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Koalition: Kritik von Bliminger und Trittin

Für die neue Regierung gab es auch Kritik.
Für die neue Regierung gab es auch Kritik. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Am Freitag gab es erneut Kritik für die neue Koalition - unter anderem von Eva Bliminger und Jürgen Trittin.

Die Grüne Abgeordnete und Mediensprecherin Eva Blimlinger übt Kritik daran, dass der Kanzlerbeauftragte für Medienthemen, Gerald Fleischmann, gleichzeitig für die Kommunikation der ÖVP-Seite in der Regierung zuständig ist. "Ich halte das dem Grunde nach für unvereinbar, aber Sebastian Kurz sieht das offenbar anders", sagte Blimlinger am Freitag im Interview mit dem "Standard".

Für Blimlinger Doppelfunktion Fleischmanns "unvereinbar"

"Ich finde, man kann PR für ein Regierungsmitglied nicht mit der medienpolitischen Strategie eines Staates verbinden", so Blimlinger weiter in dem am Freitag online veröffentlichten Interview: "Wir werden unsere Medienpolitik dem entgegenhalten." Kanzler Kurz kümmert sich in der neuen Regierung selbst um Medienthemen und wird dabei von seinem langjährigen Sprecher und Vertrauten Fleischmann unterstützt, der zudem Vize-Kabinettschef ist und weiterhin für die strategische Kommunikation und Planung im Kanzleramt verantwortlich zeichnet.

Befragt nach der Finanzierung des ORF, hält Blimlinger, die das Kapitel "Staat, Gesellschaft und Transparenz", zu dem auch das Thema Medien zählt, im türkis-grünen Regierungsprogramm mitverhandelt hat, eine Haushaltsabgabe anstelle der GIS-Gebühren für möglich. "Eine Haushaltsabgabe für Medien würde mehr Einnahmen insgesamt bedeuten, und ein geringer Prozentsatz könnte für öffentlich-rechtliche Inhalte an private Medien gehen, kommerzielle wie nichtkommerzielle", sagte sie. Die ÖVP sei hier gesprächsbereit.

Blimlinger erwartet außerdem, dass es bald einen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz geben wird. "Ich würde sagen, das ist eine Frage von Wochen." Ebenso rasch erwartet sie den Entwurf für die Änderungen des Parteiengesetzes und die Prüfzuständigkeit des Rechnungshofs für Unternehmen ab 25 Prozent öffentlicher Beteiligung.

Deutscher Ex-Grünen-Chef kritisiert Ressortverteilung

Der frühere Chef der deutschen Grünen, Jürgen Trittin, hat sich kritisch über die türkis-grüne Ressortverteilung geäußert. Zwar seien Punkte wie das Kopftuchverbot "für Grüne eigentlich unerträglich", doch würde er selbst "an einer ganz anderen Stelle nachdenklich werden", sagte Trittin der Tageszeitung "Die Presse" (Samstagsausgabe) mit Blick auf die Verteilung der Ministerien.

"Wenn man sagt, man möchte eine ökologische Steuerreform - direkte Steuersätze senken, klimaschädliches Verhalten höher besteuern, dann wird das im Finanzministerium entschieden. Ähnliches gilt für Außen oder Verteidigung und für das Verhältnis zu Europa", sagte Trittin unter Verweis auf die allesamt von ÖVP-Politikern geführten Ministerien. Zugleich betonte Trittin, dass die Grünen "in den Kernbereichen Klimaschutz und Transparenz eine klare Agenda gesetzt" hätten. "Da regiert ihnen auch niemand hinein", sagte der frühere deutsche Umweltminister, der die neue Koalition als "Komplementär-Regierung" charakterisierte.

Trittin spricht von "Komplementär-Regierung"

"Ja, es regieren zwei Parteien, die in vielen Bereichen schlicht das Gegenteil wollen", sagte Trittin. "Was da beschlossen wurde, ist für Grüne eigentlich unerträglich, also das Kopftuchverbot und dieser ganze Quatsch", meinte er mit Blick auf die Passagen zur Migration und Integration. Statt "alles mit Formelkompromissen zuzudecken" habe man gesagt: "Es gibt bestimmte Bereiche, die regeln wir und andere, die regelt ihr. Auch die wirtschaftsliberale ÖVP zahlt ja einen Preis: Denn wenn das umgesetzt wird, was im Klimateil steht, dann kommt man in einen massiven Konflikt mit weiten Teilen der Wirtschaft."

Trittin stimmte zugleich der Einschätzung der aktuellen deutschen Grünen-Chefin Annalena Baerbock zu, dass es so ein Bündnis in Deutschland nicht geben würde. Die Situation in Deutschland sei nämlich anders. "Die Themen sind andere. Und wir könnten uns als größte Volkswirtschaft der EU eine Komplementär-Koalition gar nicht leisten", so Trittin, der auch darauf verwies, dass die Koalitionsvereinbarungen in Deutschland viel präziser seien als in Österreich.

Im Interview mit der Tageszeitung "Kurier" (Onlineausgabe) bezeichnete Trittin die Umsetzung einer ökologisch-wirtschaftsliberalen Steuerreform als Nagelprobe für die türkis-grüne Koalition. Man könne Steuersenkungen für Unternehmen und Klimaneutralität kombinieren, das "setzt aber den Mut voraus, dort, wo man Steuersättze senkt, an anderer Stelle umweltschädliches Verhalten zu verteuern."

Trittin dennoch mit Verständnis für die Grünen

Trittin äußerte zugleich Verständnis für die Entscheidung der österreichischen Grünen, eine Koalition mit der konservativen ÖVP einzugehen. Es sei zwar kein Geheimnis, dass sich Sozialdemokraten und Grüne nahe stehen. "Aber wenn Rot-Grün nicht im Angebot ist, muss man umdenken, wenn man die Rechtsextremen von der Regierung fernhalten will."

Aus der eigenen Regierungserfahrung, als die Grünen etwa wegen des Konflikts um den Kosovo-Krieg massiv an Zuspruch verloren, bei den Wahlen 2002 aber dann doch wieder zulegten, könne er den österreichischen Parteifreunden raten: "Lasst euch nicht entmutigen. Das ist die Erfahrung, die wir aus den rot-grünen Zeiten mitgenommen haben. Ja, ihr werdet erst mal eines auf den Deckel bekommen, das ist normal, muss man durchstehen. Am Ende wird abgerechnet."

Netzer wird wieder Generalsekretär im Bildungsministerium

Der Vorarlberger Martin Netzer wird wieder Generalsekretär im Bildungsministerium. Diese Funktion hatte er bereits in der ersten Amtszeit von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) von November 2018 bis Juni 2019 inne.

Anschließend leitete Netzer die Präsidialsektion im Ministerium, nachdem deren Chefin Iris Rauskala zur Ministerin avanciert war. Diese wiederum kehrt nun als Sektionschefin in "ihre" Sektion zurück, bestätigte man im Ministerium auf APA-Anfrage.

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