AA

Kroatien: Frage nach Regierungswechsel offen

In der Wahlnacht haben die Vorsitzenden der beiden größten Parteien Kroatiens angekündigt, dass sie mit Koalitionsgesprächen beginnen wollen. Pressestimmen zur Kroatien-Wahl | Reaktionen von ÖVP und SPÖ

Sowohl der amtierende konservative Ministerpräsident und HDZ-Chef (Kroatische demokratische Gemeinschaft), Ivo Sanader, wie auch der sozialdemokratische SDP-Chef Zoran Milanovic könnten die notwendige Unterstützung von 77 Abgeordneten im Parlament sammeln. Ohne die drittstärkste Kraft, die Bauernpartei (HSS), dürfte aber keine Regierung auskommen.

Die HDZ stellt laut vorläufigen Teilergebnissen der staatlichen Wahlkommission von Montagfrüh 66 Abgeordnete. Die oppositionellen Sozialdemokraten kommen demnach auf 56 Mandate. Die beiden Großparteien schnitten in den zehn Wahlkreisen mit 61 bzw. 56 Mandaten fast gleich ab, allerdings erhielt die HDZ im elften Wahlkreis – in dem im Ausland lebende Kroaten gestimmt haben – weitere fünf Mandate und ist somit stimmenstärkste Partei.

Staatspräsident Stjepan Mesic betonte jedoch noch am Sonntagabend, dass er nicht automatisch die stimmenstärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragen wolle, sondern jene Partei, die eine Mehrheit von zumindest 77 Abgeordneten im neuen Parlament und somit eine stabile Regierung garantieren könne.

Im elften Wahlkreis (Auslandskroaten) hatte die SDP zwar keine eigene Wahlliste. Die Sozialdemokraten haben aber die Unterstützung der liberal-bürgerlichen HNS (Volkspartei) und der regionalen IDS (Istrische Demokratische Versammlung). Zudem war sie einen Pakt mit der bosniakischen Minderheitenpartei SDA (Partei der demokratischen Aktion) eingegangen. Die HNS erhielt sieben, die IDS drei Mandate. Auch die SDA kam auf ein Mandat im Minderheitswahlkreis. Insgesamt kann sich die SDP also auf 67 Abgeordneten stützen.

Für die Mehrheit von 77 Abgeordneten, müssen sich Sanader und Milanovic nun weitere elf bzw. zehn Abgeordnete suchen. Jede Form der Kooperation mit der HDZ abgelehnt hat bis dato nur die regionale Kroatische Demokratische Vertretung von Slawonien-Baranja (HDSSB). Die Partei, deren Chef Branimir Glavas – ein ehemaliges HDZ-Mitglied – sich wegen Kriegsverbrechen vor Gericht verantworten muss, ist mit drei Mandaten die größte Überraschung dieser Wahlen.

Die rechtsextreme HSP (Kroatische Partei des Rechts) hingegen erhielt nur ein Mandat. Ihr Präsident Anto Djapic sprach von einem Debakel. Die Schuld daran gibt er der HDZ, die die HSP im Wahlkampf angegriffen hatte. Es gilt als einigermaßen sicher, dass neben der HDSSB auch die HSP in der Opposition bleiben wird.

Die Pensionistenpartei HSU – „der stille Partner“ der HDZ-Regierung in der vergangenen Legislaturperiode – erhielt nur ein Mandat. Drei Abgeordnete der HSU unterstützten bisher Sanaders Regierung. Schon vor den Wahlen hatte die Pensionistenpartei angekündigt, den Wahlsieger unterstützen zu wollen. Dabei legte sie sich aber nicht fest, was unter einem „Sieger“ zu verstehen sei: Jene Partei mit mehr Stimmen oder jene Partei, die genügend Unterstützung sammeln kann.

Auch die sieben Minderheitenvertreter unterstützten die HDZ in den vergangenen vier Jahren. Damals hatte es aber auch keine andere Option für sie gegeben. Auch wenn alle acht Minderheitenvertreter eine Seite unterstützten, würden sie alleine aber nicht für die Mehrheit im Parlament sorgen können.

Damit hat das gelb-grüne Wahlbündnis aus Sozialliberalen (HSLS) und der Bauernpartei HSS den Schlüssel zur künftigen Regierung Kroatiens in der Hand. Von den acht Mandaten, die ihre Koalition erhielt, gehen zwei an die HSLS, weitere sechs an die HSS. War die HSLS ein Partner der HDZ in der Regierung Sanaders, so saßen die HSS-Abgeordneten bisher auf der Oppositionsbank.

Die HSS demonstrierte bisher keinerlei Präferenz für eine der beiden Seiten, HDZ oder SDP: „Ich glaube an die eine wie an die andere“, so HSS-Chef Josip Friscic nach der Wahlnacht. „Wir werden uns zusammensetzen und reden.“

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • Kroatien: Frage nach Regierungswechsel offen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen