AA

Pressestimmen zu Türkei-Beitrittsverhandlungen

Die deutsche Presse zu Frankreichs jüngster Drohung, dass die für Anfang Oktober geplanten EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei verschoben werden könnten, wenn Ankara sich weiter weigert, das EU-Mitglied Zypern anzuerkennen.

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ):
„Auch Premierminister Dominique de Villepin hat sich offenkundig über das Ergebnis des Referendums über den Verfassungsvertrag gebeugt und den Erweiterungsverdruss der Franzosen entdeckt. Auf einmal findet er es nicht vorstellbar, dass Verhandlungen über eine Aufnahme der Türkei beginnen, solange Ankara sich weigert, Zypern – immerhin EU-Mitglied – anzuerkennen. Selbstverständlich ist das unvorstellbar – aber auch Paris hat im vergangenen Dezember seinen Segen gegeben, als es darum ging, einen Verhandlungstermin festzulegen. Schon damals war die absurde türkische Haltung bekannt und Zypern Mitglied der Union. Aber da glaubte man ja noch, der Verfassungsvertrag werde von einer Brise der Wählerzustimmung getragen. Das war ein großer Irrtum (…) Aber ob nun Zypern anerkannt wird oder nicht – es ist Grundlegendes, das einer EU-Mitgliedschaft der Türkei entgegensteht, nicht eine völkerrechtliche Absonderlichkeit.“

„Handelsblatt“ (Düsseldorf):
„Der Streit um die Anerkennung Zyperns durch die Türkei spitzt sich zu. Nach den jüngsten Äußerungen des französischen Premiers ist fraglich, ob die EU-Regierungen das Verhandlungsmandat, wie erforderlich, einstimmig erteilen (…) Bereits am 25. August sollen die EU-Botschafter aus der Sommerpause kommen, um über die Türkei-Gespräche zu beraten. Eine Woche später treffen sich die EU-Außenminister zu informellen Beratungen in Newport (England). Entscheidungen werden aber erst beim nächsten regulären Außenrat am 3. Oktober erwartet. Doch selbst dieser enge Zeitplan wackelt. Beobachter in Ankara rechnen damit, dass die türkische Regierung die noch ausstehende parlamentarische Ratifizierung des Zollabkommens hinauszögern könnte, bis das EU-Verhandlungsmandat erteilt ist.“

„FTD – Financial Times Deutschland“:
„Villepins Äußerungen sind Ausdruck eines wachsenden Unbehagens in Frankreich über die bevorstehenden Beitrittsgespräche. Die mögliche Aufnahme der Türkei in die Gemeinschaft war ein wichtiger Grund, weshalb eine Mehrheit der Franzosen Ende Mai beim Referendum gegen die EU-Verfassung stimmte. Das Gleiche gilt auch für das Nein der Niederländer wenige Tage später. Eine europaweite Umfrage im Auftrag der EU-Kommission hat seither gezeigt, dass auch in Deutschland, Österreich und Luxemburg große Mehrheiten gegen die Aufnahme sind. Einige EU-Regierungen hoffen darauf, dass eine unionsgeführte (deutsche) Bundesregierung die Gewichte in der EU zu Gunsten der Beitrittsgegner verschieben wird. (…) Tatsächlich haben die EU-Staaten die förmliche und explizite Anerkennung Zyperns durch die Türkei nie zur Bedingung für Aufnahmegespräche gemacht. Das Kalkül der EU war vielmehr, dass die Beitrittsverhandlungen ein Klima schaffen, das ein Ende des Zypern-Konflikts und eine Vereinigung der Insel im Rahmen des so genannten Annan-Plans der Vereinten Nationen ermöglicht.“

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Pressestimmen zu Türkei-Beitrittsverhandlungen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen