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Organisierte Bettler in Wien aktiv

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Große Bettlerringe mit skrupellosen Hintermännern - wie jene Bande, die vor einer Woche eine Rumänin vor der Botschaft entführte - operieren in Wien in kleinerem Stil.

Gruppen von drei bis fünf Mitgliedern aus Großfamilien arbeiten in der Innenstadt nach dem Modell „Aufpasser und Abkassierer“, sagte Oberstleutnant Alexander Schinnerl vom Stadtpolizeikommando Innere Stadt im APA-Gespräch.

Organisiertes Betteln, an dem mindestens drei verabredete Personen beteiligt sind, ist in der Bundeshauptstadt laut Wiener Landessicherheitsgesetz verboten, erklärte der Polizist – ebenso wie aufdringliches und aggressives Betteln. „Demütiges“ um Geld bitten sei erlaubt.

Betteln lohnt sich

Ein „lukratives Geschäft“ sei es nach wie vor: “50 Euro Tageslosung sind realistisch. Wir haben auch schon Bettler mit über 100 Euro angetroffen“, erzählte der Beamte. Und das trotz regelmäßiger Aufrufe der Wiener Linien, lieber an anerkannte Organisationen zu spenden, als den Bettlern selbst Geld zu geben.

Menschen, die bei U-Bahn-Stationen, in Einkaufsstraßen oder bei Kirchen in der City um Geld bitten, kommen zu zwei Drittel aus der Slowakei. „Der Rest besteht aus Österreichern, Rumänen, Bulgaren und Ungarn“, berichtete der Oberstleutnant. Jene, die Teil einer organisierten Bande sind, werden meist mit dem Auto nach Wien gebracht. Von der Polizei befragte Bettler berichten von Massenunterkünften in der Bundeshauptstadt, für die sie selbst bezahlen müssten, erzählte Schinnerl. Viele würden auch in Schlafsäcken bei U-Bahnstationen und in Parkanlagen übernachten.

Rollstühle, Behinderungen, Kinder 

Die Bettler in der Innenstadt sprechen ganz gezielt das Mitleid der Passanten an, meinte der Oberstleutnant: „Teils sind es Schwerstbehinderte, Alte oder Gebrechliche. Manche täuschen auch eine Behinderung vor.“ So habe man etwa ungarische Bettler beobachtet, die Rollstühle aus einem Auto laden und sich wenige Meter vor dem „Einsatzort“ hineinsetzen. In der Innenstadt seien auch immer wieder bettelnde Frauen mit Kindern anzutreffen.

Dreier-Teams mit Aufpasser und Abkassierer 

Rund um einen „Bettler im Dienst“ befinden sich laut Beobachtungen der Polizei oft mindestens zwei Personen: ein Aufpasser und ein Abkassierer. Ersterer warnt vor Uniformierten, der andere holt etwa im Halb-Stunden-Takt das Geld ab. Teils betteln sie aus persönlicher Not, teils dürften die Menschen dazu gezwungen werden, vermutete Schinnerl. „Wie viel des Geldes sie abgeben müssen, wissen wir nicht. Der Aufpasser ist in jedem Fall beteiligt“, sagte er.

Entdecken die Beamten eine organisierte Bande, nehmen sie dem Bettler seinen „Verdienst“ ab, erklärte Schinnerl. Kreativ sind die Bedürftigen, wenn es darum geht, das Geld vor den Polizisten, die meist in Zivil unterwegs sind, zu verstecken. „Frauen flechten die Scheine in die Haare ein. Münzen verstecken die Bettler im Mund, in Schuhen oder auch in den Unterhosen“, berichtete der Beamte.

Bettelei sei in der Wiener Innenstadt derzeit „stark rückläufig“, meinte Schinnerl. Vor ein bis zwei Jahren habe man es noch mit knapp 100 bekannten Gesichtern zu tun gehabt, die an den „Hotspots“ – in Fußgängerzonen und bei touristischen Attraktionen – immer wieder auftauchten. „Jetzt muss man sie gezielt suchen“, meinte er. Beschwerden von Geschäftsleuten seien Anfang des Jahres Auslöser dafür gewesen, massive Maßnahmen gegen Bettler zu ergreifen. Derzeit seien täglich drei Beamte in der Innenstadt auf Bettler-Streife.

Im Gegensatz zur Wiener City sei das Problem in der steirischen Landeshauptstadt nicht kleiner geworden. In Graz halten sich gleich bleibend viele Bettler auf, sagte Josef Lipp von der Kriminalpolizei Graz zur APA. Auch dort stammen die meisten Bettler aus der Slowakei. „Sie kommen alle aus dem selben Dorf“, wusste er zu berichten.

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