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Michael Ludwig: Spitzenkandidat der SPÖ im Porträt

Michael Ludwig ist der Spitzenkandidat der SPÖ bei der Wien-Wahl 2020
Michael Ludwig ist der Spitzenkandidat der SPÖ bei der Wien-Wahl 2020 ©APA/ROBERT JAEGER
Der frühere Wiener Wohnbaustadtrat und jetzige Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (59) tritt bei der Wien-Wahl als Spitzenkandidat der SPÖ an.
Ludwig wünscht sich fairen Wahlkampf
Die Wien-Wahl-Spitzenkandidaten im Kurzporträt

Eine Partei, die seinen Namen trägt: Die Traditionspartei SPÖ tritt bei der Wien-Wahl am 11. Oktober unter der etwas sperrigen Bezeichnung "SPÖ - Bürgermeister Dr. Michael Ludwig" an. Der Stadtchef ist Spitzenkandidat und Vorsitzender der Wiener SPÖ. Er folgte 2018 auf Langzeit-Bürgermeister Michael Häupl.

Michael Ludwig: Neuer Chef-Roter stellt sich erstmals einer Wahl

Ludwig muss somit nun seine erste Landtagswahl schlagen. Um sein Amt muss er nicht fürchten.

Dass Michael Ludwig ganz oben auf der kommunalen Karriereleiter steht, hat vor allem mit der Entscheidung der Delegierten am SPÖ-Sonderparteitag 2018 zu tun. Der damalige Wohnbaustadtrat wurde zum Häupl-Nachfolger gekürt. Er konnte sich relativ klar gegen seinen Kontrahenten Andreas Schieder durchsetzen. Ambitionen auf den Chefposten waren ihm schon länger nachgesagt worden. Und er war auch der erste, der seine Kandidatur öffentlich kundtat.

Politischer Werdegang

In die Stadtregierung kam er im Jänner 2007. Der am 3. April 1961 geborene Wiener übernahm damals den Stadtratsposten für Wohnen und Stadterneuerung vom späteren Kanzler Werner Faymann, der als Infrastrukturminister in den Bund ging. Im März 2009 stieg er zudem zum Vizebürgermeister auf. Die Freude darüber währte jedoch nicht lange: Ludwig musste den Titel bei der Erstauflage von Rot-Grün im Jahr 2010 an Neo-Stadträtin Maria Vassilakou (Grüne) abtreten.

Der stets freundlich und konziliant wirkende Ressortchef propagierte Smart-Wohnungen - die kleiner und anders aufgeteilt sind als "normale" Wohnungen - und setzte unter anderem auf Law-and-Order: Die Hausordnung wurde in den städtischen Wohneinheiten flächendeckend affichiert. 2015 wurde auch der Zugang zum städtisch subventionierten Wohnbau von ihm verschärft. Seither gilt: Je länger man in Wien hauptgemeldet ist, desto weiter rückt man auf der Warteliste nach vorne.

Kritik: Michael Ludwig galt als eher rechts innerhalb der SPÖ

Diese Regelung war ein weiterer Mosaikstein in jenem Ludwig-Bild, das Kritiker - auch aus der eigenen Partei - gerne verbreiteten. Welches da lautet: Der Stadtrat wolle, so sagen sie, jenes Klientel bedienen, das sich auch für Parolen der FPÖ erwärmen könne. Dementsprechend galt er zumindest lange Zeit als Proponent des eher rechten Flügels in der Partei.

Dass die Gesprächsbasis mit den Blauen gut war, zeigte sich auch an der großen Zustimmung bei der Stadtrats-Wahl nach dem Urnengang 2015. Er erhielt bei der konstituierenden Sitzung des Gemeinderats deutlich mehr als alle anderen Ressortchefs. Konkret waren es 81 von 98 gültigen Stimmen. Ludwig wurde also auch von FPÖ-Mandataren unterstützt. Die Zuneigung, so sie jemals bestanden hat, ist aber längst Geschichte: Die türkis-blaue Koalition im Bund mutierte zum Lieblingsfeind der Stadtregierung, beide Seiten schenkten sich wenig. Zudem hat Ludwig eine Regierungszusammenarbeit mit den Freiheitlichen wiederholt ausgeschlossen.

