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Kinder vor Fernseher gefesselt: Eltern bestreiten Vorwürfe

Die Kinder sollen schwer vernachlässigt worden sein.
Die Kinder sollen schwer vernachlässigt worden sein. ©Bilderbox (Symbolbild)
Junge Eltern und Großmutter sollen vier Kleinkinder grob vernachlässigt haben und vor dem Fernseher im Kinderwagen fixiert haben. Die Kinder weisen schwere Entwicklungsdefizite auf.
Eltern wird Prozess gemacht
Jugendamt musste eingreifen
Langfristige Entwicklungsstörungen

Ein junges Elternpaar und die Großmutter von vier Kleinkindern sind am Donnerstag in Wien vor Gericht gestanden, weil sie ihre Kinder gröblichst vernachlässigt haben sollen. Die Anklage geht auf das Jugendamt zurück, das der Familie vorwirft, die Kinder vor dem Fernseher ruhig gestellt und dabei sogar im Kinderwagen fixiert zu haben. Alle drei bestritten dies. Dass die Kleinkinder – zwei Buben und zwei Mädchen im Alter von zehn Monaten bis viereinhalb Jahren – schwere Entwicklungsdefizite haben, überraschte Eltern wie Großeltern sichtlich.

Man habe immer das Beste für den Nachwuchs gewollt, betonte die 53-Jährige Großmutter. Dass dies darin gipfelte, dass etwa ein über Vierjähriger immer noch gewickelt werden muss, weil er nicht allein auf die Toilette gehen kann, schien ihr offenbar nicht bedenklich. Auch der 30-Jährige Vater erklärte dazu nur, dass man versucht habe, den Ältesten zum altersgemäßen Verrichten seiner Notdurft zu bringen – “er will aber die Windeln haben”.

Kinder verschmutzt und verlaust

Die Kinder befinden sich mittlerweile in Obsorge des Jugendamtes, das bei der Kindesabnahme vergangenes Jahr schwere Mängel feststellte. So seien die Kinder allesamt verschmutzt gewesen und hätten auch Lausbefall aufgewiesen. Ein Gutachten förderte außerdem zutage, dass bis auf den jüngsten Nachwuchs alle Kleinkinder weit hinter ihrem Altersschnitt liegen, sowohl was die sprachliche Entwicklung, als auch was sonstige motorische Fähigkeiten – bis zum Essen von fester Nahrung – anbelangt.

Zwar stellte etwa die Mutter entschieden in Abrede, die Kinder vor dem Fernseher im Kinderwagen fixiert zu haben, im Leben des Nachwuchses dürften die vier im Haushalt vorhandenen Wagen jedoch eine prägende Rolle gespielt haben: Sogar der viereinhalbjährige Älteste wurde noch damit in den Park geschoben, berichtete die Großmutter, die daran aber nichts Anstößiges sah.

Kinder können kaum sprechen

Dass die Kinder kaum ihrem Alter entsprechende sprachliche Fähigkeiten haben, führten die Eltern darauf zurück, dass in dem Haushalt eben drei Sprachen vorherrschen: Serbisch, Romanes und Deutsch.

Die anwesende Gutachterin kam nach der Befragung der Eltern und der Großmutter zum Schluss, dass in dem Haushalt, “verwöhnen, aber nicht unbedingt fördern” am Plan stehe. Etwa beim Essen, das den Kleinen offenbar regelmäßig in breiiger Form verabreicht wurde.

Jugendamt hält Vorwürfe aufrecht

Eine Psychologin der Jugendgerichtshilfe schilderte schwere Entwicklungsstörungen der Kinder, attestierte den Eltern aber ein liebevolles Verhältnis zu ihrem Nachwuchs.

“Ich hatte sehr wohl den Eindruck, dass die Eltern versuchen, ihr Bestes zu geben”, sagte die Psychologin. Sie habe bei einem Besuch eine “durchaus liebevolle Interaktion” festgestellt und habe das Gefühl, “dass die Eltern denken, dass das alles gut und richtig ist”. Defizite seien jedenfalls vorhanden, betonte auch sie: Der Älteste könne kaum sprechen und sei auch motorisch nur schwer in der Lage, beispielsweise ein Sofa zu erklimmen. Eines der Mädchen habe Schwierigkeiten mit dem Schlucken. Dass mit den Kindern etwas nicht stimme, sei der Familie aber offenbar nicht begreiflich zu machen, berichtete sie.

Wie die Betreuerin des Jugendamtes berichtete, hatte man die Eltern auch von ärztlicher Seite auf die Entwicklungsstörungen der Kinder aufmerksam gemacht, auch im Beisein eines serbischsprachigen Arztes. Die Beobachtungen im Haushalt, der Zustand der Kleinen und weil die Eltern zwei Termine zur Frühförderung verstreichen ließen, habe schließlich zur Kindesabnahme geführt.

(apa)

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