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Kurz stellte Lockerung der Corona-Regeln in Aussicht

Der Bundeskanzler will weniger, aber dafür klare Corona-Regeln.
Der Bundeskanzler will weniger, aber dafür klare Corona-Regeln. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Da sich der positive Trend bei den Corona-Zahlen in Österreich weiter fortsetzt, kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz eine Vereinfachung der Regeln an.

Wegen sinkender Infektionszahlen mit dem Coronavirus in fast allen Gebieten Österreichs stellt das Bundeskanzleramt nun eine Vereinfachung der Corona-Regeln in Aussicht.

Laut einer Mitteilung von Dienstag sollen in Kürze wenige, aber klare Richtlinien ausgearbeitet werden. Bundesländer sollen demnach nicht die Möglichkeit zu regionalen Lockerungen, sondern zu regionalen Verschärfungen bekommen.

Mehr Fokus auf Hausverstand und Eigenverantwortung

"Wir dürfen wegen Corona das Leben jedes Einzelnen nicht überregulieren", teilte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Dienstag mit. "Es braucht mehr den Fokus auf Eigenverantwortung und Hausverstand", sagte er. Die bestehenden Corona-Regeln sollen daher vereinfacht werden, ganz nach dem Grundsatz "Weniger Regeln, dafür mehr Eigenverantwortung und Hausverstand", hieß es aus dem Kanzleramt.

In Gesprächen zwischen Kanzler Kurz, Vizekanzler Werner Kogler, Gesundheitsminister Rudolf Anschober (beide Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sollen noch in dieser Woche erste Beratungen stattfinden. Für die Regionalisierungselemente wurden bereits die Landeshauptleute von Oberösterreich und Kärnten, Thomas Stelzer (ÖVP) und Peter Kaiser (SPÖ), mit der Ausarbeitung eines Vorschlags beauftragt.

Bundesländer sollen Corona-Regeln bei Bedarf verschärfen können

Die Bemühungen sollen am Ende zu einer Reduktion bzw. zu einer Vereinfachung der bestehenden Regeln führen, wurde aus dem Bundeskanzleramt betont. Im Bedarfsfall sollen die Bundesländer die Möglichkeit haben, Regeln regional zu verschärfen. Das mache gerade deshalb Sinn, weil einige Bundesländer kaum bis keine Neuinfektionen verzeichnen würden, hieß es. "Es sind dort am wenigsten Regeln notwendig, wo auch die Ansteckungsgefahr am geringsten ist", so Kurz.

Die neuen Regeln sollen "zeitnah" gelten, auf einen genauen Zeithorizont wollte man sich noch nicht festlegen. Inwiefern für die neuen Richtlinien Verordnungen nachgebessert werden müssen, werde sich bei den ersten Gesprächen in dieser Woche zeigen.

Landeshauptleute warten auf Konzept für regionale Lockerungen

Am Montag wurden die Landeshauptleute Thomas Stelzer (ÖVP/OÖ) und Peter Kaiser (SPÖ/Kärnten) mit der Erstellung eines Konzepts beauftragt. Der Rest ihrer Kollegen aus den Bundesländern wartet nun mit Spannung auf erste Vorschläge.

Kärntens Landeshauptmann Kaiser hatte sich angesichts der sinkenden Infektionszahlen in Kärnten schon länger für regionale Lockerungen ausgesprochen. Mit Stand Dienstag gab es in Kärnten offiziell nur noch eine infizierte Person. Kaiser arbeitet mit dem Vorsitzenden der Landeshauptleute-Konferenz, Oberösterreichs Landeshauptmann Stelzer, Vorschläge aus, die dann den Amtskollegen und der Bundesregierung zur Diskussion vorgelegt werden sollen. Als Beispiele nannte Kaiser Lockerungen beim Tragen des Mund-Nasen-Schutzes und die Erhöhung der zulässigen Teilnehmerzahl bei Begräbnissen.

Auch Stelzer ist grundsätzlich "ein Befürworter" regionaler Lockerungen von Corona-Maßnahmen. Woran er dabei konkret in seinem Bundesland denkt, konnte sein Büro am Dienstag noch nicht sagen. Nur so viel ist fix: Es müsse über die Bundesländergrenzen hinweg "übersichtlich bleiben." Einen genauen Zeitplan für das Bundesländer-Konzept gebe es allerdings noch nicht. Vorschläge für etwaige Lockerungen sollen bei der nächsten Videokonferenz der Landeshauptleute mit der Bundesregierung bewertet werden.

