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"Naschmarkt nicht für Behinderte zugänglich"

APA
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Am Wiener Naschmarkt werden nach Ansicht der Grünen behinderte Menschen diskriminiert. Die jüngst gebauten Marktstände seien trotz entsprechender Vorschriften nicht barrierefrei zugänglich.

Das kritisierte Behindertensprecherin Theresia Haidlmayr am Donnerstag im Gespräch mit der APA. Sie will nun gegen die Gemeinde vor Gericht ziehen. Laut Sozialministerium müsste die Grüne aber die Standler selbst verklagen.

„Das ist eine Sauerei, dass das Marktamt und die Baupolizei wissentlich die Diskriminierung von behinderten Menschen in Kauf nehmen“, zeigte sich Haidlmayr verärgert. Die beiden jüngst errichteten Gastro-Stände – einer davon ist bereits in Betrieb – sowie ein neues Bio-Geschäft seien nicht stufenlos mit dem Rollstuhl befahrbar, weil sie sich auf einem mehrere Zentimeter hohen Podest befänden. Bei älteren Ständen würde eine simple Rampe reichen, meinte die Grüne. Die Betreiber seien dazu bereit, das Marktamt habe sich aber nicht darum bemüht.

Haidlmayr will nun beim Bundessozialamt gegen die beiden Magistratsdiensstellen ein Schlichtungsverfahren gemäß dem seit 2006 gültigen Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz einbringen und in der Folge vor Gericht ziehen. Schließlich seien die Stände mit öffentlicher Förderung errichtet worden, was die Verpflichtung zum barrierefreien Bau nach sich ziehe. Bei einem Lokalaugenschein gestern, Mittwoch, hätten beide Stellen jegliches Entgegenkommen verweigert.

Anders sieht man dies bei der Baupolizei. Haidlmayr habe gefordert, dass man sämtliche Stände zur Errichtung barrierefreier Zugänge verpflichten solle. Dies sei nicht möglich: Gültig sei die Wiener Bauordnung, die seit 2004 zwar Barrierefreiheit vorsehe, aber nur für Neu-, Um- und Zubauten. Beim Marktamt betonte man auf APA-Anfrage, dass man sich trotzdem um Lösungen bemühen werde. Dies sei möglich, weil ein Großteil der Stände der Stadt gehörten.

Ob die Vorschriften bei den beiden neuen Lokalen eingehalten worden sei, habe man noch nicht überprüft, hieß es bei der Baupolizei. Die Bauten seien noch nicht als fertiggestellt gemeldet, es habe daher noch keine Überprüfung gegeben. Haidlmayr kann das zumindest für das „Orient-Occident“ nicht glauben: „Das ist abgenommen, sonst dürften dort nicht schon Leute sitzen.“

Im Sozialministerium hieß es, dass eine Klage der Grünen Abgeordneten möglich sei, allerdings nur gegen die Standler selbst. Die Vorschriften des Behindertengleichstellungsgesetzes seien nämlich nur für den Bund – und damit auch nur für dessen Gebäude – gültig. Die Bauordnungen der Länder seien nicht betroffen. Zur Anwendung könne es in diesem Fall aber trotzdem kommen, weil der Konsumentenschutz, und damit auch die Barrierefreiheit von Geschäften und Lokalen, ebenfalls in Bundeskompetenz falle.

Das entsprechende Gesetz verpflichte bis 2016 zur Barrierefreiheit aller Gebäude. Schon davor tritt das Gesetz aber stufenweise in Kraft: Ein Klapprampe um bis zu 1.000 Euro müsse ein Geschäftsbetreiber schon heuer errichten, wenn ihm das zumutbar sei. Sollte Haidlmayr klagen, könnte dies einer der ersten entsprechenden Fälle vor einem Bezirksgericht sein, hieß es im Sozialministerium. Der Schadenersatz könnte sich im Bereich von rund 200 Euro bewegen, hieß es.

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