AA

Polen: Benedikt XVI. predigt in Warschau

Papst Benedikt XVI. hat Polen aufgerufen, in einem zunehmend säkularen Europa eine kräftige katholische Stimme zu sein. Kirche kann aber den Geist der Wahrheit nicht verschweigen

Vor rund 300.000 Teilnehmern einer Messe unter freiem Himmel in Warschau warnte er am Freitag vor den Gefahren eines moralischen Relativismus. Es gebe Bestrebungen, unbequeme Aussagen aus dem Evangelium zu entfernen und einer Beliebigkeit der Weltanschauung das Wort zu reden, sagte der Papst und fügte hinzu: „Die Kirche kann aber den Geist der Wahrheit nicht verschweigen.“

Der Papst sagte: „Sie versuchen den Eindruck zu erwecken, dass alles relativ sei, dass sogar die Glaubenswahrheiten von der historischen Situation und der menschlichen Entwicklung abhängen.“ Einen solchen „Relativismus und Subjektivismus“ könnten Christen aber nicht hinnehmen.

Die Gläubigen drängten sich bei Nieselregen auf dem Pilsudski-Platz und in den benachbarten Straßen des Zentrums der polnischen Hauptstadt. Unter dem Läuten der Kirchenglocken und dem Jubel der Menge war Benedikt zu dem Platz, auf dem sein aus Polen stammender Vorgänger Johannes Paul II. 1979 zur Erneuerung der kommunistischen Staats- und Gesellschaftsordnung in Polen aufgerufen hatte.

Zur Messe von Papst Johannes Paul bei seinem ersten Besuch in Polen kamen 1979 rund 300.000 Menschen auf den Pilsudksi-Platz, die Menge in den angrenzenden Straßen wurde auf 750.000 geschätzt. Ganz so viele waren es am Freitag nicht. Die Veranstalter hatten sich sogar eine Million Pilger erwartet. Der Heilige Vater sprach auf einer vier Meter hohen Plattform, darüber war ein 25 Meter hohes Aluminium-Kreuz errichtet.

Der Papst warnte die Christen bei der Messe eindringlich vor Abweichungen im Glauben. Die Gläubigen müssten fest zur Tradition der Bibel und der Kirche stehen, „auch wenn es manchmal schwer verständlich ist“. Die überlieferten Worte des Religionsstifters Jesus Christi dürften keinesfalls verfälscht werden. Niemand dürfe das Evangelium verändern, weil es „seiner Meinung nach zu beschwerlich für den modernen Menschen ist“, mahnte der aus Bayern stammende Papst. Schon als langjähriger Präfekt der Glaubenskongregation hatte Joseph Ratzinger vor der „Beliebigkeit der Interpretation“ gewarnt.

Zur Freude seiner Zuhörer erwies Benedikt seinem Gastland die Ehre, einen Teil seiner Predigt auf Polnisch zu halten. Er würdigte laut Kathpress unter Beifall auch die Leistungen Johannes Paul II. für die gesellschaftlichen Veränderungen in dessen Heimat und im ganzen einstigen Ostblock: „Wir danken Gott heute für das, was sich während des Pontifikats von Johannes Paul II. ereignet hat.“ Damals hätten sich Veränderungen politischer, wirtschaftlicher und sozialer Systeme vollzogen, durch die die Völker verschiedener Länder „die Freiheit und das Gefühl von Würde wiedererlangt“ hätten. Er appellierte an die Polen, das Erbe des polnischen Papstes zu bewahren.

Im Anschluss an den Gottesdienst nahm der Papst ein Bad in der Menge. Die Sicherheitskräfte hatten Mühe, ihn durch die Menge zu geleiten. Hunderte Menschen versuchten, das Kirchenoberhaupt zu berühren oder zu fotografieren.

Die erste Freiluft-Messe während seines viertägigen Polen-Aufenthalts bildete den Höhepunkt von Benedikts zweitem Besuchstag. Nach der Messe in Warschau stand ein Besuch Benedikts im Wallfahrtsort Tschenstochau in Südpolen auf dem Programm. Anschließend wollte er nach Krakau, wo sein Papst-Vorgänger Erzbischof gewesen war. Höhepunkt und Abschluss der Reise ist am Sonntag ein Besuch im ehemaligen deutschen Vernichtungslager Auschwitz, wo Benedikt mit Überlebenden des Holocaust beten will.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Polen: Benedikt XVI. predigt in Warschau
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen