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NATO überprüft eigene Raketenpläne

Die NATO will sich der geplanten Stationierung von US-Abwehrraketen in Osteuropa nicht in den Weg stellen und überprüft das Vorhaben einer eigenen Raketenabwehr in Europa wegen des von den USA angestrebten "Schutzschildes".

Die Verteidigungsminister der 26 Bündnisstaaten gaben am Donnerstag in Brüssel eine „umfassende Untersuchung“ in Auftrag. Bis Februar 2008 wollen sie Klarheit über die Frage haben, ob ein für 2010 geplantes Abwehrsystem gegen Kurzstreckenraketen mit dem US-System verbunden werden kann.

Außerdem wird geprüft, ob die weit reichenden NATO-Pläne für eine Raketenabwehr, die das gesamte Gebiet der Allianz schützen soll, durch das US-Vorhaben überflüssig würde. Ob die USA©auf das russische Angebot der gemeinsamen Nutzung einer Radaranlage in Aserbaidschan eingehen, blieb beim NATO-Treffen in Brüssel offen.

„Wir wollen die politischen und militärischen Auswirkungen der US-Raketenabwehr prüfen und im Februar 2008 daraus Schlüsse ziehen“, sagte NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer. „Es geht um die Frage, ob es möglich wäre, ein System zu entwickeln, das an das US-System angeschlossen werden könnte.“ Dies müsse entschieden werden, weil die US-Raketenabwehr keinen Schutz für einige NATO-Mitglieder biete, die vor allem durch Kurzstreckenraketen bedroht sein könnten. Dabei geht es um Bulgarien, Griechenland, Rumänien und die Türkei. De Hoop Scheffer sagte, es habe keine Meinungsunterschiede über das Prinzip der „unteilbaren Sicherheit“ für alle Bündnismitglieder gegeben.

Die NATO arbeitet bei der Entwicklung einer Abwehr gegen Kurzstreckenraketen bereits seit längerem auch mit Russland zusammen. Auch bei einem Treffen des NATO-Russland-Rates, an dem der russische Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow teilnahm, ging es um die Raketenabwehr. Im Gegensatz zu den Kurzstreckenplänen befinden sich Überlegungen der NATO über einen umfassenden Schutz vor Raketen aller Art für das gesamte NATO-Territorium noch in einem Frühstadium. Beim NATO-Gipfel vom November 2006 in Riga hatten die Staats- und Regierungschefs weiteren Planungen zugestimmt. Diese Überlegungen sind jedoch laut NATO-Diplomaten durch die US-Pläne für eine Raketenabwehr in Europa de facto bereits „obsolet“ geworden.

Die mögliche Anbindung der NATO-Abwehr gegen Kurzstreckenraketen soll verhindern, dass sich die südlichen Mitglieder der Allianz von der Sicherheitsgarantie der NATO abgekoppelt fühlen. „Wir müssen ein Interesse daran haben, eine Schutzfunktion für unser Bevölkerung in Europa insgesamt aufzubauen“, sagte der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung in Brüssel. Es sei wichtig, „dass Europa nicht gespalten wird“. „Alle NATO-Mitglieder sind gleich“, betonte De Hoop Scheffer.

US-Verteidigungsminister Robert Gates bekräftigte bei dem Ministertreffen, die USA seien bereit, eingehend über das russische Angebot zur gemeinsamen Nutzung einer Radaranlage in Aserbaidschan zu reden. Die Frage werde sorgfältig geprüft. Jung sagte dazu: „Der Vorschlag des russischen Präsidenten zeigt ja auch, dass er offensichtlich davon ausgeht, dass es richtig ist, eine derartige Schutzfunktion zu haben.“

Die Minister sicherten zudem Afghanistan weitere Hilfe zu. Angesichts zunehmender ziviler Opfer in dem Land sollen die Aktivitäten der von der NATO geführten Schutztruppe ISAF mit rund 36.000 Soldaten künftig besser mit dem US-geführten Anti-Terror-Einsatz „Operation Enduring Freedom“ (OEF) von rund 12.000 US-Soldaten koordiniert werden. Noch mehr zivile Opfer von Einsätzen der US-Truppe dürften nicht zu größeren Gefahren für die ISAF-Einheiten führen, hieß es. Die USA wollen – nach eigenen Angaben zum Schutz vor Angriffen mit Langstrecken-Raketen aus dem Iran und Nordkorea – zehn Abwehrraketen in Polen und eine Radaranlage in Tschechien installieren. Russland hat dieses Vorhaben scharf kritisiert. Als Alternative schlug der russische Präsident Wladimir Putin den USA die gemeinsame Nutzung einer Radarstation in Aserbaidschan vor.

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