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Ludwigs FPÖ-Attacke

Wiens Bürgermeister und SPÖ-Chef bezeichnet Freiheitliche als Rechtsextreme.
Wiens Bürgermeister und SPÖ-Chef bezeichnet Freiheitliche als Rechtsextreme. ©APA/Herbert Neubauer
Gastkommentar von Johannes Huber. Wiens Bürgermeister und SPÖ-Chef bezeichnet Freiheitliche als Rechtsextreme. Das sagt sehr viel über den Notstand seiner Partei aus.

Zum Verhältnis der SPÖ zu den Freiheitlichen könnte man ein Buch voller Widersprüche schreiben. Zunächst war Ausgrenzungspolitik, die vom Boden- bis zum Neusiedlersee praktiziert wurde. Dann kam Schwarz-Blau im Burgenland. Aus Wien hagelte es zwar Proteste, selbst gingen Sozialdemokraten aber auch dort unter Michael Ludwig (SPÖ) zu einem gemischten Doppel über: Einerseits wollen sie weiterhin nichts von einer Koalition mit den Freiheitlichen wissen, andererseits nehmen sie jedoch Anleihe bei diesen. Siehe Alkoholverbot auf Hotspots wie dem Praterstern. Oder „Wiener zuerst“-Kurs bei Stellen-, Auftrags- und Wohnungsvergaben. Das Ziel war klar: Weitere Wähler sollten davon abgehalten werden, zur FPÖ überzulaufen und andere, die das in der Vergangenheit getan haben, zur SPÖ zurückgeholt werden; genau ihnen sollte vermittelt werden, dass die SPÖ jetzt eh auch verstanden hat, was getan werden muss.

Umso bemerkenswerter ist die FPÖ-Attacke, die Michael Ludwig höchstpersönlich auf dem Bundesparteirat der SPÖ vor einer Woche ritt: „Das sind nicht Rechtspopulisten, das sind Rechtsextreme“, sagte er. Tatsächlich? Gut möglich, dass Ludwig sehr gerne eine Debatte darüber hätte. Zunächst aber müsste er selbst näher ausführen, wie er das meint. Der Vorfall in Salzburg, der in einem Zusammenhang damit gestanden ist, kann es wohl nicht gewesen sein: Ein FPÖ-Funktionär hatte dort unter anderem aus Wut über die Absetzung Herbert Kickls als Innenminister in die Luft geschossen. Das war heftig, reicht aber nicht, um Freiheitliche als Rechtsextreme bezeichnen zu können. Dazu wäre schon viel mehr nötig. Allein: Erklärungen dazu ist Ludwig bisher schuldig geblieben.

Kein Wunder: In Wirklichkeit geht es dem Bürgermeister nämlich um etwas ganz anderes. Und das zeigt wiederum, wie schlecht es der SPÖ geht, der er angehört. Konkret: Aus heutiger Sicht ist das Rennen um Platz zwei hinter der ÖVP bei der Nationalratswahl im September offen. Ja, es ist möglich, dass dieser Platz von der FPÖ eingenommen wird und die SPÖ auf Platz drei zurückfällt. Das wäre ein Drama für sie; vor gar nicht allzu langer Zeit ist sie noch vorne gelegen.

Vor diesem Hintergrund setzt Michael Ludwig alles auf eine Karte: Indem er Freiheitliche in die Extremistenecke stellt, beschränkt er sich ganz darauf, noch mehr SPÖ-Wähler davor zu warnen, zu ihnen abzuwandern. Botschaft: „Achtung, Achtung, das sind Rechtsextreme!“ Das ist das eine. Das andere: Zugleich gibt Ludwig damit aber auch den Versuch auf, um FPÖ-Wähler zu buhlen. Ja, er nimmt vielmehr Reaktionen in Kauf, wie sie zum Beispiel auch von Heinz-Christian Strache in dessen riesengroßer Facebook-Community verbreitet werden; und zwar genüsslich: Ludwig beschimpfe und diffamiere demnach die 1,3 Millionen Wähler, auf die die FPÖ bei der Nationalratswahl 2017 gekommen ist. Soll heißen: Sie werden von ihm nicht mehr umworben, sondern ganz und gar abgelehnt.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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