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MedUni Wien: Ärzte-Protest auf der Straße gegen Nachtdienst-Kürzungen

Teilnehmer an der Betriebsversammlung der AKH-Ärzte vor der MedUni Wien
Teilnehmer an der Betriebsversammlung der AKH-Ärzte vor der MedUni Wien ©APA
In Wien ziehen am Dienstag die Mediziner auf die Straße. Ab dem Morgen versammelten sich mehrere hundert Ärzte der Wiener Universitätskliniken vor dem Eingang zum Rektorats-Gebäudekomplex, um gegen die von Rektor Wolfgang Schütz mit Anfang des Jahres verordneten Journal-Nachtdienstreduktionen zu demonstrieren.
Ärzte planen Straßenprotest
Wirbel um Kürzungen
Ärzte-Protest in Wien

Die Patientenversorgung werde schlechter, die restlichen Ärzte im Nachtdienst seien überlastet, hieß es.

Protest gegen Streichung von Nachtdiensten

“Personalabbau heißt Medizinabbau”, lautete der Slogan der “Betriebsversammlung” der Ärzte der MedUni Wien, die in der Spitalgasse in unmittelbarer Nähe zum Zugang zum Gebäudekomplex des Rektorates stattfand. Das Rektorat hat mit Anfang des Jahres elf Journal-Nachtdienste gestrichen, weitere sollen offenbar folgen. Der Betriebsobmann des wissenschaftlichen Personals der MedUni Wien, Thomas Perkmann: “Das AKH ist bisher nicht zusammengebrochen, weil das Personal alle Kürzungen aufgefangen hat. Wir glauben aber, dass wir jetzt an eine Grenze gestoßen sind. Die Belastung für die Ärzte hat ein nicht mehr tragbares Ausmaß erreicht.” Man sei zu Gesprächen bereit, Personalreduktionen würden aber auch Leistungsreduktionen für die Patienten der Wiener Universitätskliniken bedeuten.

Demonstration in Wien-Alsergrund

Die Versammlung fand bei widrigen Wetterumständen in Wien-Alsergrund auf offener Straße statt, weil laut den Organisatoren das AKH die Aula im Eingangsbereich nicht zur Verfügung stellte und im Hörsaalzentrum kein geeigneter Platz zu diesem Zeitpunkt vorhanden war. Trotzdem versammelten sich zahlreiche Ärzte, um ihren Unmut zu äußern. Eine Teilnehmerin von einer der Universitätskliniken für Innere Medizin: “Es geht nicht mehr. Wir schauen nur noch in den Computer. Wir haben keine Zeit für die Patienten – und für die Ausbildung der jungen Kollegen schon gar nicht mehr.”

Ärztekammer unterstützt den Ärzte-Protest

Der Protest der Ärzte der MedUni Wien findet seit seinem Beginn die volle Unterstützung der Wiener Ärztekammer. Präsident Thomas Szekeres: “Wir gehen nicht gern auf die Straße. Aber es gibt keine andere Möglichkeit.” Rektor Schütz habe einfach elf Journal-Nachtdienste ohne entsprechende Planung gestrichen. Das treffe Ärzte und Patienten: “Es fehlen die Ärzte für wichtige Leistungen in der Nacht. Für Schmerzpatienten, für die Versorgung psychiatrischer Patienten, für die Versorgung gebärender Frauen. Dafür müssen die übrig gebliebenen Ärzte in der Nacht die doppelte Arbeit verrichten. Wir unterstützen selbstverständlich den Protest der Ärzte der MedUni Wien.” Diese habe bei einseitigen Einsparbestrebungen andererseits Geld für Neubauten (Vorklinik-Gebäude), für Hunderte Beschäftigte in der Verwaltung und für ein Millionenbudget aufseiten des Rektorats.

Krisenhaus statt Krankenhaus?

Die Journal-Nachtdienstkürzungen – vor rund zwei Jahren war der Wiener MedUni-Rektor Wolfgang Schütz bereits einmal mit solchen Plänen gescheitert – haben laut Angaben der am Dienstag in unmittelbarer Nähe des Rektorats demonstrierenden Ärzte bereits zu einer Verschlechterung der Situation der Patienten geführt. Schmerzspezialisten in der Nacht gestrichen.

Der Leiter der entsprechenden Abteilung, Hans Georg Kress: “Dieser Dienst, der in der Nacht Schmerzpatienten auf der orthopädischen Universitätsklinik, auf der Onkologie, auf den Internen Abteilungen und den anderen Kliniken akut versorgt hat, wurde hier am AKH 1993 als erster derartiger Dienst in einem Krankenhaus in Österreich eingeführt. Und jetzt wird er gestrichen.” Der jetzt allein dafür übrig bleibende Oberarzt könne einfach nicht mehr alle notwendigen Aufgaben in der Nacht in der Klinik mit 2.200 Betten erfüllen.

Auch der Kurienobmann der angestellten Ärzte in der Wiener Ärztekammer, Hermann Leitner, unterstützte vehement die Anliegen der Ärzte der MedUni Wien: “Das Allgemeine Krankenhaus darf kein ‘Allgemeines Krisenhaus’ werden.” Es sei Aufgabe der Wiener Gesundheitspolitik, für die entsprechende Betreuung der Patienten zu sorgen. Man könne etwaige Probleme nicht einfach den Ärzten aufbürden und die Kranken schlechter stellen.

Vorgeschichte des Konflikts an der MedUni

Der Konflikt an der MedUni Wien hat bereits eine längere Vorgeschichte. Zunächst gab es Mitte Oktober vergangenen Jahres heftige Proteste wegen der Auswirkungen der zwischen dem Betriebsrat des wissenschaftlichen Personals und der MedUni Wien in Person von Rektor Wolfgang Schütz abgeschlossenen Betriebsvereinbarung. Die Ärzte im Journal-Nachtdienst gehen seither nach 25 Stunden aus dem patientenbezogenen Dienst und sollen sich im Nachtdienst eventuell noch der Forschung etc. widmen. Das Ergebnis: Es fehlten jeden Vormittag 173 Ärzte für den Routinebetrieb mit den Ambulanzen.

Die nächste Stufe der Auseinandersetzungen: Nach einem vor zwei Jahren nicht gelungenem Versuch, 24 dieser Journal-Nachtdienste zu streichen, startete der Rektor mit Anfang des Jahres einen neuerlichen Anlauf: Entfall von elf Nachtdiensten, dafür das Versprechen der Aufnahme von 22 Ärzten zusätzlich.

Hoffen auf weitere Gespräche

Laut dem Betriebsobmann des wissenschaftlichen Personals der MedUni Wien, Thomas Perkmann, gab es noch am Montag ein Gespräch mit Rektor Schütz und dem Vorsitzenden der Exekutivkommission der Primarärzte, Christoph Zielinski. Dabei sei erklärt worden, dass man die Auswirkungen der Journal-Nachtdienststreichungen sachlich überprüfen werde. Dies sollte auch getan werden, zeige aber, mit wie wenig Planung das Rektorat der MedUni Wien vorgehe. Im Rahmen der Betriebsversammlung am Dienstag wurde auch eine Protestresolution mit den Forderungen der Ärzteschaft der Universität präsentiert und verabschiedet.

(apa/red)

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