. Er stimmt gegen seine eigenen Wähler. Sie sind zu 85 Prozent Nichtraucher. (…) Die ‘neue’ ÖVP verliert damit an Glaubwürdigkeit. (…) Die FPÖ festigt damit ihren Ruf als ‘Partei der rücksichtlosen Raucher und Raser'”, rechnete der Vorsitzende der Ärzteinitiative und Umweltmediziner Manfred Neuberger mit den Plänen der Regierungsparteien ab, das geplante und ehemals von der ÖVP im Parlament mitbeschlossene Gesetz für ein generelles Rauchverbot in der österreichischen Gastronomie ab Mai dieses Jahres zu kippen.

70 Prozent für Rauchverbot in Lokalen

Umfrage zum Rauchverbot brachte eindeutige Ergebnisse

Die Proponenten des Rauchverbots haben vom Marktforschungsinstitut GfK Anfang Jänner dieses Jahres eine repräsentative Umfrage in der Bevölkerung (1.000 Befragte über 15 Jahre) durchführen lassen. Die Ergebnisse seien eindeutig und hätten in allen Bevölkerungsgruppen eine mehrheitliche Zustimmung zu einer rauchfreien Gastronomie ergeben, sagte Neuberger: “70 Prozent sprachen sich für eine rauchfreie Gastronomie aus, 29 Prozent dagegen.” Ein Prozent hätte mit “weiß nicht” geantwortet oder keine Angaben gemacht.

Bei den Männern sind 62 Prozent für ein Rauchverbot in der Gastronomie (37 Prozent dagegen), bei den Frauen 77 Prozent (22 Prozent dagegen). Personen mit schlechter Schulbildung zeigten mit 65 Prozent die niedrigsten Zustimmungswerte (34 Prozent gegen das Rauchverbot). Personen mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss sprachen sich zu 84 Prozent für ein Rauchverbot aus (16 Prozent dagegen). Die Unter-30-Jährigen wünschen sich zu 68 Prozent eine rauchfreie Gastronomie in Österreich (31 Prozent dagegen), bei den über 60-Jährigen sind es 74 Prozent bei 26 Prozent Widerspruch zum geplanten Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung.

Befragte selbst vielfach Raucher – trotzdem Wunsch nach rauchfreier Gastronomie

Insgesamt gaben 18 Prozent der Befragten an, regelmäßig zu rauchen. Weitere neun Prozent bezeichneten sich als Gelegenheitsraucher. Die einzige Gruppe, in der die Rauchverbots-Gegner knapp überwogen (51 Prozent) waren die regelmäßigen Raucher. Doch auch bei diesen Befragten äußerten sich 47 Prozent zustimmend zu einer rauchfreien Gastronomie.

Die Zustimmung zu einem Rauchverbot in Lokalen geht auch quer über alle Bundesländer hinweg: In Wien sind 68 Prozent der Bevölkerung dafür, in Niederösterreich 63 Prozent, im Burgenland 70 Prozent, in der Steiermark 67 Prozent und in Oberösterreich 63 Prozent. In den vom Tourismus geprägten Bundesländern ist die Zustimmung noch höher: In Kärnten und Tirol äußerten sich 81 Prozent der Befragten positiv, in Salzburg 84 Prozent und in Vorarlberg 80 Prozent.

Rauchverbot: Gastronomie verliert keine Umsätze

Der Vizechef der im vergangenen Jahr wegen Erfolges aufgelösten Nichtraucher-Initiative Bayerns, Ernst-Günther Krause, belegte bei der Pressekonferenz mit harten Daten, dass die Gastronomie in Deutschland nach Einführung von Nichtraucherschutzgesetzen auf Bundesländerebene nicht gelitten hätte. Die Umsätze stagnierten de facto seit 2009.

Laut dem deutschen Statistischen Bundesamt lag der Umsatz der “speisengeprägten Gastronomie” in Deutschland im Vergleich zu 2010 (Wert von hundert) im Jahr 1994 bei einem Wert von 177. Im Jahr 2008 mit dem Einführen der Nichtraucherschutzgesetze betrug er 109,5. Seit der Wirtschaftskrise ab 2008 (2009: 102,5) sank dieser Wert jährlich um 1,5 Prozent, seit 2011 (bis 2016) nur noch um jährlich 0,2 Prozent. Auch bei der “getränkegeprägten Gastronomie” zeigte sich eine ähnliche Kurve (1994: 234,6 im Vergleich zu 2010; seit 2008 ein jährlicher Rückgang um 3,5 Prozent, zwischen 2011 und 2016 um jährlich 1,6 Prozent).

Effektiver Nichtraucherschutz in Rauchverbot gesehen

Die Wiener Kinderärztin und Pneumologin Angela Zacharasiewicz (Wilhelminenspital) begrüßte einerseits das geplante Verbot für unter 18-Jährige, sich in Raucherbereichen aufzuhalten und das Rauchverbot in Autos mit Kindern, andererseits wies sie darauf hin, dass wissenschaftliche Studien “tausendfach” den Beweis für die positiven Effekte des Nichtraucherschutzes erbracht hätten.

