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Krim-Krise spitzt sich zu: Russland und Ukraine machen sich kampfbereit

Lage auf Krim spitzt sich dramatisch zu
Lage auf Krim spitzt sich dramatisch zu ©AP
Im Streit um die Zukunft der Schwarzmeer-Halbinsel Krim droht ein militärischer Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Der Westen zeigte sich angesichts der Eskalation entsetzt und appellierte an Russland, die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine zu respektieren. Die ukrainische Regierung bat bei den Vereinten Nationen um Unterstützung.

Russlands Parlament machte am Samstag den Weg für einen Militäreinsatz in der Ukraine frei. Präsident Wladimir Putin habe nun alle Vollmachten, um einzuschreiten, teilte sein Sprecher Dmitri Peskow mit. Der Kremlchef wolle seinen Befehl von der weiteren Lage auf der Krim abhängig machen. Putin hatte die mögliche Militärintervention damit begründet, dass russische Bürger und die auf der Krim stationierten russischen Streitkräfte geschützt werden müssten.

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Putin ignoriert Warnungen des Westens

Putin ignoriert damit die Aufforderung des Westens, sich nicht in den Konflikt einzumischen. US-Präsident Barack Obama hatte Russland am Freitagabend (Ortszeit) vor einem militärischen Eingreifen gewarnt. Jede Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine werde einen “Preis” haben, erklärte er.

Es ist das erste Mal seit dem Südkaukasuskrieg 2008 gegen Georgien, dass das Riesenreich einen solchen Schritt erlaubt. Damals schützten die Russen Bürger in der von Georgien abtrünnigen Region Südossetien vor einem Angriff der Ex-Sowjetrepublik. Und es ist Föderationschefin Matwijenko, die diesmal die geopolitische Dimension verdeutlicht: Russland lässt sich von den USA gar nichts verbieten.

Säbelrasseln auf Halbinsel Krim

Und die Politiker lassen keinen Zweifel daran, dass ihre einstimmige Entscheidung für einen Einmarsch russischer Soldaten auf der Krim vor allem abschrecken soll. Abschrecken, sich mit Russland anzulegen und hier vielleicht als nächstes einen gewaltsamen Machtwechsel zu unterstützen.

“Historische Chance”

Viele Russen halten die Krim auch 60 Jahre nach der Übergabe an die Ukraine weiter für ihr Territorium. Dass Kremlchef Nikita Chruschtschow die Halbinsel 1954 einfach seiner Heimat zuschanzte, sieht die große Mehrheit der Menschen in Putins Reich als Ungerechtigkeit. Verbreitet ist daher in Moskau die Meinung von einer “historischen Chance”, sich das Gebiet nun zurückzuholen.

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Und nicht wenige Russen meinen angesichts der sich überstürzenden Ereignisse, dass sogar die russischsprachigen Gebiete im Osten und Süden der Ukraine sich abspalten und wieder an Russland fallen könnten. Um Schutz ersucht haben sie beim Kreml aber bisher nicht.

Janukowitsch im Exil – die Hoffnung stirbt zuletzt…

Der in der Ukraine vor einer Woche gestürzte Präsident Viktor Janukowitsch unterstützt in seinem russischen Exil den Entschluss der Russen. Und er hofft darauf, als Staatschef in die Ukraine zurückkehren zu können. Doch die Ex-Sowjetrepublik, ein für die EU wichtiges Transitland für russische Gaslieferungen, dürfte schon bald nicht mehr dieselbe Ukraine wie vor dem Machtwechsel sein. Davon sind die Machthaber in Moskau überzeugt.

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Putin macht Krim-Invasion von Lage abhängig

Seinen Befehl für einen Militäreinsatz auf der Krim macht der Kremlchef von der weiteren Lage auf der Halbinsel abhängig machen, teilte Putins Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge am Samstag dem russischen Staatsfernsehen mit. Putin habe nun alle Vollmachten, um einzuschreiten. Putin entscheide auch über Größe des etwaigen Kontingents. “Natürlich wird er diese Entscheidung fällen unter der Berücksichtigung, wie sich die Situation entwickelt”, so Putins Sprecher.

