In ihrer Freizeit dürfen die Mitarbeiter der Wiener Linien die Räume und Werkzeuge der Hauptwerkstätte nutzen, Material jedoch nicht. “In jeder Autowerkstätte der Welt gilt: Außerhalb der Arbeitszeit dürfen die Werkzeuge auch privat verwendet werden”, erklärt Wiener Linien-Sprecher Dominik Gries im Gespräch mit VIENNA.AT. Da die Hauptwerkstätte außerdem “halb so groß wie der Vatikan” sei, sei es auch kein Problem, wenn Mitarbeiter über das Wochenende ihr Wohnmobil oder ihren Bootsanhänger dort unterstellen wollen – auch um daran zu arbeiten. “Das tolerieren wir”, so Gries.
Wiener Linien wollen strenger kontrollieren
Es werde jedoch nicht toleriert, wenn Mitarbeiter die Werkstadtt nutzen, um “Parallel-Geschäfte” aufzuziehen. Oder wenn Material des Unternehmens für private Zwecke verwendet wird. So vermutlich geschehen im Fall zweier Segelbotte, die in der Hauptwerkstätte lackiert wurden. Im Bericht des Kontrollamts der Stadt Wien heißt es dazu: “In der Lkw-Abstellhalle wurden Teile der Radaufhängung eines privaten Pkw ausgetauscht. Außerdem war in der Lkw-Abstellhalle ein Boot, das mit einem noch frischen Grundanstrich versehen war, auf Gestellen aufgeständert. Der Endanstrich fehlte noch. Neben diesem Boot befand sich ein weiteres Boot auf einem Anhänger, das kurz zuvor einen roten Endanstrich erhalten hatte. Die Farbe wies augenscheinlich den gleichen Farbton auf, wie er von Autobussen und Straßenbahnen der Wiener Linien bekannt ist.” In Zukunft werde man strenger und häufiger kontrollieren, so Gries. Auch die Betriebsvereinbarung habe man geändert, um keinerlei Interpretationsspiel bei den diesbezüglichen Beszimmungen zuzulassen.
Hauptwerkstätte nicht ausgelastet?
Private Tätigkeiten in der Hauptwerkstätte stellen nach Ansicht des Kontrollamts längst keinen Einzelfall mehr dar. Um einen repräsentativen Einblick in die Tätigkeiten der Mitarbeiter zu bekommen, wurde eine Prüfung über einen längeren Zeitraum angesetzt. Diese bestätigte den Verdacht anscheinend, denn im Bericht heißt es weiter: “Bei Begehungen des Kontrollamtes der Hauptwerkstätte fiel auf, dass die dienstliche Nutzung der Halle der Kfz-Prüfstelle in der Hauptwerkstätte nicht den möglichen Kapazitäten entsprach, dafür aber nicht vorgesehene Nutzungen, wie die Durchführung von wiederkehrenden Begutachtungen an privaten Kraftfahrzeugen erfolgten. Nähere Nachprüfungen des Kontrollamtes führten zur Annahme, dass die Kfz-Prüfstelle über-besetzt war und die Kosten für das Betreiben der Kfz-Prüfstelle den Marktwert der erbrachten Kfz-Prüfungen um mehr als das Doppelte überstiegen.” Nicht immer ist dabei nachvollziehbar, ob private Reparaturen oder Begutachtungen während der Arbeitszeit oder in der Freizeit gemacht wurden. In einer Stellungnahme der Wiener Linien im Kontrollbericht selber heißt es dazu: “Die Begutachtungen selbst fanden nicht in der Dienstzeit statt. Es wurde nur die EDV-mäßige Bearbeitung, gemeinsam mit den dienstlichen Gutachten, durchgeführt.”
Fahrgäste diskutieren auf Facebook
Auf der Facebook-Seite der Verkehrsbetriebe hat sich mittlerweile eine lebhafte Diskussion der Fahrgäste über die Causa entwickelt. “Wenn das so stimmen sollte, wird das Konsequenzen haben! Und wenn man will findet man in jedem Unternehmen etwas!”, schreibt eine Userin am Freitag. Ein anderer ist wütend über den Vorfall: “Ich zahle nicht meinen Fahrschein damit sich da einige mit Material der WiLi bereichern.” “Es waren 2 Segelboote. Vielleicht haben die Wiener Linien inzwischen einen Werft-Betrieb auch schon”, scherzt ein weiterer. Zum Scherzen findet man die Situation in der Hauptwerstätte bei den Wiener Linien jedoch nicht und möchte derartige Vorkommnisse in Zukunft unbedingt vermeiden. (SVA)