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Koalition vereint "das Beste aus beiden Welten"

Laut Kurz kam es bei den Verhandlungen zu einem exzellenten Ergebnis.
Laut Kurz kam es bei den Verhandlungen zu einem exzellenten Ergebnis. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Noch am 1. Jänner hat Sebastian Kurz den Abschluss der Verhandlungen mit den Grünen als "exzellentes Ergebnis" präsentiert. Am heutigen Donnerstag sollen Details folgen.
Einigung bei Türkis-Grün

Der designierte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat den Abschluss der Verhandlungen mit den Grünen als "exzellentes Ergebnis" präsentiert. Bei einem gemeinsamen Medienstatement mit Grünen-Bundessprecher Werner Kogler Mittwochabend betonte der VP-Chef, man habe sich nicht auf Minimalkompromisse herunterverhandelt : "Es ist gelungen, das Beste aus beiden Welten zu vereinen."

Kurz will Klima und Grenzen schützen

Beide Parteien könnten ihre zentralen Wahlversprechen einhalten. Dabei hob Kurz für seine Partei eine Steuersenkung ebenso hervor wie eine konsequente Linie gegen illegale Migration und politischen Islam. Sinnbildlich für die Conclusio des ÖVP-Chefs steht der Satz: "Es ist möglich, das Klima und die Grenzen zu schützen."

Kogler würdigte, dass man sich im Klimaschutz weitergehend geeinigt habe, als man das vorher ahnen hätte können: "Österreich soll zum europäischen Vorreiter in Sachen Klimaschutz werden." Mit der neuen Regierung werde der Einstieg in den Umstieg im Steuersystem gelingen. Ökologisierung und Steuerentlastung gingen zusammen. Dazu werde es das intensivste Transparenzpaket seit vielen Jahren und eine Informationsfreiheitsoffensive geben: "Eher ein gläserner Staat als ein gläserner Bürger." Zudem werde ein Schwerpunkt in die Bekämpfung von Kinder- und Altersarmut gelegt.

Programm wird erst bekannt gegeben, Regierungsteam scheint fix

Das Programm im Detail wird erst Donnerstagnachmittag vorgelegt. Kurz erklärte, die Teams würden über Nacht noch alle Feinheiten endabstimmen.

Fix scheint indes das Regierungsteam. Offen war bis zuletzt nur, wer den Staatssekretariatsposten bei den Grünen übernimmt. Hier dürfte die Wahl auf die ehemals glücklose Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek gefallen sein. Die Frauenagenden gehen an die ÖVP und werden wahrscheinlich Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher überantwortet.

Chefverhandler bedankten sich beieinander

Nicht müde wurden die Chefverhandler, Mittwochabend sich beim jeweiligen Gesprächspartner zu bedanken. Auch bei der Bevölkerung wurde um Verständnis geworben, dass es mit den Verhandlungen recht lange gedauert hat. Kurz meinte dazu: "Diese Regierungsverhandlungen waren - so ehrlich muss man sein - nicht einfach." Denn die beiden Parteien seien in ihrer inhaltlichen Ausrichtungen eben sehr unterschiedlich. Kogler befand: "Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Wir sind aber auch nicht dafür gewählt worden, es uns leicht zu machen sondern um Verantwortung zu übernehmen."

Rendi-Wagner erfreut über Regierung, kritisch im Detail

Für SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ist es zwar erfreulich, dass Österreich nun endlich eine neue Regierung habe. Aber Vorhaben wie die Verschiebung der Arbeitsmarktpolitik aus dem Sozial- in das neue Familien- und Arbeitsressort hält sie für problematisch. Und die SPÖ werde die türkis-grüne Koalition "daran messen, ob sie die Lebenssituation für die Österreicherinnen und Österreicher verbessert".

Konkret werde die neue Regierung danach zu bewerten sein, ob sie den sozialen Zusammenhang stärkt, die nötigen Klimaschutz-Investitionen tätigt, Wohnen leistbarer macht, die Steuern für Arbeitnehmer endlich spürbar senkt, die Bildungschancen fair verteilt und soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt. Daher sei es höchst an der Zeit, endlich konkrete Inhalte zu erfahren, merkte die SPÖ-Chefin in einer Aussendung Mittwochabend an. Die SPÖ werde ihre Rolle als Oppositionspartei "gewissenhaft" erfüllen, betonte sie.

Hofer sieht Österreich nach links driften

FPÖ-Chef Norbert Hofer sieht Österreich ob der Einigung auf eine türkis-grüne Regierungszusammenarbeit klar nach links driften. ÖVP-Chef Sebastian Kurz habe den Weg einer Mitte-Rechts-Politik in der Regierung beendet, so Hofer in einer Aussendung nach der verkündeten Einigung von ÖVP und Grünen: "Noch nie war eine Regierung personell so weit links ausgerichtet wie das Kabinett Kurz II".

Wenn grüne Themen viel Spielraum bekommen, könne der von der ÖVP angekündigte Mitte-Rechts-Kurs wohl nicht gehalten werden, argumentierte Hofer, der an den grünen Ministerkandidaten kein gutes Haar ließ. Etwa bekomme Österreich mit Alma Zadic erstmals eine Justizministerin, die aktuell selbst mit der Justiz zu tun hat, betonte Hofer, der auf eine Verurteilung der ehemaligen Jetzt-Abgeordneten wegen übler Nachrede im vergangenen November anspielte. "Es ist nicht hinzunehmen, dass Frau Zadic unter diesen Voraussetzungen ausgerechnet Justizministerin wird", meinte Hofer.

