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Prozess um in Penzing erstickte Ehefrau: "Ich wollte, dass sie zum Reden aufhört"

Der wegen Mordes angeklagte Steirer (R) und Anwältin Astrid Wagner beim Mordprozess in Wien
Der wegen Mordes angeklagte Steirer (R) und Anwältin Astrid Wagner beim Mordprozess in Wien ©APA/HERBERT NEUBAUER
Weil er seine um 18 Jahre jüngere Ehefrau mit einem Kopfpolster erstickt haben soll, hat sich ein 41 Jahre alter Steirer am Dienstag im Wiener Landesgericht verantworten müssen. Der 41-Jährige bestritt vor einem Wiener Geschworenengericht seine Tötungsabsicht.
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Laut Anklage soll er die 23-Jährige am 18. Dezember 2015 in der ehelichen Wohnung in Wien-Penzing mit einem Kopfpolster erstickt haben. Die beiden Töchter des Paares – damals eineinhalb Jahre und sechs Monate alt – befanden sich zu diesem Zeitpunkt im selben Zimmer.

Tischler bestritt Tötungsabsicht

Der gelernte Tischler bestritt vor den Geschworenen (Vorsitz: Sonja Weis) die Tötungsabsicht. Er habe im Zuge eines Streits die 23-Jährige aufs Bett gestoßen, wo diese rücklings zu liegen kam. Sie habe auf ihn eingeschrien: “Ich wollte, dass sie zum Reden aufhört.” Deswegen habe er sich auf sie gesetzt, sich mit seinem rechten Unterarm auf ihrer Brust abgestützt und ihr mit der linken Hand den Mund zugehalten. Zunächst habe sich die Frau gewehrt: “Dann hat sie aufgehört.” Er habe zwar bemerkt, dass sie nicht mehr bei Bewusstsein war, sie aber nicht für tot gehalten, behauptete der Angeklagte.

“I hob mei Oide dawirgt”: Keine Herzmassage

Allerdings hatte der Mann unmittelbar nach der handfesten Auseinandersetzung einen alten Bekannten in der Steiermark angerufen, wie die Auswertung einer Rufdaten-Rückerfassung gab. Diesem erklärte er unverblümt: “I hob mei Oide dawirgt.” Die Rettung verständigte der 41-Jährige demgegenüber erst mehr als 40 Minuten nach dem Angriff. Seiner Frau gehe es nicht gut, gab er bekannt. Als ihn der Mitarbeiter der Notrufstelle anwies, bis zum Eintreffen der Einsatzkräfte eine Herzmassage durchzuführen, ließ der Mann das bleiben. “Weil ich mich nicht getraut habe”, wie er dem Schwurgericht erläuterte.

“Ein Grobian – aber er wollte sie nicht töten”

Als die Polizei am Tatort ankam, begab sich der 41-Jährige auf den Dachboden des Wohnhauses, wo er sich dann widerstandslos festnehmen ließ. In seiner ersten Einvernahme legte er dar, er habe das “Keppeln” seiner Frau unterbinden wollen. “Verzeihen Sie den Ausdruck. Als Weststeirer drückt man sich manchmal nicht so elegant aus”, entschuldigte seine Verteidigerin Astrid Wagner diese Diktion. Die Anwältin versicherte den Geschworenen, ihr Mandant habe der Frau “bloß mit der Hand den Mund zugehalten”. Die Nasenöffnungen hätte er ihr dabei nicht verschlossen. Wagner hielt es für denkbar, dass die 23-Jährige an einer Atemwegserkrankung oder einer dauernden Nasenscheidewandverkrümmung litt und dadurch ein lagebedingter Erstickungstod eintrat, wie sie ausführte.

“Das ist nicht schön, was er da gemacht hat”, räumte die Verteidigerin an. Es liege jedoch kein Mord, sondern eine grob fahrlässige Tötung, allenfalls ein Totschlag vor. “Ich glaube, dass er ein Grobian war. Aber er wollte sie nicht töten.”

Angeklagter: “Einen Freund hat sie gehabt”

Der angeklagte Steirer behauptete in seiner Beschuldigteneinvernahme, seine Ehefrau wäre ihm nicht treu gewesen: “Sie ist alleine fortgegangen. Einen Freund hat sie gehabt. Sie hat ihn mir auf Facebook gezeigt.” Verteidigerin Astrid Wagner meinte, Eifersucht sei für ihren Mandanten “sicher ein Thema” gewesen. Der 41-Jährige sei “ein fleißiger Steirer”, der bei Frauen “weniger Glück” hatte, erzählte Wagner. Eine erste, auf der Dominikanischen Republik geschlossene Ehe scheiterte nach drei Wochen. Die zweite ging in die Brüche, nachdem der Mann handgreiflich und übergriffig wurde. Nach Schlägen und einer Vergewaltigung, für die der gelernte Tischler auch vor Gericht gestanden ist, ließ sich Ehefrau Nummer zwei scheiden.

Eheleben mit jüngerer Frau scheiterte

Auf einer Baustelle, bei der er beschäftigt war, zeigte eines Tages eine Putzfrau dem Steirer das Foto ihrer Enkelin. Diese sei auf der Suche nach einem Mann, gab die Raumpflegerin ihm zu verstehen. Der Mann bekundete Interesse an der um 18 Jahre jüngeren, attraktiven Serbin, die darauf hin nach Wien kam. Binnen kürzester Zeit wurde geheiratet. “Die Liebe hat gesiegt”, bilanzierte die Verteidigerin in Groschenroman-Diktion.

Nach der Geburt der zweiten Tochter dürfte sich die Liebe aber zusehends verflüchtigt haben. Das Eheleben verschlechterte sich. Einerseits hatte der Mann einen Schuldenberg von über 100.000 Euro angehäuft, andererseits tauchte sie angeblich gerne und ohne ihre “bessere Hälfte” ins Nachtleben ein. “Sie hat die Eifersucht entfacht. Eine fesche, junge Frau, die nachts ausgeht, aufreizend angezogen, und der alte Dodl sitzt daheim und passt auf die Kinder auf”, gab Verteidigerin Wagner zu bedenken. Die Scheidung sei im Raum gestanden, aber nicht vollzogen worden – laut Wagner deshalb nicht, weil die Ehefrau in diesem Fall fremdenpolizeiliche Konsequenzen befürchtete.

Verdächtigungen um Betrug

In der Nacht vor ihrem Ableben war die 23-Jährige auch ohne ihren Ehemann unterwegs. “Um acht am Abend hab’ ich schon gemerkt, wie sie sich kultivieren geht”, berichtete dieser den Geschworenen. Ohne Zweifel habe sie einen anderen Mann gehabt: “Der Körpergeruch war anders, sie hat sich anders gegeben.” Nach ihrer Rückkehr sei es am Morgen zu einem Streit gekommen, sie habe “herumgeschimpft”. Da habe er sie aufs Bett gestoßen und ihr den Mund zugehalten.

(apa/red)

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