Gegenspieler und Nachfolger Michael Häupls

In Porträts des Ressortchefs, der auch Bezirksparteiobmann in Floridsdorf ist, fehlt ein Begriff quasi nie: Flächenbezirke. Dort, so heißt es, sitzen seine wichtigsten Unterstützer. Beim Auseinanderdriften der Lager in der Wiener SPÖ galt Ludwig als Schlüsselfigur. Er mutierte zum Gegenspieler und Kontrahenten von Bürgermeister Häupl, ohne diesen je direkt zum Abdanken aufzufordern. Dafür waren andere zuständig: Der ehemalige Wiener SPÖ-Landesparteisekretär und nunmehrige SP-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch - ein enger Vertrauter nicht nur von Ludwig, sondern auch von Ex-Kanzler Faymann - war einer der ersten, der Häupl nahelegte, doch beizeiten seine Nachfolge zu regeln.

Vor seinem Stadtratsamt setzte Ludwig seine Schwerpunkte vorrangig im Kulturbereich, wobei seine politische Laufbahn relativ spät begann. 1994 wurde er zum Bezirksrat in Floridsdorf gewählt, 1996 zog er in den Bundesrat ein, wo er drei Jahre blieb. Im Gemeinderat übernahm Ludwig den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden des Kulturausschusses.

Karrierestationen des SPÖ-Soitzenkandidaten

Für diese Aufgabe hatte er in seinem Hauptberuf Erfahrung sammeln können. Der studierte Politologe und Historiker ist Vorsitzender des Verbandes Wiener Volksbildung und damit Chef der traditionsreichen Volkshochschulen im Roten Wien. Ludwig war als Kurs- und Projektleiter in der Erwachsenenbildung tätig, bevor er 1986 zum pädagogischen Leiter einer Volkshochschule avancierte. Daneben war er von 1991 bis 2007 Landesstellenleiter in der politischen Akademie der SPÖ, dem Dr. Karl-Renner-Institut.

Nach seiner Kür zum Parteichef setzte er noch vor seiner Wahl zum Bürgermeister im Mai 2018 Akzente: Aufsehen erregte die Einführung eines Alkoholverbots am Praterstern. Die Verbannung der Trinker-Szene am "Stern" sorgte für einige Debatten und für Kritik von den Grünen. Aber auch ein Teil der eigenen Genossen fühlte sich ordentlich überrumpelt.

Wenig Gegenwind für Michael Ludwig

Inzwischen haben sich die Wogen aber geglättet. Sein großteils neues Stadtregierungs-Team wurde auch in der Partei mit Wohlwollen aufgenommen. Kritik am Chef ist so gut wie nicht zu vernehmen. Wobei Ausnahmen die Regel bestätigen: Als Ludwig im Herbst 2018 der damals designierten Bundesparteichefin der SPÖ, Pamela Rendi-Wagner, nahelegte, zum Parteivorsitz nicht auch noch den Klubsitz zu übernehmen, da dies eine "starke persönliche Belastung" darstelle, war er mit teils erbosten Reaktionen konfrontiert.

Michael Ludwig ist relativ rasch aus dem Schatten seines Vorgänger getreten - auch weil dieser sich mit Kommentaren zur Tagespolitik zurückhält. Dass der neue Mann an der Spitze trotzdem gelegentlich als "Bürgermeister Michael Häupl" begrüßt wird, liegt wohl auch am gemeinsamen Vornamen.

Corona-Krisen-Positionen des Wiener Bürgermeisters

Zurückhaltung übte zuletzt auch Ludwig, nämlich als es um die rot-weiß-roten Coronamaßnahmen ging, die er mittrage, wie er stets betont. Erst als die Bundesgärten während des Lockdowns ihre Pforten schlossen, wurde die Strategie geändert. Ludwig zeigte sich erbost und urgierte, die Tore doch umgehend wieder zu öffnen. Dass ausgerechnet Grünen-Chefin Birgit Hebein dann das Wiederaufsperren in einer gemeinsamen Aussendung mit Bundesministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) verkündete, sorgte nicht unbedingt für einen Harmonieschub in der Rathauskoalition.

