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Kämpfe in Somalia nach Abzug äthiopischer Soldaten

Die letzten in Mogadischu verbliebenen äthiopischen Soldaten haben die somalische Hauptstadt am Donnerstag verlassen. Während ihres Abzugs starben nach ersten Informationen mindestens 24 Menschen, als Islamisten Fahrzeugkolonnen der Äthiopier angriffen.

Die Soldaten schossen daraufhin in die Menge, mindestens fünfzig Menschen wurden durch Schüsse verletzt. Die “Union der Islamischen Gerichte”, deren fundamentalistisches Regime Ende 2006 durch die äthiopische Militärintervention entmachtet worden war, sprach von einem “großen Sieg des somalischen Volkes” über eine Besatzungsmacht.

Ein im vergangenen Jahr unterzeichnetes Abkommen über einen Waffenstillstand zwischen der vollständig von äthiopischer Militärhilfe abhängigen somalischen Übergangsregierung und Teilen der islamistischen Kräfte hatte den Abzug der Äthiopier festgelegt. Die radikale Shabab-Miliz hat jedoch angekündigt, sie werde ihren Kampf fortsetzen. Sie will offenkundig das durch den äthiopischen Abzug entstandene Machtvakuum nutzen.

“Alle äthiopischen Soldaten haben in der Nacht ihre Kasernen verlassen und sind nach Baidoa gezogen”, sagte ein Verwaltungssprecher am Donnerstag dem unabhängigen somalischen Rundfunksender Radio Shabelle. In Baidoa hat das aus ernannten Vertretern verschiedener Warlords und Clan-Chefs zusammengesetzte somalische “Übergangsparlament” seinen Sitz. Der vom Westen unterstützte somalische Präsident Abdullahi Yusuf Ahmed war Ende Dezember von seinem Amt zurückgetreten. Seine Regierung war durch monatelange interne Streitigkeiten über die Suche nach einer Verständigung mit ihren islamistischen Gegnern handlungsunfähig. Das “Übergangsparlament” soll nun am 26. Jänner einen neuen Staatschef küren. Das ostafrikanische Bürgerkriegsland ist seit dem Sturz der Diktatur von General Mohammed Siad Barre 1991 ohne funktionierende Zentralregierung.

Die äthiopischen Soldaten sind in Somalia äußerst unbeliebt. Ihr rücksichtsloses Vorgehen, wie auch der Einsatz schwerer Waffen in Wohngebieten Mogadischus hatten wesentlich zur Radikalisierung der Bevölkerung beigetragen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hatte den Konfliktparteien “zügellose Kriegsverbrechen” vorgeworfen: Die äthiopischen Truppen und ihre somalischen Verbündeten seien ebenso wie die Islamisten verantwortlich für “massives Leiden der Zivilbevölkerung”. Eine halbe Million Menschen sind auf der Flucht.

Abdirahim Isse Adow, Sprecher der Union der Islamischen Gerichte, rief die Bevölkerung auf, nach dem Abzug der Äthiopier an einem Frieden zu arbeiten. “Der Rückzug der Äthiopier ist ein Sieg des somalischen Volkes”, sagte auch Sheikh Sharif Ahmed von der “Allianz für die Wiederbefreiung Somalias”, die das Waffenstillstandsabkommen mit der Übergangsregierung unterzeichnet hatte. Ein Sprecher der islamistischen Shabab-Miliz hingegen kündigte eine Fortsetzung des Kampfes und Angriffe auch gegen die Friedenshüter der Afrikanischen Union (AU) an. Der Kommissionsvorsitzende der AU, Jean Ping (Gabun), hatte bereits im Oktober erklärt, er befürchte ein “Katastrophenszenario” nach dem Abzug der Äthiopier. Auch Länder, die sich an der Rumpf-Friedenstruppe der AU in Somalia (AMISOM) beteiligen, würden möglicherweise ihre Soldaten abziehen.

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