Zudem ortete Hofer auch beim künftigen Sozialminister, dem oberösterreichischen Landesrat Rudolf Anschober, ein "fragwürdiges" Verhältnis zum Rechtsstaat. Anschober habe mit seinen Vorstößen für Asylwerber in Lehre "laufend bewiesen", was er von gültigen Gesetzen halte. "Es ist mehr als zweifelhaft, dass mit Rudi Anschober als Mitglied der Bundesregierung der vernünftige Kurs in der Integrations- und Asylpolitik fortgesetzt werden kann", so Hofer.

Die ÖVP habe den Regierungsbildungsprozess jedenfalls genützt, "um ihre Macht im Sicherheitsapparat zu sichern". Als Beleg dafür nahm Hofer etwa, dass das Innenministerium nun ausschließlich schwarz sei. Dass das Verteidigungsministerium mit Klaudia Tanner in die "Obhut der Bauernbund-Direktorin aus Niederösterreich" übergeben werde, bezeichnetet Hofer als "Hiobsbotschaft".

Regierungsbildung wirbelt auch Klubs durcheinander

Die Regierungsbildung hat auch Auswirkungen auf die Parlamentsklubs von ÖVP und Grünen, gelangen doch etliche Abgeordnete in Ministerämter. Hat der Grüne Bundeskongress nichts dagegen und winkt Alma Zadic als Justizministerin durch, kommt in seinem x-ten Anlauf Anwalt Georg Bürstmayr über die Bundesliste zu Parlamentarier-Ehren.

Das Mandat von Vizekanzler Werner Kogler ginge zumindest gemäß Liste an die Studentin Heike Grebien, die sich im Women*s Action Forum engagiert. Leonore Gewesslers Linzer Mandat würde der Rechtsanwältin Agnes Prammer zufallen. Da Stefan Kaineder für den neuen Sozialminister Rudolf Anschober zum Landesrat aufrückt, wird noch ein Sitz aus Oberösterreich frei, den der Bauervertreter Clemens Stammler einnehmen dürfte.

Veränderungen bei ÖVP schwerer zu prognostizieren

In der ÖVP wird traditionell gerne hin und hergeschoben zwischen den Listen, wodurch es schwieriger wird, die Nachrücker zu prognostizieren. Geht alles nach der Papierform, würden über die Bundesliste die niederösterreichische Landesbäuerin Irene Neumann-Hartberger neu sowie Mathematiker Rudolf Taschner wieder in den Nationalrat kommen. Von der Wiener Landesliste könnte die Lehrerin Romana Deckenbacher für Gernot Blümel zur Parlamentarierin werden.

Für Elisabeth Köstinger ist Angelika Kuss-Bergner erste Anwärterin auf das Kärntner Landeslistenmandat. Während sie das Hohe Haus schon kennt, wäre es für Alexandra Tanda Neuland. Sie dürfte den Tiroler Sitz von Margarete Schramböck übernehmen.

Auswirkungen hat die Regierungsbildung auch auf EU-Parlament und Bundesrat. Durch Karoline Edtstadlers Einzug in die Regierung wird ein Europa-Mandat in der ÖVP frei. Geht es nach den Vorzugsstimmen, kommt der Burgenländer Christian Sagartz nach. Würde die Volkspartei nach der Listenreihung entscheiden, wäre es der ehemalige TV-Moderator Wolfgang Pirchner. In die Länderkammer würde gemäß Reihung statt Neo-Staatssekretär Magnus Brunner die Vorarlbergerin Christine Schwarz-Fuchs (beide ÖVP) einziehen.

ÖVP installiert wieder Generalsekretäre

Die unter Türkis-Blau eingeführten Generalsekretäre werden unter Türkis-Grün wieder installiert. Die ÖVP hat bereits erste Namen - gegenüber "Presse" und "Tiroler Tageszeitung" - verraten. Ex-Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal wird Generalsekretär im Außenministerium, Kanzler Sebastian Kurz holt sich seinen früheren Kabinettschef Bernd Brünner ins Kanzleramt.

Dieter Kandlhofer, der bis zur Abberufung der ÖVP-Regierung im Juni im Kanzleramt Generalsekretär war, wechselt jetzt ins Verteidigungsressort. Und der am 1. April 2019 berufene Dieter Schuster wird - nach kurzer "Ibizagate"-Pause - weiterhin im Finanzministerium der "oberste Beamte", wurde der APA seitens der ÖVP bestätigt.

Formal eingeführt und im Bundesministeriengesetz verankert hatte die mächtigen Generalsekretäre die türkis-blaue Regierung im Jahr 2017. Demnach ist ein - ohne Ausschreibung ernennbarer - Generalsekretär der "unmittelbare Vorgesetzte aller Sektionsleiter im Bundesministerium sowie Vorgesetzter aller dem Bundesministerium nachgeordneter Dienststellen". Die Beamtenregierung hatte auf die Generalsekretäre verzichtet. Ob die Grünen welche ernennen werden, ist noch nicht bekannt.

>>> Weitere Informationen zu den Verhandlungen gibt es hier.

(APA/Red)

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