“Ein konsequentes, absolutes Rauchverbot in der Gastronomie kann zu einem effektiven Nichtraucherschutz mit all seinen positiven Konsequenzen wie dem Rückgang der Raucherrate und der Abnahme an tabakassoziierten Erkrankungen und Todesfällen in der Bevölkerung führen”, sagte die Expertin. Riesige Meta-Analysen hätten ein Minus von zehn Prozent bei den durch Asthma bedingten Spitalsaufnahmen bei Kindern gezeigt. Ebenso hätte sich die Häufigkeit von Atemwegsinfekten bei Kindern nach solchen Rauchverboten um 20 Prozent reduziert.

Für den Vorsitzenden der Ärzteinitiative gegen Raucherschäden, Manfred Neuberger, stellen die Pläne der schwarz-blauen Regierung schlichtweg eine “internationale Blamage” dar. Gerade der ehemalige Außenminister Sebastian Kurz sollte sich dessen bewusst sein. Und zur FPÖ sagte Neuberger: “Sie treibt Jahr für Jahr tausende Jugendliche in die Sucht und gefährdet Österreichs internationale Reputation.”

Krebshilfe und Ärztekammer hoffen auf Vernunft

Die Österreichische Krebshilfe und die Österreichische Ärztekammer hoffen auf die gesundheitspolitische Vernunft, was die Umsetzung des bisher geplanten Rauchverbots in Lokalen angeht. Die Vorarbeiten für ein allfälliges Volksbegehren laufen, sagten am Dienstag Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda und Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres.

“Unser Ziel ist es, die Bundesregierung unter sachpolitischen Argumenten zu überzeugen, dass sie das Kippen des geplanten Rauchverbots in der Gastronomie idealerweise nicht macht. 442.000 Menschen haben schon unsere Petition für die Umsetzung des Rauchverbotes unterzeichnet. Wir werden die Petition den Parlamentariern übergeben, damit es in den Petitionsausschuss des Nationalrates kommt. Für uns waren die hohe Zustimmung der Bevölkerung und die vielen Unterschriften sehr überraschend und überwältigend”, sagte Sevelda. Binnen der ersten 24 Stunden hätten bereits 100.000 Menschen unterzeichnet, die Petition sei die bisher erfolgreichste derartige Aktion in Österreich.

Szekeres: “Wir Ärzte können nur für ein Rauchverbot in der Gastronomie sein”

Ähnlich äußerte sich der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres: “Die Krebshilfe und wir Ärzte können nur für ein Rauchverbot in der Gastronomie sein. Die Petition, die wir unterstützen, läuft noch bis Februar. Dann wollen wir ein Volksbegehren in die Wege leiten. Wir brauchen mindestens 8.500 Unterschriften dafür, die in den Bezirksämtern gesammelt werden müssen. Dann legt das Innenministerium einen Termin für das Volksbegehren fest. Da brauchen wir dann mindestens 100.000 Unterschriften, damit es ins Parlament kommt.” Die Österreichische Ärztekammer werde hoch aktiv sein.

SPÖ: Gesundheit der Bevölkerung ist Regierung egal

SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner hat sich am Dienstag vom Ergebnis der GfK-Umfrage der Ärzteinitiative gegen Raucherschäden, wonach 70 Prozent der Österreicher gegen ein Kippen des Rauchverbots in der Gastronomie sind, bestätigt gesehen. “Ein weiterer Beweis, dass die Bundesregierung hier ganz klar gegen die Interessen der Bevölkerung agiert”, hieß es in einer Aussendung.

Die ehemalige Gesundheitsministerin hoffe, dass “die täglich breiter werdende Allianz gegen diesen gesundheitspolitischen Rückschritt die Regierung noch stoppen” könne. FPÖ und ÖVP verabschiedeten sich mit der angekündigten Rücknahme des generellen Rauchverbots in der Gastronomie von jeder faktenbasierten Gesundheitspolitik. Die meisten europäischen Länder hätten bereits vor Jahren Rauchverbote eingeführt, Krankheiten wie Herzinfarkte oder Atemwegserkrankungen nähmen dort signifikant ab. In Österreich hingegen würden jährlich rund 13.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums sterben.

Es gibt mit der “Don’t Smoke”-Petition der österreichischen Krebshilfe mit 440.000 Unterschriften oder dem eingeleiteten Volksbegehren der Wiener Ärztekammer eine breite überparteiliche Allianz fürs Rauchverbot, der sich auch einige ÖVP-Gesundheitslandesräte angeschlossen haben. “Aber die schwarz-blaue Regierung zeigt, dass ihr die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung offenbar nichts wert ist”, wurde Pamela Rendi-Wagner zitiert.

