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Kriminalitätsbekämpfung 2.0: BKA-Chef über Kieberer und Cyberexperten

Bei Cyberkriminalität wird ein erheblicher Zuwachs registriert
Bei Cyberkriminalität wird ein erheblicher Zuwachs registriert ©BilderBox.com (Sujet)
Cyberkriminalität ist auf dem Vormarsch. Der gute alte "Kieberer" hat zwar nicht ausgedient, aber Kriminalitätsbekämpfung spielt sich zunehmend digital ab. Das machte jetzt der Direktor des Bundeskriminalamts, Franz Lang, deutlich.
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Das Problem nach Ansicht Langs ist dabei, dass jeder, der sich ein bisschen auskennt, zum Täter werden kann.

Attacken aus dem Kinderzimmer

“Die Cyberkriminalität bietet Waffen, die auch im Kinderzimmer eingesetzt werden können”, sagte Lang. Oder vom Kinderzimmer aus. Das gehe aber bis hin zu großen und komplexen Strukturen. “Die Gesellschaft ist cyberaffin und -abhängig.” Lang verwies besonders auf das “Dark Net”, eine Parallelwelt, in dem alle Tools für den virtuellen Angriff erhältlich seien: Malware, Bankkonten, Botnetze und Trojaner könnten beschafft werden.

Trojaner auf Bestellung

Eigene Spezialisten entwickeln Trojaner auf Bestellung. Der Kunde erhält eine Testversion, die sich nach vier Tagen wieder deinstalliert. Ist der Besteller zufrieden, zahlt er und erhält den echten Trojaner. Diese Bedrohungen würden Einzelpersonen und Unternehmen genauso betreffen wie Strukturen des Staates. Lang plädierte daher für “die Entwicklung einer gesamtstaatlichen Cyberstrategie”. Der BK-Direktor: “Die Überzeugung, dass man da etwas tun muss, hat sich sehr verstärkt.”

Cyberkriminalität: Fakten

Das Thema Cybercrime hat auch Auswirkungen auf die Organisationsstrukturen und die Zusammensetzung des Bundeskriminalamts. Auf diesem Gebiet arbeiten laut Lang die klassischen Kriminalisten mit Cyberforensikern und externen Experten zusammen. Für 2015 kündigte Lang an, dass die Fähigkeiten der Polizei im Cyberbereich “weiterentwickelt werden”. Auf Bezirksebene werden 300 Spezialisten für Erstinterventionen ausgebildet. Spezialisten des Cybercrime-Competence-Centers (C4) werden Fortbildungsangebote in den USA wahrnehmen.

Hochzeit für Einbrecher

Der Kieberer hat aber nach wie vor mit analogen Verbrechen genug zu tun, zum Beispiel mit Einbrüchen. Georgische Tätergruppen, die bei der sogenannten Operation “Java” im März 2010 aus dem Verkehr gezogen wurden, sind zum Teil wieder aktiv, dazu kommen nach Erkenntnissen der Ermittler rumänische, serbische und albanischstämmige Gruppierungen. Letztere sind offenbar neu in das Geschäft eingestiegen. Auch Chilenen befanden sich heuer unter festgenommenen Verdächtigen.

Die Kriminalisten wollen vor allem eine Explosion der Einbruchszahlen in den Wintermonaten verhindern. Traditionell steigen die Zahlen in den Monaten November bis Mitte Februar an, da die Dämmerung früh einsetzt und viele Menschen bei Einbruch der Dunkelheit noch nicht zuhause sind. Ein Masterplan soll die Zahl der Dämmerungseinbrüche im Rahmen halten. Bis Ende Jänner oder spätestens Mitte Februar will Lang ein durch Zahlen untermauertes Bild von der Größe des Problems haben.

Neues Problem: Wettbetrug im Sport

2014 war aber auch ein Jahr, in dem sich das Bundeskriminalamt mit einem relativ neuen Betätigungsfeld konfrontiert sah: dem Wettbetrug im Sport. Lang zeigte sich erfreut, dass einige Fälle bereits gerichtsanhängig bzw. in der ersten Instanz sogar schon abgeschlossen sind. In anderen großen und Aufsehen erregenden Fällen sind die Ermittler noch nicht so weit: “Die Wirtschaftscausen sind ein Mehrjahresprojekt”, sagte Lang.

Kampf gegen Gewaltdelikte

Auf einem guten Weg sieht der BK-Direktor den Kampf gegen Gewaltdelikte: “Die Zahlen beim Mord haben sich in den letzten 30 Jahren beinahe halbiert”, erläuterte Lang. Er sah zwei Gründe dafür: zum einen das Gewaltschutzgesetz, bei dem “wir eine Benchmark sind”. Zum anderen dürfte das Waffengesetz verantwortlich sein. “Das sind die Hypothesen”, schränkte er ein. Wissenschaftlich untermauertes Datenmaterial gebe es noch nicht. Klar sei jedenfalls, dass der gefährlichste Ort, Gewaltverbrechen zum Opfer zu fallen, “noch immer die eigene Wohnung” ist.

Lang kündigte weitere Initiativen gegen Gewaltdelikte im Präventionsbereich für das kommende Jahr an: “Wenn man da sehr kreativ ist, erspart man sich viel im Repressionsbereich.” Ein Schwerpunkt dabei ist die ältere Generation, “besonders dort, wo Wehrlosigkeit eintritt”.

“Geld lukrieren darf nicht gelingen”

Der BK-Direktor will Kriminelle außerdem dort treffen, wo es sie besonders schmerzt: beim Geld. Einer der wesentlichen Punkte sei die Vermögensabschöpfung. “Es darf keinem Täter gelingen, Geld zu lukrieren”, formulierte Lang das Ziel. Ebenso wichtig sei es, bankenunabhängige Geldwäschesysteme lahmzulegen, die zum Beispiel Schlepperorganisationen häufig benützen.

(apa/red)

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