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Prozess um Bluttat in Wiener Druckerei

Am Dienstag startet der Prozess um eine Bluttat in einer Wiener Druckerei.
Am Dienstag startet der Prozess um eine Bluttat in einer Wiener Druckerei. ©APA (Sujet)
Ein 35-jähriger Mann wird sich nächste Woche vor einem Schwurgericht wegen eines Tötungsdelikts in einer Wiener Druckerei in Wien-Simmering verantworten müssen, das sich aus einem fehlgeschlagenen Geldgeschäft ergab.

Dem Iraner wird vorgeworfen, bei einer Überweisung für einen Landsmann, 7.000 Euro unterschlagen zu haben. Der 35-Jährige war hoch verschuldet. Als sein Landsmann das Geld zurückverlangte, soll er am 7. Mai auf ihn geschossen haben. Der Iraner überlebte den Brustdurchschuss nicht.

Prozess um Bluttat in Wiener Druckerei am Dienstag

Der Angeklagte betrieb in Simmering eine Druckerei und eine Werbefirma. Im Herbst 2022 wuchsen ihm die Schulden über den Kopf. Obwohl sein Einkommen maximal 3.000 Euro betrug, gönnte er sich eine Wohnung mit einer Miete in der Höhe von 1.200 Euro, für die Geschäftsmiete musste er 1.100 Euro bezahlen. Darüber hinaus leaste er auch noch einen Audi Q5, dessen Leasingrate und die Versicherung eine monatliche Rate von 900 Euro umfasste. In Spielcasinos verzockte er dann auch noch mehrere tausend Euro, obwohl er sich bereits vor fünf Jahren dort wegen seiner Spielfreudigkeit selbst sperren ließ. Am Ende borgte er sich immer wieder bei Bekannten Geld aus oder kassierte von seinen Kunden Geld, obwohl er trotz Bezahlung keine Leistung erbrachte.

Ehepaar wollte mithilfe des 35-Jährigen Geld in den Iran überweisen

Im Mai lernte er über einen Telegram-Kanal das spätere Opfer (38) und seine Frau kennen. Das Ehepaar stammte auch aus dem Iran, lebte in Kärnten und wollte mithilfe des 35-Jährigen Geld in ihre Heimat überweisen. Aufgrund des weltweiten Embargos gegen den Iran sind Auslandsüberweisungen auf offiziellem Weg nicht möglich. Es ist daher üblich, Geldgeschäfte über das sogenannte Hawala-System abzuwickeln. Hawala heißt auf Arabisch so viel wie Wechseln oder Überweisen. Das System basiert auf Vertrauen. Dabei geht es nicht um das direkte Transferieren von physischem Geld, sondern um das Übertragen einer Schuld.

Angeklagter nahm Geld in Höhe von 33.000 Euro vom Ehepaar

So hätte der Angeklagte einen Betrag in der Höhe von 33.000 Euro von dem Ehepaar angenommen, der für den Bruder des Opfers im Iran gedacht war. Dazu hätte der Vater des 35-Jährigen im Iran diesen Betrag an den Bruder weiterleiten müssen. Für das Geldgeschäft wurde zunächst ein Treffen am 6. Mai in der Druckerei des Beschuldigten vereinbart. Da diese "Überweisung" im Iran nicht bestätigt wurde, wurde für den nächsten Tag ein neuerliches Treffen vereinbart.

Geldgeschäft dürfte wieder nicht geklappt haben

Am 7. Mai hätte die Schwester des Beschuldigten nun das Geldgeschäft finalisieren sollen, zumindest gab das der 35-Jährige gegenüber dem Ehepaar an. Während die Männer mit den jeweiligen Verwandten in ihrer Heimat telefonierten, überreichte die Ehefrau des Opfers dem Beschuldigten die 33.000 Euro, die er in einer Lade verstaute. Doch wieder dürfte das Geldgeschäft nicht geklappt haben oder der 35-Jährige täuschte dieses nur vor. Zumindest wollte der 38-Jährige sein Geld zurück. Doch plötzlich waren nur noch 26.000 Euro in der Lade. Der Beschuldigte dürfte in der Zwischenzeit an der Hintertür mit den 7.000 Euro seine Schulden bezahlt haben.

Streit zwischen Ehemann und 35-Jährigem

Es kam zum Streit zwischen dem 38-jährigen Ehemann und dem 35-jährigen Druckereibetreiber. Laut Anklage soll der Jüngere zu einer Waffe gegriffen und dem Kontrahenten in die Brust geschossen haben. Dieser ging trotz seiner schweren Verletzungen noch auf den Beschuldigten los und es kam zu einem Gerangel. Der 38-Jährige schrie um Hilfe, da ergriff seine Frau eine Visitenkartenstanze und schlug sie dem 35-Jährigen auf den Kopf. Als das Schussopfer zusammensackte, trat der Jüngere durch die Hintertür die Flucht an. Die Ehefrau rannte auf die Straße und schrie um Hilfe. Mithilfe der Lebensgefährtin des 35-Jährigen erfolgte recht bald die Festnahme.

38-Jähriger soll 35-Jährigen mit Pistole bedroht haben

In seiner Einvernahme gab der 35-Jährige an, dass der andere Mann ihn zuvor mit der Schusswaffe der Marke Walther bedroht hätte und er nur in Notwehr gehandelt habe. Das wurde jedoch vom Gutachter für Schusswaffen widerlegt. Zwar kann nicht klar gesagt werden, wer den Abzug der Pistole betätigt hatte. Aber an der Kleidung des Toten wurden keine Schmauchspuren gefunden, wie es bei einer Kontaminierung durch das Tragen üblich ist. Somit konnte der Mann die Waffe nicht eingesteckt und zu dem Treffen mitgebracht haben. Der Beschuldigte - vertreten von den Kanzleien Astrid Wagner sowie Sommerbauer & Dohr - hatte jedoch Schmauchspuren in den Taschen seines Sakkos.

Produktionsnummer und Beschusszeichen der Pistole ausgebohrt

Zudem waren die Produktionsnummern und die Beschusszeichen an der Pistole ausgebohrt, jedoch konnte die Waffe einem Fall von Sachbeschädigung in Simmering zugeordnet werden. Das Ehepaar lebte jedoch in Kärnten. Auch eine mögliche Behauptung, dass sich ein Schuss gelöst hätte, konnte durch den Sachverständigen widerlegt werden. Weder ein Schlagen gegen die geladene Pistole, heftiges Schütteln oder ein Fallen-Lassen hätten einen Schuss ausgelöst. Zudem belasten die Chats über den Telegram-Kanal den Angeklagten. Er meinte in einer ersten Aussage, das Geld würde ihm gehören und er hätte den Betrag über das Ehepaar in den Iran überweisen wollen.

Der Prozess ist für zwei Tage anberaumt. Aufgrund der Fülle an Zeugen - 15 Personen sollen gehört werden - wird die Verhandlung dann am 12. Dezember fortgesetzt.

(APA/Red)

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