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Milosevic in Belgrad aufgebahrt

Der Leichnam des früheren serbischen und jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic ist am Donnerstag im Belgrader Revolutionsmuseum aufgebahrt worden.

Zahlreiche Anhänger des einstigen Staatschefs, vor allem ältere Menschen, reihten sich in eine Warteschlange ein, um am geschlossenen Sarg vorbei zu defilieren. Der am vergangenen Samstag in Den Haag verstorbene Milosevic soll am Samstag in seiner Heimatstadt Pozarevac südöstlich von Belgrad beigesetzt werden.

Viele Menschen hatten Tränen in den Augen oder schluchzten leise, als sie den Sarg sahen, der in die jugoslawische Flagge gehüllt war. Davor stand ein großes Foto des Toten. Viele Trauernde hatten rote Rosen in der Hand – das Symbol von Milosevic’ Sozialistischer Partei Serbiens (SPS). Die Sympathiebekundungen für den Ex-Präsidenten, der vor dem Haager UNO-Tribunal als Kriegsverbrecher angeklagt war, legten Beobachtern zufolge eine Spaltung der serbischen Gesellschaft offen, was den Umgang mit Milosevic betrifft. „Serbien ist untröstlich, denn es gibt keinen größeren Patrioten als ihn, keinen, der das Land mehr verteidigt hat“, sagte der in der Schlange wartende 72-Jährige Pensionist Milovan Majic.

Die Regierung hatte ein Staatsbegräbnis oder eine Aufbahrung im Parlament abgelehnt. So wich die Sozialistische Partei, deren Vorsitzender Milosevic bis zu seinem Tod war, auf das Revolutionsmuseum im Stadtteil Dedinje aus. Dieses liegt nur wenige Straßen von der früheren Milosevic-Residenz entfernt, auch das Grab des früheren Staatschef Josip Broz Tito befindet sich in der Nähe. Diesem war das inzwischen renovierungsbedürftige Museum einst gewidmet. Die Geschäftsführungen mehrerer Belgrader Sporthallen und des Kongresszentrums „Sava“ hatten es abgelehnt, den Sozialisten Räumlichkeiten zur Aufbahrung von Milosevic vermieten. Die Sozialisten wollen auch eine Kundgebung vor dem Parlament Serbien-Montenegros abhalten, um ihrem verstorbenen Parteichef die Ehre zu erweisen.

Die Stadtverwaltung von Pozarevac genehmigte indes die Beerdigung von Milosevic im Garten seiner Familienvilla im Stadtzentrum. Der Sitzung wohnten am Donnerstag nur Gemeinderäte der regierenden Koalition der SPS von Milosevic, der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS) und der Bewegung Kraft Serbiens (PSS) des Geschäftsmanns Bogoljub Karic bei. Der Samstag wurde zum Trauertag in der Gemeinde erklärt. Die Opposition in Pozarevac ließ bereits wissen, dass sie diesen nicht zu beachten gedenke.

Unklar blieb am Donnerstag weiter, ob Milosevics Witwe Mirjana Markovic zum Begräbnis kommen wird. Aus der SPS verlautete, sie werde voraussichtlich am Freitag aus ihrem Moskauer Exil anreisen. In russischen Quellen wurde dies bestritten. Ein serbisches Gericht hatte am Dienstag zwar den Haftbefehl gegen die wegen Machtmissbrauchs gesuchte Markovic ausgesetzt, jedoch erklärt, bei der Einreise werde ihr Pass eingezogen.

Russische Agenturen meldeten ferner, Milosevics Bruder Borislav werde nicht an der Beisetzung teilnehmen, weil er sich derzeit in Moskau von einer Herzoperation erhole. Russland wird keine offizielle Delegation schicken, aber mit mehreren Abgeordneten vertreten sein, darunter der Chef der Kommunistischen Partei Russlands, Gennadi Sjuganow. Auch ein Abgeordneter der Partei des russischen Präsidenten Wladimir Putin werde nach Serbien reisen, teile Duma-Präsident Boris Grislow mit.

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