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Kinderkriegen: "Nicht mehr das erste Ziel"

Die Vorarlbergerinnen bekommen immer weniger Babys. Laut Statistik Austria sank die Geburtenzahl im Ländle im Vergleich zum Jahr 2002 um 5,9 Prozent.

Damit verzeichnet Vorarlberg österreichweit den stärksten Geburtenrückgang. Die Zahl der kinderlosen Paare hat sich seit 1991 sogar verdoppelt.

1991 gab es in Vorarlberg 47.000 Paare ohne Kinder. Zehn Jahre später waren es bereits 95.000 kinderlose Paare. „Dass im Ländle sich immer mehr Frauen gegen ein Kind entscheiden, ist ein Trend, der schon länger andauert“, weiß Dr. Linda Motazed, leitende Ärztin der Familienplanung beim Institut für Sozialdienste. Seit mehr als zehn Jahren zählen die Schwangerenbetreuung und die Verhütungsberatung zu ihren Aufgaben. Motazed hat festgestellt, dass Kinderkriegen nicht mehr das erste Ziel der Vorarlbergerin ist. Vielmehr wolle sie im Beruf vorankommen und sich dort durchsetzen. Vorarlbergerinnen seien heute in der Regel gut ausgebildet. Motazed: „Durch die lange Ausbildungszeit entscheiden sich Frauen später für ein Kind. Viele Erstgebärende sind heute Anfang 30.“

Der späte Kinderwunsch erfüllt sich dann aber nicht mehr immer. „Die Fruchtbarkeit lässt ab Mitte 30 nach. Oft haut’s dann mit einem Kind gar nicht mehr hin. Also bleibt frau kinderlos.“

Die Ärztin ortet aber noch andere Gründe für den drastischen Geburtenrückgang im Ländle. „Durch die gut zugänglichen und besseren Formen der Verhütung passieren weniger „Unfälle“. Das heißt: Im Vergleich zu früher kommt es zu weniger ungewollten Schwangerschaften.“

Motazed hat bei den Frauen eine gewisse Zurückhaltung festgestellt, wenn es ums Kinder-in-die-Welt-setzen geht. „Sie trauen sich nicht mehr so recht. Weil sie sehen, dass so viele Partnerschaften zerbrechen und es den sicheren Hafen der Ehe kaum mehr gibt.“ Und dann ist da auch noch der Wunsch der Frauen nach einem eigenen Leben. „Frauen möchten auch etwas vom Leben haben und nicht mehr verzichten.“

Unter in Vorarlberg lebenden Türkinnen hingegen ist die Geburtenrate laut Motazed hoch. „Für Türkinnen ist Kinderkriegen ein wichtiger Faktor. Familie und Tradition bedeuten ihnen viel“, so die Ärztin.

Motazed glaubt zu wissen, wie man dem steten Geburtenrückgang entgegensteuern könnte: „Der Trend müsste dahin gehen, dass Frauen und Männer Teilzeit arbeiten könnten. Dann könnten beide Elternteile im Beruf bleiben und das Kind betreuen. Da wäre die Wirtschaft gefordert, das flexibler zu gestalten.“

Gefordert ist aber auch die Politik. Frauenlandesrätin Greti Schmid macht für den Geburtenrückgang viele Faktoren verantwortlich. „Es wäre zu einfach, ihn nur auf mangelnde Betreuungseinrichtungen zu schieben“, sagt sie. Zum einen liegt der Grund Schmids Meinung nach in gesellschaftlichen Veränderungen – „immer mehr Frauen sind berufstätig, haben eine bessere Ausbildung und wollen sich nicht nur der Familie widmen“. Zum anderen sei die Entscheidung, Kinder zu bekommen, immer vom gesellschaftlichen Umfeld abhängig und das sei im Moment nicht kinderfreundlich, so Schmid.

Landeshauptmann Herbert Sausgruber ist wegen des Geburtenrückgangs nicht wirklich beunruhigt. Denn immerhin habe Vorarlberg die höchste Geburtenrate (Anzahl von Geburten pro 1000 Einwohner) Österreichs. Der Rückgang sei also ein Rückgang von einem hohen Niveau.

Wie kann der dramatische Geburtenrückgang im Ländle gestoppt werden? Was kann getan werden, damit sich Frauen wieder für Kinder entscheiden? Schreiben Sie uns und diskutieren Sie im Forum mit.

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