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Ukraine ordnet Kampfbereitschaft an

In Kiew ordnete Interimspräsident Alexander Turtschinow am Abend volle Kampfbereitschaft an. Russland habe für einen “Akt der Aggression” keine Grundlage. “Alle Erklärungen über Gefahren für russische Staatsbürger oder russischsprachige Ukrainer sind erdacht”, sagte er. Ministerpräsident Arseni Jazenjuk sagte: “Die Regierung der Ukraine wird alle Maßnahmen zur Wahrung von Ruhe, Ordnung und Stabilität ergreifen.” Einen russischen Militäreinsatz werde die Ukraine nicht hinnehmen. “Eine Intervention wird der Beginn eines Krieges und das Ende aller Beziehungen sein.”

Westen warnt vor weiterer Eskalation

Internationale Organisationen, Europäische Staaten und die USA warnten Moskau eindringlich vor einer weiteren Eskalation. Der britische Außenminister William Hague rief seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow in einem Telefonat dazu auf, die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine zu respektieren. US-Präsident Barack Obama hatte schon am Freitagabend gewarnt, eine militärischen Intervention auf die Krim würde ihren “Preis” haben.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton lud die Außenminister der EU für Montag zu einem Sondertreffen nach Brüssel ein. “Ich fordere alle Seiten auf, die Spannungen unverzüglich durch Dialog und unter Respektierung des ukrainischen und des internationalen Rechts zu verringern”, erklärte sie. Nach dem Treffen mit den EU-Kollegen wolle sie den russischen Außenminister Lawrow treffen, am Mittwoch werde sie nach Kiew reisen.

Weitere Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon wies in einer Stellungnahme jede Einmischung von außen in die ukrainische Krise zurück. Der UN-Sicherheitsrat befasste sich in einer weiteren Sondersitzung mit der Lage. Am Rande des Treffens bat der ukrainische UN-Botschafter Juri Sergejew um Schutz für sein Land: “Wir fordern die USA, Großbritannien, Frankreich und China auf, die Souveränität unseres Landes zu garantieren und bei (Russlands) Präsident Wladimir Putin darauf zu drängen.” Sergejew nannte den Einsatz russischer Soldaten eine Aggression. “Sie sind schon vor Tagen auf der Krim einmarschiert und ihre Zahl ist groß.”

Referendum bereits Ende März

Die Krim-Regierung hatte Russland um Schutz vor gewaltbereiten ukrainischen Nationalisten und Extremisten angerufen. In mehreren russisch geprägten Städten der Schwarzmeer-Halbinsel gab es Proteste gegen die Regierung in Kiew. Der moskautreue Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow übernahm vorübergehend die Befehlsgewalt in der Region. Zugleich wurde ein Referendum über die Zukunft der Autonomen Republik um zwei Monate auf den 30. März vorgezogen. Es war zunächst für den 25. Mai geplant gewesen.

Wie ein russischer Militäreinsatz auf der Krim aussehen könnte, war zunächst unklar. Laut Präsidentensprecher Peskow kann Putin über die Größe des etwaigen Kontingents entscheiden. Russland hat in der Krim-Stadt Sewastopol seine Schwarzmeerflotte stationiert. Die Erlaubnis einer Intervention könnte sich auf dieses Kontingent beziehen.

Donezk distanziert sich von Kiew

Unter dem Druck pro-russischer Aktivistgen erklärte sich unterdessen der Stadtrat der ostukrainischen Stadt Donezk am Samstag einstimmig zur “einzigen legitimen Autorität” in der Stadt. Donezk ist das Zentrum des Kohlereviers Donbass und einer der wichtigen Industriestandorte der Ukraine sowie Hauptstadt der gleichnamigen Oblast Donezk mit einem großen russischsprachigen Bevölkerungsanteil.

(APA/red)

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