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Lanzinger stark wie ein Felsen

Beeindruckend positiv und gefasst hat Matthias Lanzinger am Donnerstag im Landeskrankenhaus Salzburg seinen ersten öffentlichen Auftritt absolviert. Bilder  |

Umringt von TV-Kameras, Fotoapparaten und Journalisten schob Lebensgefährtin Eva Grünwald den 27-Jährigen im Rollstuhl um 15.16 Uhr in den Seminarraum West, wo er dann mehr als eine halbe Stunde lang tapfer Rede und Antwort stand.

Freundin Eva ist es auch, die für Lanzinger auf seiner Dankesliste ganz oben steht. “Der Giger Toni (ÖSV-Cheftrainer, Anm.) hat zu mir gesagt: So eine Frau darfst nie wieder auslassen. Aber das habe ich schon vorher gewusst, dafür hätte ich diesen Schicksalsschlag nicht gebraucht”, meinte der Salzburger.

Ein großes Dankeschön richtete Lanzinger an den gesamten ÖSV, “allen voran an den Toni (Giger, Anm.)”. “Er hat alles in Bewegung gesetzt, dass mein Bein irgendwie gerettet wird. Das ist auch der Grund, warum ich so positiv in die Zukunft blicken kann. Weil ich weiß, dass alles Menschenmögliche gemacht worden ist”, so Lanzinger, der sich dadurch bei der Verarbeitung der Folgen seines Sturzes entscheidend leichter tut.

“Es sollte so sein, das war Regieführung von woanders. Ich habe mein Schicksal angenommen und werde es gemeinsam mit meiner Freundin Eva bewältigen. Ich bin froh, dass ich heute hier sitzen darf”, so Lanzinger, der seine mentale Stärke in diesen Tagen folgendermaßen begründete: “Dieser Kampfgeist ist durch den Spitzensport entstanden. Bei mir ist nichts leicht von der Hand gegangen, ich musste immer kämpfen. Das kommt einem in so einer Situation extrem entgegen. Aber ohne Rückhalt durch die engsten Vertrauten wäre das alles nicht möglich.”

Denn auch von medizinischer Seite fühlt sich Lanzinger bestens betreut. Vor allem zwei Ärzte stehen ihm besonders zur Seite, zum einen sein behandelnder Arzt Herbert Resch und zum anderen sein betreuender Psychologe Manfred Stelzig. “Ich bekomme enorme ärztliche Unterstützung. Das erleichtert alles enorm.”

Auch der Frage über die ersten Stunden und Tage nach seinem Crash in Norwegen wollte sich Lanzinger stellen. “Die Tage und Nächte in Norwegen waren ewig. Besonders die Intensivstation war hart. Ich hatte enorme Schmerzen und befand mich in einem halben Schlafzustand”, erinnerte sich Lanzinger, der in der Klinik in Oslo vor allem aus der Anwesenheit von vertrauten Gesichtern wie Freundin Eva, Chefcoach Giger oder ÖSV-Pressemann Robert Brunner Kraft schöpfte.

“Als ich munter geworden bin, habe ich von Anfang an immer bekannte Gesichter gesehen. Sie haben sich rund um die Uhr um mich gekümmert. Das hat mir die Tage in Norwegen enorm erleichtert”, so Lanzinger, der über die Erinnerung an den Unfall meinte: “Meine Erinnerung reicht bis zum letzten Tor vor dem Unfall, dann kann ich mich an nichts mehr erinnern. Ob ich mir den Sturz einmal anschauen werde, darüber habe ich aber noch nicht nachgedacht.”

Das riesige Echo, das sein Sturz nicht nur in seiner Heimat Österreich auslöste, hat der Abtenauer erst nach und nach mitbekommen. Umso mehr Kraft gab ihm dann jedoch die Welle der Anteilnahme. “Es freut mich riesig, dass so viele Leute interessiert, was mir zugestoßen ist. In der Klinik in Oslo habe ich zunächst gar nicht mitbekommen, welches Echo durch die Bevölkerung geht. Das habe ich erst nach meiner Rückkehr nach und nach gemerkt. Da bin ich erst vergangenes Wochenende reingewachsen. Richtig abschätzen werde ich das aber erst in ein paar Monaten können.”

Dass er sich erst jetzt erstmals der Öffentlichkeit zeigte und bis dahin hermetisch abgeschirmt wurde, “dafür bin ich dankbar”. “Denn dadurch konnte ich mich auf mich konzentrieren und mich körperlich stärken.” Zahlreiche Besuche von Rennfahrerkollegen, u.a. schaute auch Aksel-Lund Svindal vorbei, gab es jedoch sehr wohl. “Körperlich haben mich diese Besuche schon geschafft, aber psychisch dafür sehr gestärkt. Es gibt mir Rückhalt, dass so viele an mich denken und glauben.”

Das Interesse an den Rennen ist längst wieder entflammt. Am Donnerstag freute sich Lanzinger vor allem für Hannes Reichelt, der in Bormio die Super-G-Kristallkugel eroberte, sowie für seine Abtenau-“Nachbarin” Alexandra Meissnitzer, die in ihrem letzten Rennen Dritte wurde. Auch die heiße ORF-Debatte rund um seinen Fall am vergangenen Sonntag hat Lanzinger via TV mitverfolgt.

Bei der heftigen öffentlichen Debatte über seinen – für viele Experten missglückten – Abtransport von der Piste will sich Lanzinger nicht beteiligen. “Das Was-wäre-wenn-Fragen will ich nicht. Ich kann mich nicht darum kümmern, welcher Hubschrauber parat steht. Dafür gibt es und muss es andere Leute geben.” Und die sollen sich auch den Kopf zerbrechen. “Mir hilft es zwar nichts mehr, aber vielleicht einem Kollegen oder Freund von mir.” Dass der Skirennsport gefährlich sei, “habe ich immer gewusst, aber an so eine gravierende Verletzung hatte ich niemals gedacht”.

Konkrete Gedanken über eine mögliche berufliche Zukunft hat sich Lanzinger noch nicht gemacht (“Es gibt viele Möglichkeiten”), über Angebote der Telekom sowie seines Kopfsponsors Gaulhofer freute er sich jedoch enorm. “So eine Rückendeckung ist in so einer Phase sehr viel wert”, berichtete Lanzinger, der sich auch eine Trainerlaufbahn vorstellen kann.

Doch die nahe Zukunft sieht zunächst in etwa einer Woche den Start der Reha in Bad Häring in Tirol vor. “Ich bin schon sehr gespannt und freue mich darauf. Ich suche so schnell wie möglich Herausforderungen für mich. Und in dieser Zeit werde ich sehr viele Herausforderungen finden.”

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