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Nehammer und Karner reisen zu bulgarisch-türkischer Grenze

Karl Nehammer und Gerhard Karner reisen am Sonntagabend nach Bulgarien.
Karl Nehammer und Gerhard Karner reisen am Sonntagabend nach Bulgarien. ©APA/GEORG HOCHMUTH (Symbolbild)
Am Sonntagabend reisen Bundeskanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner zum Lokalaugenschein zur bulgarisch-türkischen Grenze.

Österreich will Bulgarien beim Grenzschutz unterstützen, unter anderem durch EU-Mittel für Zaunanlagen und mehr Kapazitäten der EU-Grenzschutzbehörde Frontex. Österreich hat wegen der illegalen Migration im Dezember ein Veto gegen den Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens eingelegt.

Nehammer und Karner reisen nach Bulgarien

Den Besuch in Bulgarien hatte Nehammer bereits beim Besuch des bulgarischen Präsidenten Rumen Radew zum Neujahrskonzert in Wien angekündigt. Der Kanzler will im Zuge des Aufenthalts an der Grenze und in Sofia am Montag neuerlich mit Radew und anschließend auch mit dem bulgarischen Ministerpräsidenten Galab Donew das Thema besprechen. Der Besuch findet gut zwei Wochen vor einem EU-Sondergipfel in Brüssel zum Thema Migration statt. Innenminister Karner hatte am Dienstag in Warschau den neuen Frontex-Chef, Hans Leijtens, getroffen.

Radew werde Nehammer am Flughafen Plowdiw empfangen, teilte die bulgarische Präsidentschaftskanzlei laut Nachrichtenagentur BTA am Freitag mit. Radew und Nehammer werden danach die Regionaldirektion der Grenzpolizei in Elchowo in Südostbulgarien besuchen, wo sich ein regionales Koordinationszentrum befindet. Das Zentrum ist Teil eines integrierten Überwachungssystems der bulgarisch-türkischen Grenze. Der bulgarischen Delegation gehören auch Bulgariens Innenminister Iwan Demerdschiew und Verteidigungsminister Dimitar Stojanow an.

Rumänien gab Rückkehr seines Botschafters bekannt

Sowohl in Bulgarien als auch in Rumänien hatte das österreichische Schengen-Veto für Proteste und Enttäuschung gesorgt. Im Falle Bulgariens hatten auch die Niederlande Bedenken gegen einen Schengen-Beitritt zum Ausdruck gebracht. Beide Balkan-Länder zeigten sich nichtsdestotrotz überzeugt davon, noch in diesem Jahr dem grenzkontrollfreien Schengen-Raum beitreten zu können. Ein späterer Termin gilt wegen der Europawahlen 2024 als schwierig. Wegen der engen Verflochtenheit will die EU auch beide Länder gemeinsam in Schengen aufnehmen.

Rumänien gab am Donnerstag die Rückkehr seines Botschafters in Österreich, Emil Hurezeanu, auf seinen Posten bekannt. Hurezeanu war nach Wiens Veto zu Beratungen nach Bukarest beordert worden.

In der Causa hat mittlerweile auch das an Bulgarien grenzende Griechenland eine Initiative gestartet. Der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis besuchte kürzlich Nehammer und Karner in Wien, um für den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum Schengen-Raum zu werben. Auch Mitarakis befürwortet eine stärkere EU-Unterstützung Bulgariens beim Schutz der EU-Außengrenze.

Lokalaugenschein an bulgarisch-türkischer Grenze

Beide Länder hatten aus Sicht der EU-Kommission und des Europaparlaments alle Bedingungen für einen Schengen-Beitritt erfüllt. Dagegen beklagt Österreich, dass das Schengen-System aufgrund der hohen Zahl nicht-registrierter Migranten nicht mehr funktioniere.

Die NGO Ärzte ohne Grenzen (MSF) forderte Karner und Nehammer auf, sich Vorort auch einen Überblick über die Lage der Einhaltung der Menschenrechte und humanitären und medizinischen Situation der Flüchtlinge zu verschaffen. Marcus Bachmann, MSF Österreich-Berater für humanitäre Angelegenheiten, berichtete von Geschichten von Menschen, "die von Misshandlungen durch bulgarische Behörden erzählen". Er bezeichnete Grenzzäune als "untaugliches Mittel", die für ein "System struktureller Gewalt, das zudem zu immer gewaltsameren Pushbacks führt", stehen und forderte Nehammer auf, "nicht für, sondern gegen eine Normalisierung von Gewalt an den Grenzen" einzutreten.

Differenzen bestehen allerdings über die von Österreich ins Spiel gebrachten Zahlen. Österreich argumentiert, dass in Österreich 2022 mehr als 100.000 Migranten aufgegriffen worden seien. Laut Innenministerium kamen 40 Prozent aus der Türkei über Bulgarien, vor allem Menschen aus Afghanistan, Syrien, Marokko, Ägypten und Somalia. Der bulgarische Migrationsforscher Tihomir Bezlov bezweifelte dies und forderte, sich die Zahlen der irregulären Migranten genauer anzuschauen. Das österreichische Innenministerium reagierte mit einem Verweis auf die hohen Dunkelziffern.

Hahn forderte Klarheit über Zahlen

Auch EU-Budgetkommissar Johannes Hahn (ÖVP) forderte Klarheit über die Zahlen. Hier gebe es Widersprüche zwischen den behördlichen österreichischen Angaben und jenen auf europäischer Ebene, sagte er. Hahn erwartet, dass "in relativ überschaubarer Zukunft beide Länder Mitglieder von Schengen werden können". Ein erster Schritt könnte im Flugbereich erfolgen.

Aus den Reihen der ÖVP wurden wiederholt Vorwürfe dementiert, Karner habe das Schengen-Veto aus innenpolitischen Motiven, etwa wegen der am 29. Jänner stattfindenden niederösterreichischen Landtagswahl, eingelegt. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hatte im Dezember erklärt, die Probleme lägen in Wahrheit bei Ungarn, "weil von dort die meisten nicht registrierten Übertritte nach Österreich stattfinden".

(APA/Red)

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