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Prohaska: "Real Madrid ist wie bei uns Schönbrunn"

Herbert Prohaska: "Die Italiener kommen da nicht mehr mit"
Herbert Prohaska: "Die Italiener kommen da nicht mehr mit" ©APA
Österreichs Fußballer des Jahrhunderts freut sich auf das neue Dream-Team von Real Madrid und glaubt, dass sich die Mega-Transfers rechnen. In Österreich befürchtet Prohaska die Einführung der 16er-Liga in der zweiten Leistungsstufe und analysiert die Fußball-Politik von Dietrich Mateschitz und Frank Stronach.

APA: Herr Prohaska, die ganze Welt redet von der schwierigen wirtschaftlichen Situation und im Fußball werden bei internationalen Transfers die Dimensionen gesprengt. Wie kann man das erklären?
Prohaska: “Wenn man nur die Transfers hernimmt, dann ist es wirtschaftlich vertretbar. Egal wie viel sie kosten, dieses Geld kommt zu einem Vielfachen wieder zurück. Weil die Spieler meist zumindest 50 Prozent ihrer Werberechte abtreten, es gibt unter anderem auch den Merchandisingverkauf mit Trikotverkauf. Das Negative ist, dass diese Preise auch alle anderen Transfers in die Höhe treiben. Für Ibrahimovic verlangt Inter schon 90 Millionen. Es werden dann Spieler, die vielleicht einen Marktwert von 15 oder 20 Millionen haben, nur mehr um 40 oder 50 zu haben sein. Das wird eine Preistreiberei, die von verschiedenen Clubs nicht mehr zu bezahlen ist.”

APA: Real Madrid will insgesamt 200 oder 300 Millionen investieren – auch da ist die Rechnung für den Verein noch positiv?
Prohaska: “Wenn sie solche Spieler wie Kaka und Cristiano Ronaldo kaufen schon. Aber Real war vor einigen Jahren hoch verschuldet, hat das Glück, dass sie das Aushängeschild des spanischen Fußballs sind und da geht die Stadt halt einmal her und kauft ihnen das Trainingszentrum ab. Das Zentrum ist beispielsweise – die genauen Zahlen kenne ich nicht – 200 Millionen Wert und die Stadt sagt, wir geben euch 400. Damit ist Real wieder schuldenfrei und baut sich ums restliche Geld wieder ein Trainingscamp und in ein paar Jahren wird das Spiel wieder gespielt. Bei Real gibt es keinen Konkurs, weil das Land und die Stadt dahinter sind. Real Madrid, das ist wie bei uns Schönbrunn, die Oper, die Lipizzaner. Ich sage jetzt ein Beispiel, von gar keinem großen internationalen Spieler. AS Roma hat vor einigen Jahren den Japaner Nakata gekauft. Sie haben innerhalb von vier Monaten 1,2 Millionen Roma-Trikots mit dem Namenszug Nakata in Japan verkauft, und so ein Trikot kostet um die 100, 120 Euro. Also jetzt kann man sich einmal vorstellen, was jetzt vom Cristiano Ronaldo gekauft wird.”

APA: Also muss man Real-Präsident Perez dankbar sein, dass er “Die Galaktischen zwei” macht?
Prohaska: “Es ist ja trotzdem schön für einen Fußball-Fan, wenn ich die sehe. Ich freue mich auf Real Madrid mit Kaka und Ronaldo und wahrscheinlich werden noch Zwei kommen. Aber moralisch ist das schon eine schwierige Sache. Natürlich kann kein Mensch so viel Geld wert sein.”

