Der SPÖ-Vorstand hat Montagnachmittag den Zeitplan für die Nachfolge des heute zurückgetretenen Parteichefs Werner Faymann geregelt. Bis nach Pfingsten soll die SPÖ-Leitung stehen, am 25. Juni offiziell gewählt werden. Diese Ankündigungen machte nach der nicht einmal zweistündigen Vorstandssitzung Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der einstimmig gebeten wurde, geschäftsführend den Vorsitz zu übernehmen.
Häupl wird nicht in Bundespolitik wechseln
Er könne das reinen Herzens annehmen, da er nicht vorhabe in die Bundespolitik zu wechseln, sagte der Stadtchef. Er werde also weder Parteichef noch Bundeskanzler. Häupl wollte sich nicht festlegen, ob er auf Perspektive im Amt bleiben will. Jedenfalls möchte er aber den kommenden Parteitag vorbereiten. Die Bundesgeschäftsführung müsse nun der ruhende Pol sein.
Eingesetzt wurde vom Vorstand eine Strategiegruppe, die sich den inhaltlichen Weichen in der Partei widmen soll. Zudem sollen quasi Kriterien für potenzielle künftige Koalitionspartner festgelegt werden. Diese inhaltliche Neuausrichtung soll dann bei einem weiteren Parteitag im Herbst abgeschlossen werden.
Ministerposten möglicherweise neu besetzt
Demnach wird es in der heutigen Sitzung des Vorstands, die praktisch pünktlich um 16 Uhr begann, wohl auch keinen Personalvorschlag mehr geben. Eventuell wird allerdings bereits ein Datum für den kommenden Parteitag fixiert. Zumindest ließen sich Aussagen von Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid so deuten.
Nicht an ihren Ämtern kleben offenbar Infrastrukturminister Gerald Klug und Staatssekretärin Sonja Steßl. Beide betonten, es sei gute Tradition, dass ein neuer Kanzler sein Team aussuche. Sozialminister Alois Stöger meinte zur Frage, ob er denn in seinem Amt bleibe, bloß: “Alles kein Thema jetzt.”
Faymann-Rücktritt – wer übernimmt SPÖ-Führung?
Sehr wohl Thema ist allerdings, wer die SPÖ künftig führen soll. Der scheidende Parteichef Werner Faymann zeigte sich heute zwar noch für rund zehn Minuten im Vorstand, es dürfte sich aber um seine Abschiedsvorstellung gehandelt haben, soll doch Häupl in der Sitzung offiziell zum geschäftsführenden Vorsitzenden gekürt werden.
Außer dem Namen von ÖBB-Chef Christian Kern fiel vor dem Sitzung keiner, auch wenn beispielsweise Tirols Landeschef Ingo Mayr meinte, die SPÖ könne bei der Kandidaten-Kür aus dem Vollen schöpfen. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser verwies auf frühere Aussagen, wonach er Kern für einen geeigneten Kanzler hielte. Gleiches deponierte einmal mehr der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden. Schon davor hatte Vorarlbergs Landeschef Michael Ritsch klar für Kern votiert. Auch der frühere EU-Parlamentarier Hannes Swoboda hält den ÖBB-Manager für einen geeigneten Mann, der die Rolle ausfüllen könnte.
Kern ist Favorit für den Parteivorsitz
Ein Spezialwunsch kam von der Chefin der Sozialistischen Jugend. Julia Herr sprach sich für eine Urabstimmung für die Funktion des Vorsitzenden aus.
Als Favorit für den Parteivorsitz gilt derzeit jedenfalls Kern. Allerdings versucht dem Vernehmen nach die Wiener Stadtpartei durchaus noch, ihren Wunschkandidaten, den Medien-Manager Gerhard Zeiler, im Rennen zu halten. Dieser gilt in den meisten Ländern aufgrund seines rund zehn Jahre höheren Alters und seine langen Abwesenheit aus Österreich allerdings allenfalls als zweite Wahl hinter Kern.
Mitgliederbefragung zum Parteiprogramm
Häupl über den Faymann-Rücktritt
Zu Faymanns Rücktritt sagte Häupl, ich glaube, dass auch viele persönliche Argumente dahinter gestanden seien. “Das ist zu respektieren.” Ob tatsächlich fehlender Rückhalt Auslöser für Faymanns Rücktritt gewesen war, wollte Häupl nicht beurteilen. Er verwies allerdings darauf, dass Faymann betont hatte, dass dieser zwar eine Mehrheit, aber nicht mehr genug Rückhalt in der Partei gehabt habe. Er persönlich habe sich “den heutigen Tag nicht gewünscht”, sagte Häupl. Seine Ziel sei es gewesen, die inhaltliche Diskussion vor der personellen zu führen. Er sei Faymann für “seine fast acht Jahre als Bundesparteivorsitzender und Bundeskanzler” sehr dankbar.
Eine Warnung sprach der Wiener Bürgermeister in Richtung ÖVP aus: “Es ist nicht auszuschließen, dass die ÖVP die Situation der SPÖ ausnutzt”, so Häupl, und in Neuwahlen gehe. “Ich kann davon nur abraten”, so der interimistische SPÖ-Chef. Seine Partei sei jedenfalls vorbereitet: “Wir bereiten uns auch auf solch eine Szenario vor.”
(apa/red)