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Prozess um Erpressung: Rakhat Aliyev hatte in Wiener Justizanstalt Angst

Der frühere kasachische Botschafter in Österreich Rakhat Aliyev wurde in der JA Josefstadt tot gefunden
Der frühere kasachische Botschafter in Österreich Rakhat Aliyev wurde in der JA Josefstadt tot gefunden ©APA/HBF/DRAGAN TATIC / APA
Dienstagfrüh wurde Rakhat Aliyev erhängt in seiner Zelle aufgefunden. Im Prozess um seine angebliche Erpressung ist wenige Stunden später zur Sprache gekommen, dass der ehemalige kasachische Botschafter in Wien in der Justizanstalt (JA) Josefstadt Angst gehabt haben dürfte.
Steckt hinter Suizid Mord?
Selbstmord in der Zelle
U-Haft für Anwalt gefordert
Aliyev wurde verhaftet
Anklage wegen Doppelmord
Botschafter in JA erpresst

Das gab ein Polizist als Zeuge zu Protokoll, der die von Aliyev angezeigte Erpressung untersucht hatte.

Polizist: Alieyev in Furcht

“Er war in Furcht und Unruhe und hatte die Befürchtung, dass die Drohungen wahr gemacht werden”, sagte der Chefinspektor im Wiener Straflandesgericht, wo sich zwei Männer verantworten mussten, mit denen sich Aliyev nach seiner Inhaftierung zunächst die Zelle geteilt hatte.

Der 52-Jährige, der hinter der Entführung und Ermordung zweier kasachischer Banker stecken soll und der sich deswegen nach Ostern wegen Doppelmordes vor einem Wiener Schwurgericht zu verantworten gehabt hätte, kam am 6. Juni 2014 ins Gefängnis. Seine Mithäftlinge – ein schwer vorbestrafter 41-Jähriger und ein 20-jähriger Bursche – sollen Aliyev ab dem 7. Juni psychisch unter Druck gesetzt und von diesem 3.000 Euro verlangt haben.

Mithäftlinge bedrohten Ex-Botschafter

Was Aliyev der Anklageschrift zufolge konkret angedroht worden sein soll, ist im Lichte der jüngsten Ereignisse kaum zu fassen. Die Mithäftlinge sollen Aliyev erklärt haben, in der Justizanstalt gebe es “viele verrückte Leute”. Wenn er, Aliyev, überleben wolle, müsse er bezahlen, ansonsten könne ihn jemand während des Waschens im Duschraum umbringen und dies wie einen Selbstmord aussehen lassen.

Erhängt in Einzelzelle gefunden

Laut Vollzugsdirektion wurde Aliyev im Nassraum seiner Einzelzelle am Dienstag um 7. 20 Uhr erhängt aufgefunden. Er hätte im Verfahren gegen seine angeblichen Erpresser als Zeuge aussagen sollen. Die beiden sollen ihn derart eingeschüchtert haben, dass Aliyev dem Älteren über seinen Anwalt 1.000 Euro zukommen ließ. Der Jüngere soll Aliyev Schläge angedroht haben, um in den Besitz eines T-Shirts und einer Telefonwertkarte des 52-Jährigen zu gelangen.

Motiv für fälschliche Belastung

Die Angeklagten stellten die Vorwürfe entschieden in Abrede. Er wäre aufgrund einer sprachlichen Barriere gar nicht in der Lage gewesen, Aliyev einzuschüchtern, meinte der 41-Jährige. Aliyev habe kaum Deutsch, er nicht Englisch gesprochen: “Ich hätt’ ihn nicht bedrohen können, ich hätt’ nicht mit ihm reden können.” Wie Verteidiger Nikolaus Rast bemerkte, hätte Aliyev ein Motiv gehabt, die Männer fälschlicherweise zu belasten. Unter Verweis auf die angeblich erlittene Erpressung habe Aliyev um seine Verlegung in eine Einzelzelle angesucht und dies in weiterer Folge auch genehmigt bekommen.

Die Verhandlung wurde auf unbestimmte Zeit vertagt.

Aliyev- Tod: Eindeutig ein Selbstmord?

Für die Vollzugsdirektion Josefstadt handelte es sich bei dem Tod Aliyevs “eindeutig” um Selbstmord. Aliyevs Verteidiger äußerten jedoch Zweifel an einem Suizid des 52-Jährigen. Die Staatsanwaltschaft ordnete Obduktion des Leichnams an.

Aliyev war der ehemalige Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, bei dem er wegen eines angeblichen Putschversuches in Ungnade fiel. In dem Fall um die zwei ermordeten Banker wurde Aliyev (zwischenzeitlich: Shoraz) 2008 in Kasachstan in Abwesenheit bereits zu 20 Jahren Haft verurteilt. Ein Militärgericht verhängte zudem gegen ihn und den ehemaligen Chef des kasachischen Geheimdienstes, Alnur Mussayev, wegen Planung eines Staatsstreichs ebenfalls eine Strafe von 20 Jahren.

Keine Auslieferung nach Kasachstan

Eine Auslieferung nach Kasachstan wurde wegen der dortigen Menschenrechtslage abgelehnt. In Österreich ermittelt die Justiz seit 2011 in dem Fall, nachdem auf dem Gelände der ehemaligen Firma Aliyevs in Kasachstan die Leichen der beiden verschwundenen Nurbank-Manager gefunden wurden. Seiner Verhaftung in Österreich entging Alijew zeitweilig durch Flucht nach Malta, erst im Juni vergangenen Jahres stellte er sich. Ende Dezember wurde gegen Aliyev Anklage wegen Doppelmordes erhoben.

Prozess wird “wie geplant” stattfinden

Ungeachtet des Ablebens von Rakhat Aliyev wird vermutlich nach Ostern der Prozess um die Entführung und Ermordung zweier kasachischer Bankmanager im Straflandesgericht über die Bühne gehen. Nach dem Tod des ehemaligen kasachischen Botschafters in Wien wird jedoch die zentrale und zugleich schillerndste Figur in den von der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien umfassten Vorgängen fehlen.

Angeklagte neben Aliyev

Neben Aliyev wurden der ehemalige kasachische Geheimdienstchef Alnur Mussayev sowie einfrüherer Leibwächter Aliyevs zur Anklage gebracht. Sie sollen in die Verschleppung der Banker verwickelt gewesen sein, Mussayev soll auch den Ort gekannt haben, wo ihre sterblichen Überreste beseitigt wurden.

Die Verhandlung gegen die Mitangeklagten werde “wie geplant” stattfinden, meinte Gerichtssprecherin Christina Salzborn am Dienstagnachmittag. Konkreten Termin gibt es dafür noch keinen. Mussayevs Verteidiger Martin Mahrer hat die Anklage beeinsprucht, ob diesem Einspruch stattgegeben wird, prüft derzeit das Wiener Oberlandesgericht (OLG).

(apa/red)

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