Wiener Bürgermeister Ludwig sieht Lockerungspläne skeptisch

Wiens Bürgermeister und Landeshauptmann Michael Ludwig (SPÖ) hatte sich bereits am Montag skeptisch zu lokalen Lockerungen geäußert. Am Dienstag bekräftigte er in einem schriftlichen Statement gegenüber der APA seine Zurückhaltung dahingehend, "ob regionale Unterschiede gemacht werden sollten". Schließlich sei Österreich weder von der Fläche noch von den regionalen Gegebenheiten derart unterschiedlich strukturiert, dass hier zwingend regionale Unterscheidungen zu treffen wären.

Außerdem gebe es noch keine Vorschläge: "Unklar ist, ob man sich hier an Bundesländergrenzen orientieren will oder an politischen Bezirksgrenzen oder zwischen Stadt und Land - hier würde sich wiederum die Frage der Größe stellen - unterscheiden soll." Grundsätzlich stehe er aber Gesprächen zu Lockerungen offen gegenüber, so der Bürgermeister.

Auch bundeseinheitliche Kriterien für regionale Maßnahmen wichtig

In Niederösterreich, der Steiermark und Vorarlberg wartet man gespannt auf das Konzept von Kaiser und Stelzer. "Klar ist, dass es für eine solche Vorgehensweise in einem ersten Schritt bundeseinheitliche Kriterien geben muss", sagte die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Dienstag. Am Montag sei vereinbart worden, "dass solche Kriterien jetzt ausgearbeitet werden". Aus dem Büro des steirischen Landeshauptmanns Hermann Schützenhöfer (ÖVP) hieß es am Dienstag auf APA-Nachfrage knapp: "Bezüglich der regionalen Maßnahmen oder Lockerungen warten wir erst einmal auf die konkreten Vorschläge und bewerten das dann."

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) kann sich - eine entsprechend positive Gesamtentwicklung vorausgesetzt - eine unterschiedliche Vorgehensweise der Bundesländer bei den Corona-Maßnahmen durchaus vorstellen. Er halte es für richtig, dass ein Weg eingeschlagen werde, der regionale Lockerungsmaßnahmen vorsieht, hieß es aus seinem Büro. In welchen Bereichen regionale Lockerungen möglich seien, werde gerade erarbeitet, verwies er ebenfalls auf die in die Wege geleiteten Prozesse.

Salzburg übe in der Frage eigenständiger Lockerungen eher Zurückhaltung, hieß es am Dienstag aus dem Büro von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Denn bisher sei man mit den bundesweit geltenden Bestimmungen gut gefahren, sagte ein Sprecher. Sollte seitens der Bundesregierung ein Vorschlag unterbreitet werden, wie die einzelnen Länder selbst Lockerungen erlassen können, werde man diese aber auf jeden Fall prüfen.

Regionalisierung soll nicht zu Verwirrung führen

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach sich am Dienstag bei einer Pressekonferenz gegen einen "Wettbewerb" zwischen den Bundesländern hinsichtlich der regionalen Lockerungen aus. Er sei nicht "prinzipiell" dagegen, meinte aber, dass es schon bundesweit einheitliche Regeln geben sollte. Ansonsten könnte "Verwirrung" entstehen. Es könne beispielsweise nicht sein, dass man in Kärnten keinen Mund-Nasenschutz tragen muss, im angrenzenden Osttirol aber schon. Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) erklärte indes, dass sie den Eindruck habe, dass die Menschen sich nach "Klarheit" sehnen würden und bezweifelte auch die Notwendigkeit: "So groß ist Österreich nicht".

Anders sieht man das im Burgenland. Regionale Lockerungen der Corona-Maßnahmen seien "nicht nur vorstellbar, sondern auch richtig", sagte Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) auf APA-Anfrage. Die Regionalisierung dürfe aber nicht dazu führen, dass sich der Bund aus seiner Verantwortung verabschiede. "Denn Faktum ist: Oberste Gesundheitsbehörde ist der Bund - der hat auch die Parameter und Szenarien zu definieren, unter denen regionale Lockerungen möglich und auch wieder zurückzunehmen sind. Hätte der Bund im März klare Vorgaben gemacht, würden wir heute nicht über Ischgl diskutieren", so Doskozil. Dieser Fehler dürfe beim "Hochfahren" nicht erneut passieren. Um einen "Fleckerlteppich unterschiedlicher Maßnahmen" zu verhindern, brauche es einen Handlungsrahmen und Kriterienkatalog vom Bund.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sehe seine Rolle aber offenbar anders, verwies Doskozil auf die Landeshauptleutekonferenz in Linz. Kurz habe dort die Ländervertreter in Hinblick auf die Lockerungsmaßnahmen sinngemäß gefragt, "wie hätten Sie es gerne". Das sei "nicht das, was man sich als Krisenmanagement vorstellt, sondern eher Politik wie im Basar", so Doskozil.

(APA/Red)

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