APA: Milan will die Gehälter um 30 Prozent kürzen, ist das auch für solche Clubs ruinös?
Prohaska: “Ich habe das von Milan auch gelesen und das amüsiert mich sehr, weil ich wüsste nicht wie sie das anstellen sollen. Weil es wird sich kein Profi bei Milan in einem laufenden Vertrag 30 Prozent seiner Gage wegnehmen lassen. Nach außen hin klingt das gut, wird aber so nicht stattfinden. Vielleicht fragen sie die Spieler, dann müssten sie ihnen aber sehr genau erklären, dass sie große Schwierigkeiten haben. Und das wird Besitzer Berlusconi nicht zugeben. Maldini, der nach 24 Jahren bei Milan aufgehört hat, hat gesagt, es ist noch nie vorgekommen, dass Milan einen der besten Spieler verkauft. Das ist das erste Signal, die Italiener kommen da nicht mehr mit.”

APA: Und England?
Prohaska: “In England gibt es die höchsten Fernsehgelder, deshalb verdient man auch derzeit und in den letzten Jahren in England am meisten. Viele Spieler wollen nach Spanien, weil in den ersten vier Jahren müssen Ausländer nur 25 Prozent Steuer bezahlen. Wobei es dem Spieler wurscht ist, weil die Steuer müssen die Vereine bezahlen, weil die Spieler machen nur Netto-Verträge.”

APA: In Österreich sind mit Dietrich Mateschitz bei Salzburg und Frank Stronach bei Wiener Neustadt zwei Milliardäre im Fußball engagiert. Und trotzdem macht es den Eindruck, dass heuer ein bisschen aufs Geld geschaut wird. Ist das eine Momentaufnahme oder hat ein Umdenken stattgefunden?
Prohaska: “Zum einen muss man sagen, dass die Transferzeit erst begonnen hat und da kann noch einiges kommen. Bei Stronach war es klar, dass es mit Wiener Neustadt was Kleineres wird als bei der Austria. In Salzburg ist es anders. Salzburg wird jetzt wieder fünf, sechs neue Spieler holen. Das Problem ist, Salzburg möchte gerne, wie es eben der Didi Mateschitz gewöhnt ist, auf internationaler Ebene eine Rolle spielen, weil es für Red Bull wichtig ist. Aber es gibt jedes Jahr einen Trainerwechsel und eine Fluktuation an Spielern. Wir haben in Österreich eine nur zweiwöchige Sommerpause, und in wenigen Wochen fängt schon wieder die Champions League an. Und wenn du jedes Mal einen anderen Trainer hast und die halbe Mannschaft neu ist und du musst in wenigen Wochen schon wieder die wichtigsten Spiele der Saison spielen, dann ist das kein guter Weg, dann braucht man wirklich das Glück, das man reinrutscht. Aber wirklich was aufbauen in der kurzen Zeit kann der beste Trainer nicht.”

APA: Also Sie hätten nicht den Trainer gewechselt?
Prohaska: “Ich glaube, dass beide (Adriaanse und Stevens, Anm.) sehr gute Trainer sind. Aber das Problem ist, und deswegen mag ich auch nicht mehr Trainer sein: Ich sehe immer ein, dass du als Trainer gehen musst, wenn du keinen Erfolg hast. Aber wenn du souverän Meister wirst, die Mannschaft die meisten Tore schießt und einen offensiven Fußball spielt, und nur weil du vielleicht sagst, ich geh nicht zur Pressekonferenz, deshalb musst du gehen, dann bin ich froh, dass ich nicht mehr Trainer bin, weil das versteh ich nicht mehr.”

APA: Sie waren das letzte Mal 2000 Trainer bei der Austria, das war die Zeit, als Stronach bei der Austria seine Träume zu verwirklichen versucht hat. Regelmäßig Champions League spielen war das mindeste. Jetzt ist er bei Wiener Neustadt, er spricht jetzt von Mittelfeld-Platz. Wie passt das zusammen?
Prohaska: “Ich glaube, wenn er auf einige Leute wirklich gehört hätte, dann hätte er bei der Austria schon Vieles bewegen können. Niemand in Österreich wird es schaffen, kontinuierlich in der Champions League eine Rolle zu spielen. Da müsste in Salzburg Mateschitz bei der Formel 1 aufhören und das ganze Geld in den Fußball investieren.”

