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Masse versus Individuum

Ab Dienstag wird im Rahmen des Bregenzer Frühling die neue Produktion des Aktionstheater Ensemble im Freudenhaus in Bregenz gezeigt. „Schlachtfest“ ist ihr Titel.

Es sind ganz reale und aktuelle gesellschaftliche Phänomene und Diskussionen, die den Regisseur Martin Gruber, Dramaturg Martin Ojster und in der Folge den Autor Andreas Staudinger zu „Schlachtfest“ bewogen haben. Gruber: „Es geht um die Angst der Menschen vor einer ÁTürkenbelagerungÑ im Zuge der Diskussion über einen EU-Beitritt der Türkei.“

Wobei Vorarlberg mit einem 10-prozentigen AusländerInnenanteil da noch eine ganz spezielle Rolle spiele. Gruber hat für die neue Produktion ein multikulturelles Ensemble um sich geschart: Da ist die vor einem Jahr von Yener Polat gegründete türkische Vorarlberger Theatergruppe „Motif“ mit fast zwanzig AkteurInnen mit dabei, da spielt der Musikverein Fluh, da agieren SchauspielerInnen.

Ganz im Trend liegend bezeichnet Gruber „Schlachtfest“ als „Jubiläumsbeitrag“ zu den überbordenden Feiern der Republik. Dass er eher der anderen Art sein wird, kann man voraussetzen.

Inhaltlich geht es um türkische KellnerInnen, die in einem absurd-bösen Wettbewerb um ein „Leiberl in der österreichischen Gastronomie-Nationalmannschaft kämpfen“. Da gibt es einen Gourmet, der „seinen Faschismus über Rezepte auslebt“, so Gruber, „seine Xenophobie subtil über das Lob der vielfältigen österreichischen Küche und seine Kritik am globalen Einheitsfraߓ zum Ausdruck bringt. Hier werden über die „Küche Grenzen abgesteckt“ – man vergleiche die Paradeiser-Tomaten-Diskussion – „ein Heimatbezug geschaffen, wenn man sich selber nicht defi nieren kann“.

Definition

Prinzipiell geht es Gruber um die Frage, wie weit man sich selbst über das vermeintlich Fremde defi niert bzw. eine Gegenüberstellung von Masse und Individuum. Denn die große Gefahr bestehe in der Annahme einer Masse, die stets mit tradierten Bildern und Vorstellungen verbunden sei. „Kunst ist die Möglichkeit, sich von einer Simplifi zierung zu befreien“, beschreibt der Regisseur sein Verständnis seiner Arbeit.

Lob für AmateurInnen

Großes Lob gibt es von Martin Gruber für die beteiligten AmateurInnen: „Die türkische Gruppe war sofort dabei und arbeitet mit großem Enthusiasmus an dem Ganzen. Diese Arbeit mit so genannten Laien kann völlig neue, äußerst positive Sichtweisen bieten.“ Begeistert ist er auch vom Musikverein Fluh: „Blasmusik ist inhaltlich besetzt. Aber ich sehe, mit welcher Liebe und Freude hier Musik gemacht wird und das hat natürlich auch etwas mit meiner Kultur zu tun, ob ich will oder nicht.“

Gruber versteht seine Arbeit immer als Prozess, in den auch das Publikum involviert wird. Ab Dienstag kann man dann weiterschauen, was in und mit „Schlachtfest“ passiert.

Uraufführung „Schlachtfest“. Idee/Regie: Martin Gruber, Text: Andreas Staudinger. Dienstag, 24. Mai, 20.30 Uhr, Freudenhaus, Seepromenade Bregenz. Weitere Aufführungen im Freudenhaus 25. und 31. Mai sowie 1. Juni, jeweils 20.30 Uhr.

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