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Medizin-Aufnahmetest: Großer Abstand österreichischer Frauen

Noch keine Erklärungen hat man über die Gründe der geringen Frauen-Erfolgsquote beim diesjährigen Eignungstest für das Medizin-Studium (EMS) in Wien und Innsbruck.

Der Blick auf das Testergebnis zeigt aber die deutlichen Differenzen zwischen Frauen und Männern sowie Österreichern und Deutschen. So ist der Unterschied zwischen österreichischen Männern und Frauen mit 4,9 Punkten doppelt so groß wie zwischen deutschen Männern und Frauen mit 2,5 Punkten. Der Abstand zwischen österreichischen Frauen und deutschen Männern beträgt sogar acht Punkte.

Österreichische Bewerber haben im Mittel 98,6 Punkte erreicht, deutsche 103,1 Punkte. Deutsche Frauen erzielten im Mittel 102,0 Punkte, die Männer 104,5 Punkte. Österreicherinnen schnitten im Schnitt mit 96,5 Punkten ab, Österreicher mit 101,4 Punkte. Nach Angaben des Vizerektors der Medizin-Universität Wien (MUW), Rudolf Mallinger, ist ein Unterschied von bis zu rund zwei Punkten statistisch nicht relevant. Das heißt, dass sich das Ergebnis der deutschen Männer und Frauen mit einem Unterschied von 2,5 Punkten praktisch nicht unterscheidet, jenes von österreichischen Männern und Frauen mit 4,9 Punkten sehr wohl.

Noch schlechter als die Österreicher haben übrigens die Südtiroler abgeschnitten. Sie erreichten im Mittel 96,5 Punkte (Österreich: 98,6 Punkte, Deutsche: 103,1 Punkte). Die Südtiroler Männer erzielten durchschnittlich 100,1 Punkte, die Südtiroler Frauen 94,8 Punkte. Die Ergebnisse der Bewerber anderer Nationen sind laut Mallinger auf Grund der geringen Teilnehmerzahlen nicht aussagekräftig.

Für jene Frauen, die den Aufnahmetest geschafft haben, wartet eine weitere Hürde: Am Ende des ersten Studienjahrs gibt es eine große Prüfung, die „Summativ integrierte Prüfung“ (SIP). Laut Mallinger haben auch bei dieser in den vergangenen Jahren Frauen schlechter abgeschnitten als Männer, Zahlen dazu gebe es aber nicht. Dagegen seien bei den weiteren großen Prüfungen im Medizin-Studium keine Geschlechtsunterschiede festzustellen.

Der Ergebnis der weiblichen EMS-Teilnehmer war wie schon im Vorjahr „signifikant schlechter“ als jenes der Männer. Das wirkt sich in einer dramatischen Verschiebung des Geschlechter-Verhältnisses aus: In Wien traten 56,6 Prozent Frauen zum EMS an, einen Studienplatz ergatterten allerdings nur 41,5 Prozent. In Innsbruck waren 56,7 Prozent der Kandidaten Frauen, 48,8 Prozent erhalten einen Studienplatz. Von der Medizin-Uni Graz gibt es noch kein Ergebnis des dort durchgeführten Aufnahmetests.

Die Bildungspsychologin Christiane Spiel von der Universität Wien, die im Auftrag des Wissenschaftsministerium eine Studie über die Chancengleichheit des EMS bezüglich Geschlecht, sozialer Herkunft, Schultyp und Nationalität erstellt, hat noch keinerlei Ergebnisse. Begleitend zum EMS wurde dafür ein Fragebogen ausgegeben, die Ergebnisse sollen bis Ende Oktober vorliegen.


Auch in Graz deutlicher Frauen-Rückgang

Auch bei dem an der Medizin-Universität Graz (MUG) durchgeführten Aufnahmetest für das Medizin-Studium hatten Frauen das Nachsehen. Die MUG gab am Donnerstag auf Anfrage der APA das vorläufige Ergebnis des Tests bekannt, der sich von dem an den Medizin-Unis Wien und Innsbruck durchgeführten Aufnahmeverfahren unterschied. Demnach waren von den 639 Bewerbern, die zu dem Test angetreten sind, 58,4 Prozent Frauen, tatsächlich einen Studienplatz erhalten allerdings nur 48,5 Prozent Frauen.

Zum Test in Graz angetreten waren deutlich weniger Männer (41,6 Prozent) als Frauen. Im Vergleich dazu habe es deutlich mehr Männer (51,5 Prozent) geschafft, einen der 300 Studienplätze zu ergattern.

Während die Medizin-Unis in Wien und Innsbruck für das Aufnahmeverfahren auf den ganztägigen „Eignungstest für das Medizinstudium“ (EMS) setzten, mussten in Graz die Studienwerber einen dreistündigen Multiple-Choice-Test absolvieren, bei dem das schulische Wissen in den medizinischen Grundlagenfächern Biologie, Physik, Mathematik und Chemie abgefragt wurde.

Für den Vize-Rektor der Medizinischen Universität Wien, Rudolf Mallinger, ist die Tatsache, dass mit einem komplett anderen Verfahren ein ähnliches Ergebnis erzielt wurde, ein „starkes Indiz“ dafür, dass nicht der EMS die Ursache der schlechten Frauen-Erfolgsquote ist. Das sei ihm aber schon nach den diesjährigen EMS-Ergebnissen auf Grund der starken Unterschiede in der Erfolgsquote – im Unterschied zu den Österreichern erreichten bei den Deutschen Männer und Frauen ein ausgeglichenes Ergebnis – klar gewesen. „Weder die Deutschen, noch die Schweizer, noch wir hätten nie ein solches Verfahren gewählt, wenn ein Verdacht in diese Richtung bestanden hätte“, sagte Mallinger zur APA.

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