Der Angeklagte hatte sich am Ende Jänner 2021 mit seiner Noch-Ehefrau vor einem gerichtlichen Scheidungstermin getroffen. Er war zuversichtlich, sie davon überzeugen zu können, dass sie im Zuge des Gesprächs ihren Scheidungsantrag zurückziehen würde. Stattdessen offenbarte sie ihm, dass sie längst einen neuen Freund hatte. "Ich war ziemlich überrascht. Ich hab' nicht damit gerechnet", erklärte der Mann nun Einzelrichterin Petra Schindler-Pecoraro. Unmittelbar nach diesem Tiefschlag musste er einen weiteren Dämpfer einstecken. Er erfuhr, dass der "Neue" den Heiligen Abend gemeinsam mit seiner Frau und seinen Kindern verbracht hatte: "Und zwar in meinem Haus. Das hat mich sehr getroffen."
Steuerberater besorgte sich flüssiges Valium
Um - wie er betonte - "nicht durchzudrehen", besorgte sich der Steuerberater flüssiges Valium: "Ich hab das Fläschchen fast ausgetrunken. Ich war wie auf Narkose." Dann schnappte er sich eine Flasche Whiskey und wollte mit dem Auto zu einem Freund fahren. Beim Ausparken legte er jedoch irrtümlich den Rückwärtsgang ein und krachte gegen eine Straßenlaterne.
Prominenter Anwalt kam zufällig vorbei und kassierte Ohrfeige
Diese Szene beobachtete der Promi-Anwalt, der zufällig des Weges kam. Der Jurist trat an das Auto heran und stellte fest, dass sich der Mann am Steuer in einer Ausnahmesituation befand, zumal ihm dieser lallend die zu einem Gutteil bereits geleerte Whiskey-Flasche in die Hand drückte. Der Anwalt wollte den offensichtlich Beeinträchtigten an der neuerlichen Inbetriebnahme des Fahrzeuges hindern. Dieser "dankte" ihm das mit zwei Ohrfeigen und zwei Faustschlägen ins Gesicht, wobei er die Brille des Anwalts zertrümmerte. "Ich dachte, er schlägt mich. Ich hatte eine richtige Psychose. Es tut mir sehr, sehr leid. Ich war nicht ich selbst", sagte der Angeklagte dazu.
Der Anwalt verständigte die Polizei
Der Anwalt verständigte die Polizei. Als die Beamten und in weiterer Folge die Berufsrettung zur Stelle waren, weigerte sich der Steuerberater, in den Rettungswagen einzusteigen, weil er befürchtete, auf die Psychiatrie gebracht zu werden: "Die Vorstellung, dass ich für verrückt erklärt und eingesperrt werde, ist meine panische Angst. Ich hatte Angst vor der Psychiatrie. Ich dachte, ich werde für immer da bleiben müssen und sie werden mich mit Medikamenten vollpumpen." Also habe er sich gegen die Amtshandlung und in weiterer Folge gegen seine Festnahme gewehrt. Ein Beamter erlitt dabei eine Zerrung an der rechten Schulter, ein zweiter eine Knieprellung, ein dritter eine Prellung am Handgelenk und eine Rissquetschwunde.
Bedingte Haft für den Steuerberater
Dem Anwalt hatte der Angeklagte den Schaden für die erlittene Brille unmittelbar nach dem Vorfall ersetzt, indem er ihm 500 Euro in dessen Kanzlei brachte. Die Schmerzengeld-Ansprüche von zwei Polizisten - 2.500 sowie 500 Euro - beglich er jetzt im Gerichtssaal in bar. Die über ihn verhängte Strafe war dem Steuerberater zu hoch. Er befürchtet berufliche Konsequenzen, da das Urteil im Fall der Rechtskraft im Strafregister aufscheinen würde. Daher legte er dagegen Rechtsmittel ein.
(APA/Red)