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Neue Studie zum Thema "Gewalt am Kind" vorgestellt

Studienpräsentation mit Ministerin Karmasin
Studienpräsentation mit Ministerin Karmasin
Eine neue Studie zum Thema Gewalt gegen Kinder hat Familien- und Jugendministerin Sophie Karmasin (ÖVP) am Donnerstag in Wien präsentiert. 1.000 Personen wurden befragt und ihre Einstellung mit einer Studie von 1977 verglichen. Fazit: Die erlebte Gewalt nahm ab, das Motiv hat sich verändert: "Man schlägt nicht mehr aus Überzeugung", sagte Hedwig Wölfl von der Liga für Kinder- und Jugendgesundheit.


“Der Fall von Leonie, die diese Woche gestorben ist, macht mich wütend”, machte Karmasin gleich zu Beginn der Pressekonferenz klar. Doch nicht dieser tragische Fall stand im Mittelpunkt, sondern die nach wie vor häufig präsente Gewalt gegen Kinder. Die Studie “Gewalt in der Erziehung – Gewalt am Kind” und die Veränderung in der Einstellung der Menschen von 1977 bis heute ergab für die Familienministerin das folgende Resümee: “Die Köpfe der Menschen wurden erreicht, aber leider noch nicht ihre Hände” -, und die würden in der Gegenwart häufiger aus Überforderung denn aus Überzeugung erhoben.

Zu dieser Aussage führten die zwei Teile der Studie: Während etwa die Frage, ob das Schlagen mit der Hand als Erziehungsmittel zulässig ist, statt wie von nur 27 Prozent im Jahr 1977 heute bereits von 78 Prozent abgelehnt wird, ergab das Abfragen von tatsächlich erlebter Gewalt ein anderes Bild. “Es ist durchaus noch ein nicht tolerables Maß an Gewalt vorhanden”, sagte Karmasin zu der Tatsache, dass in der Altersgruppe der 15- bis 29-Jährigen jeder Fünfte von “heftigen Ohrfeigen” berichtete.

Zwar ist der Prozentsatz derer, die von persönlich erlebter Gewalt berichten, in der 50-plus-Generation höher, eines hat sich auch nach 25 Jahren Gewaltverbot in Österreich aber nicht geändert: “Wir müssen immer noch auf dieses aufmerksam machen”, sagte die Tiroler Kinder- und Jugendanwältin Elisabeth Harasser. “Es gibt den selbstverständlichen Aufschrei bei groben Misshandlungen, aber es gibt weiterhin eine gewisse Toleranz beim Klaps und der Ohrfeige”, beschrieb sie das “Messen von Gewalt mit zweierlei Maß”.

Diese Sichtweise wird ebenso bei den verbalen Mitteln in der Erziehung wahrgenommen, denn die Befragung ergab, dass es eine Gewaltverschiebung in den psychischen Bereich gab. So ist es für 42 Prozent der Befragten zumindest in Ausnahmefällen zulässig, “längere Zeit nicht miteinander zu reden” – eine Zunahme von 15 Prozent gegenüber 1977. “Diese Formen gehören bewusster angesprochen”, forderte Wölfl. Sichtbare Spuren hinterlässt das “Anschweigen” bei den Kindern nicht, psychische Folgen zeigen sich aber ebenso.

Gewalt lebt auch im Nobelbezirk: “Es sind alle Bildungsschichten betroffen, auch wenn nur die Fälle der sozial Schwächeren medial bekannt werden. Eine bessere Ausbildung ermöglicht oft auch bessere Verschleierungsmöglichkeiten”, widersprach Wölfl dem Vorurteil der Gewalt als Problem der unteren Bildungsschichten. “Auch der Akademiker ist nicht davor geschützt, Gewalt anzuwenden”, ergänzte Karmasin. Der neue Leitfaden für Pädagoginnen namens “Gewalt am Kind erkennen – und helfen” wurde als eine Gegenmaßnahme für alle Betroffenen vorgestellt. Denn: “Aufklärung und Hinschauen ist weiterhin nötig und der Weg gegen die Gewalt ist niemals abgeschlossen”, gab Kinder- und Jugendanwältin Harasser zu bedenken.

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