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Prügelvorwürfe gegen Wiens Polizei: Mehrere Verstöße denkbar

Im Fall jenes Schubhäftlings, der am Wochenende von Beamten des Polizei-Anhaltezentrums Hernals rassistisch beschimpft und geprügelt worden sein soll, zeichnen sich laut Anwalt Herbert Pochieser mehrere Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (MRK) ab.

Derzeit könne er die Vorwürfe von Henry O., jedoch nicht kommentieren oder bestätigen, da ihm der zugehörige Strafakt noch nicht vorliege, so der Rechtsvertreter des Nigerianers zur APA.

Neben der körperlichen Misshandlung seien Verstöße gegen das Recht auf Leben (Artikel 2 MRK) möglich. Der zuckerkranke 34-Jährige hat laut SOS Mitmensch seine Medikamente nicht bekommen und bei der Einlieferung in die Haft einen Zuckerschock erlitten. Dies sei unterlassene medizinische Hilfsleistung, erklärte der Anwalt. „Die Insulinverweigerung könnte sogar ein Angriff auf das Leben darstellen.“ Die medizinische Versorgung des Mannes werde auf jedenfalls Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein.

Keine klaren Aussagen gibt es zu den Prügelvorwürfen: Sein Mandant klage über körperliche Symptome, er habe jedoch gehört, dass von amtsärztlicher Seite nichts festgestellt worden sein soll, berichtete Pochieser. Um die Sachlage abzuklären, werde man nun versuchen, den Schubhäftling von einem weiteren Mediziner untersuchen zu lassen.

Die von Henry O. berichteten rassistischen Beschimpfungen würden einen Verstoß gegen Artikel 3 des MRK und die Richtlinien der Polizei darstellen. Die Isolationshaft oder Einzelhaft sei ebenfalls eine menschenunwürdige Behandlung. „Es wurde auch der Besuch der Partnerin verboten“, sagte Pochieser. Dies sei als Verstoß gegen das Recht auf Familienleben (Artikel 8) zu bewerten.

Laut Polizei wurden die Ermittlungsergebnisse gestern, Dienstag, der Staatsanwaltschaft übermittelt. Das Büro für Besondere Ermittlungen (BBE) habe seine Untersuchungen abgeschlossen, sagte Friedrich Kovar, Menschenrechtsbeauftragter der Wiener Polizei, zur APA. „Es gibt Behauptungen, die wurden überprüft. Wir haben Dokumentationen, auch im Sinn des Betroffenen.“ Die Amtshandlung wurde sehr transparent aufgearbeitet, der Menschenrechtsbeirat des Innenministeriums sei ebenfalls involviert.

Die körperlichen Übergriffe und Beschimpfungen sollen laut SOS Mitmensch vergangenen Samstag oder in der Nacht zuvor stattgefunden haben. Dabei sollen die Worte „Uns ist egal, wenn hier ein Neger stirbt“ gefallen sein. Dem Diabetiker wurde zuvor nach eigener Aussage ein vom Amtsarzt verschriebener Hofgang verweigert. Für die von den Vorwürfen betroffenen Beamten gibt es derzeit keine dienstrechtlichen Konsequenzen.

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