APA: Stronach hat jetzt wieder einen Berater getauscht, Peter Svetits ist gegangen. Setzt er möglicherweise wieder auf die falschen Leute?
Prohaska: “Er hat jetzt den wichtigsten Mann für sportliche Fragen verloren. Ich glaube, der Ernst Neumann, den ich von früher kenne, der eigentlich bei den Trabern in der Krieau zu Hause war, wird das nicht schaffen. Jetzt hängt wieder alles vom Trainer ab. Ich weiß, dass Stronach, weil der eigentlich von gar keinem Trainer etwas hält, von Helmut Kraft nichts hält. Neustadt hat sicher eine Mannschaft, die locker im Mittelfeld mitspielen kann. Aber ich glaube, wenn der Start schlecht ist, dann wird es einen blitzartigen Trainerwechsel geben.”

APA: So wie die Kader und die Transferpläne derzeit ausschauen – was erwarten Sie für den Titelkampf?
Prohaska: “Salzburg startet wieder als Favorit, weil die dieses Budget zur Verfügung haben, mit dem sie sich einen Kader mit 25, 26 gleichwertigen Spielern leisten können. Das können sich die anderen nicht leisten. Ich glaube die Austria, die besser sein wird, und Rapid, wenn sie in dieser Zusammensetzung bleiben und niemanden verlieren, werden die Herausforderer bleiben. Bei Sturm wird es viele Spiele geben, in denen sie einen schönen Fußball spielen, aber ich glaube, da reicht der Kader nicht aus, um längerfristige Ausfälle zu ersetzen.”

APA: Am Donnerstag fällt die Entscheidung, wie es mit der Ersten Liga weitergeht. 10er- und 16er-Liga, wie sehen sie das?
Prohaska: “Ich plädiere immer für die 10. Wo der ÖFB jetzt hingeht war genau der Punkt, warum wir seinerzeit diese zweite Liga ganz neu umgekrempelt haben. Es hat die 16er-Liga gegeben und es war eine tote Liga, die niemanden mehr interessiert hat. Dann hat es den Schnitt gegeben, und die Liga ist gewachsen. In Wahrheit denken die Clubs alle an sich selber, nie an den österreichischen Fußball. Sondern stimmen so ab: Der, der keine Probleme mit dem Abstieg hat und eher an den Aufstieg denkt, der ist für 10, und der, der Angst hat er könnte absteigen, ist für 16. Es stimmt natürlich, bei 16 gibt es mehr Arbeitsplätze für die Jungen, aber wenn das Niveau immer schwächer wird, spielen dort auch wieder sechs bis acht Mannschaften um den Abstieg, die dann auch wieder nicht die Jungen spielen lassen.”

APA: Man will ja auf Halbprofis umstellen.
Prohaska: “Wir wollen den Fußball besser machen, gehen aber vom Profi-Fußball auf Halb-Amateure zurück, da kann er ja nicht besser werden. Jetzt bin ich ein Spieler, da kommt der Präsident und sagt, nächstes Jahr bekommst du nur mehr die Hälfte und musst dir eine Arbeit suchen und arbeiten gehen. Der Spieler wird sagen, ich suche mir keine Arbeit, ich suche mir einen anderen Verein.”

APA: Was glauben Sie, welche Liga kommt?
Prohaska: “Ich fürchte, dass die 16er-Liga kommt. Das Problem ist, dass bei dieser Sitzung tipp3- und Adeg-Liga abstimmen. Jetzt gibt es wieder den Zwiespalt, z.B. die Austria ist absolut für eine 10er-Liga, da aber bei der 16er-Liga die Amateure mitspielen dürfen, muss die Austria für die 16er-Liga stimmen. Nach Ablauf dieser Saison laufen auch die Fernsehverträge ab. Premiere interessiert es überhaupt nicht, eine 16er-Liga zu übertragen. Vielleicht steigen manche Sponsoren aus, und sie müssen das Geld dann nicht mehr auf 10 sondern auf 16 Vereine aufteilen. Das heißt wirtschaftlich wird die Liga schlechter.”

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