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Polizisten fast umgefahren: 20 Monate Haft für Wiener

Der 19-Jährige wollte seinen Probeführerschein nicht verlieren.
Der 19-Jährige wollte seinen Probeführerschein nicht verlieren. ©APA
Weil ein 19-Jährige letzten November beinahe zwei Polizisten umfuhr, musste er sich am Montag wegen versuchten Mordes vor Gericht verantworten. Er erhielt 20 Monate, fünf davon unbedingt.
Schüsse auf Fluchtauto

Weil er mit seinem Pkw auf zwei Polizisten losgefahren war, hat sich ein 19-Jähriger am Montag wegen versuchten Mordes am Landesgericht Wien verantworten müssen. Der Mann wurde im zentralen Punkt der Anklage einstimmig freigesprochen, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt fasste er 20 Monate Haft, davon fünf Monate unbedingt aus. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der bisher Unbescholtene war am 11. November 2020 in Wien-Penzing in ein Planquadrat geraten. Da er die Autoversicherung seit längerem nicht bezahlt hatte, waren ihm die Kfz-Kennzeichen abgenommen worden. Daraufhin hatte er sich die Nummerntafeln eines Leihwagens angeeignet und diese auf sein Fahrzeug montiert.

Verteidiger bestritt Tötungsabsicht

Er sei aus beruflichen Gründen auf sein Auto angewiesen gewesen, machte der Bursch vor einem Schwurgericht (Vorsitz: Andreas Hautz) geltend. Bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie war er in einem Promi-Lokal als Kellner tätig gewesen, seither verdingte er sich als Lieferant. Als er auf der Matznergasse Polizisten wahrnahm, die Verkehrsteilnehmer anhielten und Führerschein und Lenkerkontrollen durchführten, befürchtete er wegen des Kfz-Kennzeichens Schwierigkeiten, die er umgehen wollte. Er bog seitlich in die Hütteldorfer Straße ab, wo dann allerdings zwei Beamte vor ihm auf der Fahrbahn standen. Statt anzuhalten, fuhr er auf diese zu - laut Anklage in Tötungsabsicht, was der bisher Unbescholtene und sein Verteidiger Michael Dohr vehement bestritten.

Dohr bezeichnete die Mordanklage als "Willkür", in jüngster Vergangenheit habe sich die Staatsanwaltschaft Wien in vergleichbaren, aber weit gravierenderen Fällen stets mit einer Anklage wegen vorsätzlicher Gemeingefährdung bzw. versuchter Körperverletzung begnügt. Sein Mandant sei "ein Biable", das "in Panik" geraten sei, so der aus Kärnten stammende Anwalt unter Anspielung auf die schmächtige Statur des Angeklagten. "Er hat niemals daran gedacht, dass zwei Menschen zu Tode kommen könnten", versicherte Dohr.

19-Jähriger wollte flüchten

"Ich hab' das nur gemacht, weil ich flüchten wollte", betonte der 19-Jährige. Er habe auch nur den Probeführerschein besessen und "Angst bekommen, dass ich ihn verliere". Plötzlich habe er vor sich "zwei Gestalten" wahrgenommen, die jedoch "zur Seite gegangen" seien. Der eine Polizist sei "nie in Gefahr gewesen", der zweite Beamte habe "ein paar Schritte zur Seite gemacht". Seines Erachtens sei nicht viel passiert: "Das Ganze wird nur wegen dem Schuss aufgebauscht."

Einer der Polizisten hatte nämlich zur Dienstwaffe gegriffen, auf den Radkasten des flüchtenden Pkw gezielt und abgedrückt. "Die Fahrbahn ist dort 14 Meter breit. Er hätte überall ausweichen können. Es war für mich nicht verständlich, warum er auf mich zugerast ist", gab der 25-jährige Beamte als Zeuge an. Seinen Kollegen habe der Pkw-Lenker "sehr knapp" passiert: "Wenn er nicht ausgewichen wäre, wäre es zu einer Kollision gekommen."

"Ausfallschritt" statt Sprung zur Seite

Die Anklage behauptete, dieser zweite Polizist habe sich mit einem Sprung zwischen geparkte Autos in Sicherheit bringen müssen, um nicht erfasst zu werden. Im Zeugenstand bestätigte dieser Beamte das jedoch nicht. Er habe "Ausfallsschritte" gemacht.

Der 19-Jährige hatte sich kurz nach der Flucht besonnen und sich noch am selben Abend auf einer Polizeiinspektion gestellt. Seit diesem Zeitpunkt - und damit immerhin seit sechs Monaten - befand sich der Bursch, dessen Freundin ein Kind erwartet, in U-Haft.

19-Jähriger sechs Monate in U-Haft

Da ihm die in der U-Haft abgesessene Zeit auf die Strafe angerechnet wurde, wurde der 19-Jährige nach der Urteilsverkündung auf freien Fuß gesetzt. Die Staatsanwältin kündigte gegen Verteidiger Dohr eine Disziplinaranzeige an, der ihr neben "Willkür" auch "unredliches" Vorgehen vorgeworfen hatte.

(APA/red)

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