AA

PISA-Chef Haider gegen Leistungsgruppen

Wien - Der Bildungswissenschafter und PISA-Österreich-Chef Günter Haider spricht sich für eine gemeinsame Schule ohne Leistungsgruppen aus: "Sonst handeln wir uns das selbe Problem unter neuem Namen ein."

So meinte er am Dienstag Abend im Wiener SPÖ-Bildungszentrum unter Verweis auf die negativen Folgen der frühen Aufteilung der Kinder in AHS-Unterstufe und Hauptschule. Diese führe zu „massiven strukturellen Diskriminierungen“, von Durchlässigkeit sei im österreichischen Schulsystem „keine Rede“. Eine „Neue Mittelschule“ müsse ohne äußere Differenzierung auskommen und freien Zugang für Kinder einer Region bieten.

In den von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) angekündigten „Modellregionen“ müssten laut Haider jeweils zwölf Themenkomplexe befriedigend gelöst werden. Einerseits müsse beantwortet werden, wie mit heterogenen Schülergruppen umgegangen werden kann. Gleiches gelte für die Individualisierung des Unterrichts. Außerdem müssten motivierende Formen der Lernerfolgsrückmeldung gefunden werden, was zu einer neuen Art der Leistungsbeurteilung führen könne.

Weiters sollen Alternativen zum Wiederholen einer Klasse gefunden und jahrgangsübergreifende Klassen gebildet werden können. Solche Kurse wären vor allem für stärkere Schüler interessant. Überdacht werden müssten auch die Zeiteinteilung („Weg vom 50-Minuten-Raster“) und die Fächerstruktur. Ebenfalls neu organisiert werden soll die Lehrerarbeit in Richtung Teamarbeit und Funktionsdifferenzierungen.

Gelöst werden muss laut Haider auch die Frage der Inklusion, also der Einbeziehung Behinderter. Weiters müsse es eine effektive Begabungsförderung geben, Angebote zur Förderung der Kreativität sowie Ganztagsangebote.

Dabei brauche man keine neuen Schulversuche wie in den 70er Jahren, meinte Haider. Grundlegende Dinge wie der Einfluss der Herkunft auf die Bildungschancen seien zur Genüge nachgewiesen: „Da kann jeder in eine Bibliothek gehen und die Tausenden Studien dazu lesen.“ Stattdessen sollten konkrete, umsetzbare pädagogische Modellprojekte verwirklicht werden. Es gehe nicht zuletzt darum, den Leuten zu zeigen, dass mit der „Neuen Mittelschule“ auch pädagogisch etwas weiter gehe und man „nicht nur alle Schüler in ein Haus stecken“ wolle.

Die Wiener Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl (S) sprach sich ebenfalls gegen den Weg über Schulversuche aus. So sei die Sozialdemokratie schon einmal mit der gemeinsamen Schule gescheitert. In den 70er Jahren habe man geglaubt, einfach immer mehr Schulversuche machen und so innerhalb von 15 Jahren die gemeinsame Schule verwirklichen zu können: „Damit sind wir gescheitert.“ Außerdem komme es auch auf das Wording an: „Wenn wir auf politischer Ebene mit dem Begriff Gesamtschule weiter machen, haben wir schon verloren.“ Allein der Begriff suggeriere nämlich die Diskussion der 70er Jahre und eine Angst vor Nivellierung. Derzeit verwendet die SPÖ meist die Begriffe „Gemeinsame Schule“ oder „Neue Mittelschule“.

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • PISA-Chef Haider gegen Leistungsgruppen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen