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Neu: „Lounge Berggasse 19“

Sigmund Freud, 1914  &copy Max Halberstadt
Sigmund Freud, 1914 &copy Max Halberstadt
„Denken im Liegen“, wie der Untertitel der kommenden großen Sonder-Ausstellung „Die Couch“ des Wiener Freud-Museums verheißt, kann man in der neuen „Lounge Berggasse 19“ definitiv nicht.

Dazu fehlt das entsprechende Ambiente, denn die von der Firma Wittmann zur Verfügung gestellten Möbel entsprechen der Vorstellung einer Analytiker-Couch nicht im entferntesten und auch sonst präsentiert sich das Gassenlokal des ehemaligen Ship Shops noch wenig einladend. So war bei der Eröffnung gestern, Montag, nicht Denken im Liegen, sondern Diskutieren im Sitzen und – jedenfalls für manche Besucher im überfüllten Raum – Zuhören im Stehen angesagt.

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion stellte Fessel-GfK-Geschäftsführer Rudolf Bretschneider nochmals die Eckpunkte jener Studie “Österreich und Freud – Sigmund Freud in der öffentlichen Wahrnehmung 2006“ vor, die gestern Vormittag der Presse präsentiert worden war. Neben der großen allgemeinen Bekanntheit und insgesamt erstaunlich präzisen Assoziationen zu seinem Werk war auch erstaunlich, dass etwa die Akzeptanz für Inanspruchnahme von psychotherapeutischer Hilfe bei psychischen Problemen sehr groß ist: Am ehesten würden sich die Befragten in solchen Fällen an Verwandte oder Partner wenden. Mit 14 Prozent Nennungen liegen jedoch etwa die Psychoanalytiker sogar noch vor den Priestern an zweiter Stelle.

Stephan Rudas, Chefarzt der Psychosozialen Dienste Wien, überbrachte dem Auditorium „eine gute und eine schlechte Nachricht“: Die gute sei, dass die Österreicher nicht häufiger an psychischen Erkrankungen litten als Bewohner anderer Länder, die schlechte, dass sie jedoch auch nicht psychisch gesünder als andere seien. Mit 330.000 manifest Alkoholkranken, 300.000 diesbezüglich Gefährdeten, sowie je 100.000, die an Depressions- und Demenzerkrankungen litten, sei jedoch klar, dass es sich um keine Probleme mit vernachlässigbarer Größe handle. Das Bewusstsein dafür fehle jedoch noch weitgehend: „Eine Knieverletzung haben wir als Vorstellung gut im Griff – aber können Sie sich vorstellen, wie es ist, an Schizophrenie zu erkranken?“ Rudas warnte auch vor Einsparungen bei der „sprechenden Medizin“.

Darüber, dass Freuds Lehren in die Alltagskultur eingegangen sind, herrschte am Podium – u.a. mit Elisabeth Vykoukal von der Sigmund Freud Privatuniversität – Einigkeit, schon weniger darüber, ob Freud mehr mit wissenschaftlichen Erkenntnissen oder mehr mit schriftstellerischer Fantasie geglänzt habe. Hier gefiel sich Robert Trappl, Leiter des Österreichischen Forschungsinstituts für Artificial Intelligence, als Advocatus Diaboli. Er zeigte sich auch zuversichtlich, dass es in ein, zwei Jahrzehnten gelingen könnte, lang gesuchte bildgebende Verfahren für psychische Erkrankungen zu finden.

Kunststaatssekretär Franz Morak (V) zog Parallelen zwischen Freud und dem zweiten großen Jubilar des Jahres, Wolfgang Amadeus Mozart: Der Komponist habe neben der glänzenden, strahlenden Oberfläche auch die bedrohliche Tiefe gezeigt, die Beschäftigung mit Kunst sei eine wesentliche Triebfeder für Freud gewesen. Der weite Einfluss, den seine Arbeit etwa auf Literatur, Kunst oder Film genommen habe, sei evident.

Die neue Lounge soll als neuer Veranstaltungsraum und als temporärer Eingangsbereich des Freud Museums genützt werden.

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Homepage: Freud-Museum

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