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Optimismus ist der größte Feind der Freiheitlichen

Gastkommentar von Johannes Huber
Gastkommentar von Johannes Huber ©AP Photo/Ronald Zak
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Bundespräsidenten-Wahl hat’s bestätigt: Die Protestpartei ist abhängig davon, dass es vielen Menschen schlecht geht.

Würde Österreich ausschließlich aus Burgenländern, Kärntnern und Steirern bestehen, Norbert Hofer wäre der künftige Bundespräsident: Bei der Stichwahl vom vergangenen Sonntag hat er in diesen drei Ländern an die 60 Prozent geholt. Van der Bellen war da chancenlos.

Doch Österreich besteht nun einmal aus neun Bundesländern und das ist dem freiheitlichen Kandidaten zum Verhängnis geworden: Überall sonst waren seine Ergebnisse schlechter, in Vorarlberg musste er sich gar mit 41,1 Prozent begnügen, in Wien kam er überhaupt nur auf 36,7 Prozent. Unterm Stich war Van der Bellen denn auch vorne. Das Wahlergebnis bestätigt, dass freiheitliche Wahlerfolge auf Sand gebaut sind. Zu den entscheidenden Voraussetzungen zählt, dass es den Leuten verhältnismäßig schlecht geht; dass sie also von Ängsten und Sorgen geplagt werden.

Wobei man nicht dem Irrtum unterliegen darf, den der Schriftsteller Thomas Glavinic in einem Facebook-Posting vermittelte: Er suggeriert, dass man Verständnis dafür haben muss, wenn eine Mindestrentnerin aus Ottakring, die auf der Straße mehr und mehr Fremde sieht, nach rechts abdriftet. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass in Regionen, in denen besonderes viele Ausländer wählen, die Freiheitlichen abräumen. Das ist jedoch falsch.

Bei der Bundespräsidenten-Wahl war Norbert Hofer dort am stärksten, wo die wenigsten Ausländer leben – und dort am schwächsten, wo die meisten zu Hause sind. Maßgebend war also etwas anderes. Treffender dürfte die Erklärung sein, dass es die Zukunftsängste sind: Wo ganze Landstriche verwaisen und die Abwanderung groß ist; dort sehen viele Frauen und Männer keine Perspektive mehr und machen die Politik dafür verantwortlich. Also erteilen sie ihr einen Denkzettel – und wählen die einzige Protestpartei, die es in Österreich gibt; die Freiheitlichen nämlich. Das würde jedenfalls dazu passen, dass mit Norbert Hofer einer ihrer Vertreter ganz besonders in den strukturschwachen Bundesländern triumphierte.

Wären der Ausländeranteil oder die Kriminalität maßgebend, hätte Norbert Hofer Alexander Van der Bellen in Wien so weit hinter sich gelassen, wie sonst nirgends. Das hat er aber nicht. Denn die Bundeshauptstadt ist noch immer eine pulsierende Metropole. Hier kann man zwar auch arbeitslos werden, hat meist aber eine Aussicht darauf, dass irgendwo neue Jobs entstehen. Und im Übrigen zieht’s zehntausende junge Menschen hierher, die studieren und Karriere machen wollen; sie gehen entschlossen in die Zukunft. Und das ist ein schlechter Boden für die Freiheitlichen und damit auch eine Warnung für sie selbst: So lange sie nur destruktiv sind, stehen und fallen sie ausschließlich mit dem Anteil pessimistischer Wählerinnen und Wähler.

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