Es folgte eine Art Normalisierung im politischen Betrieb. Der Bund nahm die Hauptstadt wegen Ludwigs Gastro-Gutscheinen und zumindest vorübergehend wegen der Infektionszahlen ins Visier, die SPÖ wiederum äußerte Unmut über grüne Verkehrsmaßnahmen wie temporäre Begegnungszonen oder das geplante Fahrverbot in der Innenstadt.

Laut Umfragen Zugewinn für Ludwig zu erwarten

Große Sorgen muss sich der neue Bürgermeister nicht machen, dass er sein Amt schon bald wieder los ist. Denn laut den aktuellen Umfragen ist ein - wenn auch moderater - Zugewinn wahrscheinlich. Freudvolle Erlebnisse hatte Ludwig im Rathaus aber auch bereits zuletzt: Vor zwei Jahren heiratete er im Roten Salon des Rathauses seine langjährige Lebensgefährtin Irmtraud Rossgatterer.

Als politisches Vorbild nennt er Bruno Kreisky, musikalisch ist er Fan vom Ostbahn-Kurti und den Wiener Symphonikern. Auch beim Lieblingsgetränk zeigt er sich lokalpatriotisch: Wiener Wasser.

Persönlicher Steckbrief von Michael Ludwig

Persönlicher Steckbrief von Bürgermeister Michael Ludwig, der am 11. Oktober zum ersten Mal für die SPÖ als Spitzenkandidat für die Wien-Wahl antritt:

  • Name: Michael Ludwig
  • Geburtsdatum: 3. April 1961 (59 Jahre)
  • Wohnbezirk: Floridsdorf
  • Familienstand: verheiratet
  • Erlernter Beruf: Abgeschlossenes Doktoratsstudium der Politikwissenschaft und Geschichte an der Universität Wien. Beruflich sodann in der Erwachsenenbildung als Kurs- und Projektleiter sowie als Pädagogischer Leiter der Volkshochschule Wien Nord tätig.
  • Initialzündung für politisches Engagement: Ungerechte Lebensumstände
  • Hobbys: Lesen, Kunst und Kultur, Laufen
  • Lieblingsgetränk: Wiener Wasser
  • Lieblingsbuch/ -autorIn: Friederike Mayröcker, Franz Schuh, Dietmar Grieser, Hugo Portisch
  • Lieblingsband/ -musikerIn: Ostbahn Kurti, Wiener Symphoniker
  • Lieblingsfilm/ -serie: Der dritte Mann
  • Meine beste Eigenschaft: Mein Gespür für Menschen
  • Meine schlechteste Angewohnheit: Meine Schwäche für Schokolade
  • Größter Erfolg: Der intensive Ausbau der Wiener Volkshochschulen
  • Größter Misserfolg: Der zu geringe Ausbau der Wiener Volkshochschulen
  • Ein prägender Moment im "Lockdown": Die leeren Straßen in Wien
  • Wien in 3 Worten: einzigartig, l(i)ebenswert, leiwand
  • Lieblingsausdruck auf Wienerisch: Drahdiwaberl als Begriff für Ringelspiel
  • Politischer Werdegang: "Ich habe zu Beginn der 1980er Jahre begonnen, mich politisch zu engagieren. Damals habe ich in einer kleinen Sektion in Floridsdorf mitgearbeitet. Später dann war ich als Bezirksrat tätig. Ich war als Bundesrat und im Wiener Gemeinderat aktiv. Von 2007 bis 2018 war ich Wohnbaustadtrat und in den Jahren 2009 und 2010 auch Wiener Vizebürgermeister. Seit 2018 bin ich Wiener Landeshauptmann und Bürgermeister der Stadt Wien."
  • Ab 1981 u.a. als Bildungsreferent
  • Ab 1991 Bildungssekretär der SPÖ Wien und Landesstellenleiter der Renner-Institutes
  • 1994-1995 Bezirksrat in Floridsdorf
  • 1996-1999 Mitglied des Bundesrats
  • 1999-2007 Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Gemeinderats
  • 2007-2018 Amtsführender Stadtrat für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung
  • Vizebürgermeister und Landeshauptmann-Stellvertreter von Wien (2009-2010)
  • Seit 2018 Wiener Landeshauptmann und Bürgermeister der Stadt Wien
  • Vorsitzender der SPÖ Wien
  • Mitglied des Bundesparteivorstandes der SPÖ

(APA/Red)

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