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Prof. Claus Gatterer-Preis 2010 vergeben

Riezlern - Die Forderung an die österreichischen und Südtiroler Journalisten sich gegen den "Zeitgeist-Journalismus" zu stellen und für den "unvoreingenommenen Haltungsjournalismus" einzutreten war die wichtigste Aussage bei der heurigen Verleihung des Prof. Claus Gatterer- Preises im Casino Kleinwalsertal in Riezlern.

Der Preis wird seit 1984 vom Österreichischen Journalisten Club (ÖJC) vergeben. Die Finanzierung erfolgt gemeinsam mit dem Land Südtirol und dem Renner-Preis-Kuratorium. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.

Quotenjagd, Versuche von politischer Einflussnahme auf die Berichterstattung und verschärfte juristische Rahmenbedingungen für die Journalisten machen in Österreich einen modernen, demokratischen Journalismus kaum mehr möglich.

ÖJC-Präsident Fred Turnheim rief in seiner Laudatio alle Journalisten auf “unbequeme” Journalisten zu sein, so wie es der Namensgeber des Preises, Claus Gatterer Zeit seines Lebens war.

Der Gatterer-Preis wurde heuer an zwei unbequeme Journalisten verliehen. Der “Prof. Claus Gatterer-Preis 2010” geht an die profil-Journalistin Edith Meinhart. Sie verkörpert einen ganz neuen Stil im Journalismus, den der Geschichtenerzählerin. Sie erreicht mit ihren einprägsamen Reportagen über “kleine” Menschen, daß die “Großen” zum nachdenken kommen. Meinhart wurde 1965 in Wels geboren, studierte in Wien Germanistik und Publizistik. Begonnen hat sie ihre journalistische Karriere im “New Business”, seit 1998 ist sie Redakteurin im profil.

Meinhart hat mit besonderer journalistischer Akribie den Fall der Arigona Zogaj über Jahre verfolgt und so zu einem neuen Bewusstsein in großen Teilen der Bevölkerung über Migrationsprobleme beigetragen. Doch praktisch gebracht – und das zeigt auch die Grenzen des Journalismus auf – hat diese intensive Form eines Haltungsjournalismus – wenig.

“Frau Meinhart steht für ein neues WIR-Gefühl im Journalismus und spricht sich gegen die ICH-AG – Lüge aus, die in unserer Gesellschaft aber auch im Journalismus noch stark verbreitet ist. Deshalb zeichnen wir sie heute mit dem Prof. Claus Gatterer-Preis aus”, so begründet Juryvorsitzender Fred Turnheim die Entscheidung der Jury.

In ihren Dankesworten warnt Edith Meinhart: “In postdemokratischen Gesellschaften des 21. Jahrhunderts wird der politische Prozess zunehmend zu einem Elitenprozess. Wenige steuern und lenken, und nur wenige schauen Ihnen dabei auf die Finger. Zu einem neuen Wir gehört, dass es nicht der Politik überlassen wird, von oben herab zu verfügen, wer dazugehört.”

Die Ehrende Anerkennung geht heuer an den ORF-Journalisten Johannes Kaup, Radio Ö1. Er wurde 1965 in Magdeburg in der damaligen DDR geboren. Sein Vater war ein österreichischer Schauspieler, seine Mutter eine deutsche Sängerin. Er wächst in einer katholischen Diaspora auf, ein Erlebnis das ihn bis heute prägt. Mit vier Jahren kommt er nach Österreich, studiert Theologie und Psychologie in Wien und Psychotherapie in Zürich. Über die Kathpress und die Wiener Blätter kommt er zu Ö 1.

“Kaup hat Angst vor Autoritäten und zugleich Wut gegen Autoritäten. Er hat einen unbändigen Hass gegen totalitäre Systeme”, so würdigt Juryvorsitzender Turnheim den Preisträger.

Kaup:” Die vierte Macht im Staate ist ständig in Gefahr sich den Interessen der jeweils Mächtigen anzudienen, sei es die Politik, sei es die Wirtschaft oder sich selbst in Gestalt der ihr Schicksal bestimmenden Eigentümer. Auch wenn sie in hundert verschiedenen Kanälen senden und tausendfach buntes Papier bedrucken, – auch dann sind Medien und ihre Macher nicht gefeit davor, im Konzert von Kommerz, Unterhaltung und Quoten auch zu Totengräbern der Wahrheit zu werden.”

In Vertretung des Südtiroler Landeshauptmannes Luis Durnwalder, er musste dringend zu einem Termin nach Rom, sprach die Vizepräsidentin der Regionalregierung Trentino in Südtirol, Frau Dr. Martha Stocker: “Die Gesellschaft braucht einen engagierten Journalismus, weil sie-um funktionieren zu können- objektive Informationen braucht. Daher ist ein sozialengagierter Journalismus immer auch ein anwaltschaftlicher Journalismus”.

ÖJC-Präsident Fred Turnheim stellte mehrere Forderungen für einen unabhängigen Journalismus in Österreich auf. Dabei spricht er sich für einen parteipolitisch unabhängigen, öffentlich-rechtlichen ORF aus und forderte gleichzeitig die politischen Parteien auf, sich sofort aus dem Unternehmen zurückzuziehen. “Nur so kann ein öffentlich/rechtlicher Rundfunk in Österreich auch in Zukunft gesichert werden”, so der ÖJC-Präsident.

Turnheim weiters: “Wir fordern die Justiz- und Innenministerin auf, die Pressefreiheit in Österreich zu garantieren und nicht scheibchenweise zu demontieren. Der ÖJC lehnt jede Form der Vorratsdatenspeicherung für Journalisten ab. Die Vertreter von politischen Parteien werden aufgefordert, mit dem Versuch der kalkulierten Manipulation von Medienmachern durch die Politik aufzuhören”:

Die Bundespresseförderung gehört nach Ansicht des ÖJC reformiert. Sie soll künftig nur mehr an Medien ausgezahlt werden, die sich dem Qualitätsjournalismus, der Pluralität der politischen Meinungen, der Achtung der Menschenrechte und der Garantie von journalistischen Arbeitsplätzen verpflichten.

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