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Ludwig ruiniert seinen Ruf

Gastkommentar von Johannes Huber.
Gastkommentar von Johannes Huber. ©APA/ROBERT JAEGER (Symbolbild)
Gastkommentar von Johannes Huber. Der Wiener Bürgermeister spielt nicht mit offenen Karten gegen Doskozil. Das zeigt, dass es eher „nur“ um persönliche Animositäten geht – und ist jämmerlich.

„Das Ergebnis der Mitgliederbefragung ist selbstverständlich zu respektieren“, twitterte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig am Montagabend als Sozialdemokrat, nachdem bekannt geworden war, dass der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil im Rennen um den Parteivorsitz eine knappe, relative Mehrheit erzielt hatte. Der Verlierer schien sich mit seiner Niederlage abzufinden.

Bald war jedoch klar, dass er seinen Kampf gegen Doskozil fortsetzt. Ein Kampf, durch den er sich letzten Endes vor allem auch selbst beschädigt. Es lässt tief blicken, dass er, der von der Papierform her der mächtigste Sozialdemokrat ist und daher auch in der Verantwortung stehen würde, bis heute nicht klargestellt hat, wie er sich eine notwendige Neuausrichtung der Partei vorstellt. Er hat sich damit begnügt, an Pamela Rendi-Wagner an der Spitze festzuhalten, damit dieser Platz besetzt ist und nicht durch den Burgenländer eingenommen werden kann. Der Zustand der SPÖ ist daher zu einem guten Teil auch seine Schuld.

Einen Mitgliederentscheid über den Vorsitz, wie ihn Doskozil ursprünglich gefordert hatte, verhinderte er mit Leuten wie Christian Deutsch (Bundesgeschäftsführer). Es sollte lediglich ein unverbindliches Stimmungsbild erhoben und dem Parteitag das letzte Wort überlassen werden. Jetzt, da sich Doskozil bei der Befragung durchgesetzt hat und mit bessren Chancen in den Parteitag geht, hat es sich Ludwig anders überlegt. In der Nacht auf Dienstag änderte er seine Meinung und forderte nun doch einen Mitgliederentscheid; er ging wohl davon aus, dass Doskozil hier gegen seinen Mitbewerber Andreas Babler verlieren würde.

Wie jämmerlich: Warum sagt der Bürgermeister nicht, was er will? Warum erklärt er nicht hart, aber aufrichtig, warum er Doskozil ablehnt? Es würde gute Gründe dafür geben. Andererseits: Was unterscheidet den Burgenländer in der Asylfrage, über die er gerne als Rechter definiert wird, zum Beispiel von Altkanzler Werner Faymann, dem einstigen Wohnbaustadtrat? Dieser verteidigte eine Obergrenze für Asylanträge. Nur damit klar ist, was sie bedeutete: Im vergangenen Jahr hätte Österreich zwei Drittel aller Anträge zurückweisen müssen bzw. nicht annehmen dürfen.

Statt die harte, inhaltliche Auseinandersetzung zu suchen, stichelt Ludwig lieber; zum Beispiel gegen Doskozils Stimme. Damit ruiniert er seinen Ruf, ein staatstragender Politiker zu sein.

Wie er bisher an Rendi-Wagner festgehalten hat, versucht er mittlerweile Babler zu pushen. Wobei: Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, der in seinem Sinne tätig ist, hat im ORF-Report gesagt, man solle sich „überraschen“ lassen: Vielleicht werde es auf dem Parteitag, auf dem es am 3. Juni zu einer Kampfabstimmung kommen soll, weitere Kandidaten für den Vorsitz geben. Das war einerseits kryptisch, andererseits aber eine klare Botschaft: Sollte es zur Doskozil-Verhinderung notwendig erscheinen, könnte auch dies eine Option sein: Es wird eine Kompromisskandidatin, ein Kompromisskandidat ins Rennen geschickt. Bitte nicht wundern, wenn es wirklich dazu kommt!

Selbst das wird Ludwig aber nicht mehr viel bringen: Er, der von der Papierform her mächtigste Sozialdemokrat, hat in den vergangenen Wochen erfahren müssen, dass zwei Drittel in der Partei nicht bedingungslos hinter ihm stehen, um es vorsichtig zu formulieren. Sonst wäre Rendi-Wagner bei der Mitgliederbefragung nicht nur auf ein schwaches Drittel der Stimmen gekommen. Abgesehen davon ist es jetzt auch schon vollkommen egal für Ludwig, wer die Partei übernimmt; selbst wenn die Wahl auf Babler fallen würde, würde sich kaum etwas ändern für ihn: Babler hat eine Basis aufgeweckt, die nicht wieder schlafengelegt werden kann, sondern für Parteiobere wie den Wiener Bürgermeister sehr lästig bleiben wird.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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