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Pressestimmen zu Toulouse-Attentaten

Zeitungen in Frankreich und Europa fragen sich, wie der französische Präsidentschaftswahlkampf nach den Anschlägen auf Soldaten und eine jüdische Schule in Toulouse weitergeht. Im Folgenden sind Ausschnitte aus Kommentaren zitiert:


“La Stampa” (Turin):

“Alles in allem hat Herausforderer Francois Hollande in diesem Klima der Belagerung in Frankreich nicht zum ersten Mal den Eindruck vermittelt, sich im Kielwasser des Gegners zu halten. Es ist die allgemeine Vorstellung, dass die Tragödie von Toulouse, wie alle Augenblicke kollektiver Emotion, demjenigen nutzt, der schon an der Macht ist und nicht jenem, der sie erringen will. Und dennoch nennt die jüngste Umfrage Hollande als Sieger gegen Staatschef Nicolas Sarkozy in der ersten Runde der Präsidentenwahl und als haushoch überlegen in dem entscheidenden zweiten Urnengang. Bisher gibt es im französischen Wahlkampf also keinen solchen ‘Toulouse-Effekt’.”

“NRC Handelsblad” (Amsterdam):

“Die Wahlkampagne steht nun unvermeidlich im Zeichen politischer Gewalt. Und damit wird die Frage aufgeworfen, in welchem gesellschaftlichen Klima Terror gedeihen kann. Laut Zentrumspolitiker Francois Bayrou ist die Verrohung von Wort und Tat der Nährboden von Gewalt. Er zielt damit auf Nicolas Sarkozy, der unlängst mit immer härteren Ansprachen versuchte, die Wähler der fremdenfeindlichen Front National an sich zu binden. Das geht zu weit. Denn Sarkozy kann, nach den Anschlägen von Toulouse, durch die Bürger nicht als einziger Garant gegen politische Gewalt umarmt werden. Eines ist sicher. Die Wahlen sind getrübt. Eine Unterminierung des demokratischen Klimas ist das Ziel eines jeden Terroristen, ungeachtet seines Motivs oder Hintergrunds.”

“Sud-Ouest” (Bordeaux):

“Sie wollen den Wahlkampf aussetzen, sagen sie. Aber der Wahlkampf ist wie die Natur, er rächt sich und gewinnt immer die Oberhand. Sollte man ihn im übrigen aussetzen, diesen Wahlkampf? (…) Wir können höchstens hoffen, dass er einen Monat vor der ersten Wahlrunde nun etwas weniger beißend wird. (…) Nach den verderblichen Taten von Toulouse und Montauban sollte dieser Wahlkampf nicht mehr der gleiche sein. Es wäre gut zu vermeiden, um jeden Preis eine politische Verantwortung für diese abscheulichen Verbrechen aufspüren zu wollen.”

“Dernieres Nouvelles d’Alsace” (Straßburg):

“Man sagt, einen Staatsmann erkenne man in der Bewährungsprobe. Und diese hier ist nicht ohne. (…) Wenn ein Kandidat zu emotional reagiert, wird er sofort beschuldigt, er wolle das Drama zu seinen Gunsten ausschlachten. Und wenn er zu kühl ist, gerät er in den Verdacht, das ganze Ausmaß der Situation nicht zu erfassen (…). Der Handlungsspielraum ist also für alle eng, die Übung gefährlich. So kurz vor dem Ziel kann der kleinste Ausrutscher zum Verhängnis werden.”

“Ouest-France” (Rennes):

“Auch wenn noch sechs Wochen bis zur zweiten Wahlrunde bleiben, so ist es doch wahrscheinlich – auf jeden Fall wäre es wünschenswert – dass das Drama von Toulouse diesen bisher sehr unerfreulichen Präsidentschaftswahlkampf verwandelt hat. Die von einigen Kandidaten beschlossene kurze Atempause war notwendig, um den Schock zu verkraften und die Trauer zu teilen. Sie darf aber nicht als Vorwand dienen, um den Grundsatzfragen auszuweichen. (…) Es gab Angriffe auf Symbole der Republik – die Armee und die Schule. Es handelt sich also um vorsätzliche Terrorakte. Und wenn ein Täter zum Töten gezielt Muslime und Juden aussucht (…) dann haben wir es ohne jeden Zweifel mit Rassismus zu tun.”

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