Steirische SPÖ, ÖVP bekannten sich zu altem Beschluss

Was für die steirischen Landtagsgrünen beim generellen Rauchverbot schon sicher aussah, umgingen SPÖ und ÖVP am Dienstag mit einem wiederbelebten Antrag aus 2006. Die Grünen wollten in ihrem Antrag die Parteien in der Anti-Raucher-Front gegen die Regierung haben. SPÖ und ÖVP spielten nicht mit, in deren Antrag hieß es aber, man befürworte ein Abgehen vom beschlossenen Gastro-Rauchverbot nicht.

Die Grünen sahen trotz des eigenen Antrags von Rot-Schwarz ihr Anliegen erfüllt: “SPÖ und ÖVP setzen sprachlich zwar in ihrem Antrag ein bisschen auf Tarnung, um vermutlich die schwarzblaue Bundesregierung nicht zu sehr vor den Kopf zu stoßen, unterm Strich fordert der Antrag aber das gleiche wie unsere Initiative”, so Klubchef Lambert Schönleitner. Hinter den verklausulierten Beschlussworten “der Landtag Steiermark bekräftigt die Beschlusslage vom Dezember 2006” versteckte sich die 2006 beschlossene Forderung, so rasch wie möglich ein generelles Rauchverbot in österreichischen Gastgewerbebetrieben umzusetzen.

Die Grünen sprachen am Dienstag in einer Aussendung vor Sitzungsbeginn von einem “steirischen Schulterschluss für ein Rauchverbot in der Gastronomie” als Vorbild für andere Bundesländer.

Die beiden Landtagsfraktionen von SPÖ und ÖVP reagierten dann allerdings mit einer eigenen Aussendung, in der sie einen eigenen Entschließungsantrag für die spätnächtliche Abstimmung ankündigten. “Im Vorfeld der heutigen Landtagssitzung hat sich eines deutlich gezeigt: Die Oppositionsparteien – von links, wie auch von rechts – betreiben den durchschaubaren Versuch, im Landtag einen Keil zwischen die Koalitionspartner ÖVP und SPÖ zu treiben”, so die Klubchefs Hannes Schwarz (SPÖ) und Karl Lackner (ÖVP). Trotz geänderter Vorzeichen auf Bundesebene bleibe die steirische Koalition auch im Landtag unverändert bei ihrer konstruktiven Zusammenarbeit. Man wolle sich nicht durch “unzählige Forderungen an die Bundesregierung in das politische Taktieren mancher Fraktionen hineinziehen lassen”.

Aus diesem Grunde würden SPÖ und ÖVP auch den Entschließungsanträgen der Landtags-Opposition, die sich an die Bundesregierung richten, ab sofort nicht mehr zustimmen. Die Grünen hätten den Landtag ohnehin zur zentralen Plattform gegen die Bundesregierung erkoren. Die FPÖ würde seit Jahresbeginn Bundesangelegenheiten Stück für Stück in den Landtag hineintragen, so die Klubchefs.

In der Tat setzte es in der ersten Landtagssitzung des neuen Jahres etliche Anträge von Grünen und FPÖ, die sich mit teils bundespolitischer Materie beschäftigten. Dazu zählten etwa “Privatverzug für Asylwerber verbieten, Österreicher am Wohnungsmarkt bevorzugen”, “Aufhebung der Russland-Sanktionen der EU” oder “Ablehnung eines EU-Beitritts der Türkei” der Freiheitlichen sowie “solidarische Verteilung von Flüchtlingen statt Dublin III” der Grünen.

Der neue FPÖ-Klubchef Stefan Hermann – er folgte in dieser Funktion dem jetzigen Verteidigungsminister Mario Kunasek nach – sah denn auch in der “kollektiven Ablehnung von Entschließungsanträgen der Opposition eine landesparlamentarische Farce”. Zwei davon hätten Forderungen aus dem schwarz-blauen Regierungsprogramm zum Inhalt, nämlich Initiativen zur Reform der Mindestsicherung und die Unterstützung der Pläne, die individuelle Unterbringung von Asylwerbern zu unterbinden. Die “Zukunftspartnerschaft” sei nicht die schwarz-rote Landesregierung, sondern “die neue türkis-blaue Ministerriege in Wien”, sagte der FPÖ-Klubobmann.

Die Grazer Stadt-KPÖ sprach sich indes für ein Erschweren des Zigarettenkaufs via Automaten aus. Gemeinderat Christian Sikora meinte, nachdem das bereits von der alten Regierung beschlossene Rauchverbot in öffentlichen Räumen von der neuen ÖVP-FPÖ-Regierung nun so gut wie gekippt wurde, wäre es an der Zeit, zumindest einige sinnvolle Maßnahmen gegen das Rauchen zu starten. An den Haltestellen der Graz Linien sollte das Aufstellen von Zigarettenautomaten verboten werden. Ein Verkaufsverbot, ausgenommen Trafiken, wäre ein erster Schritt in eine gesündere Zukunft, so Sikora laut Aussendung.

(apa/red)

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