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Kinder reihenweise abgezockt

Die Arbeiterkammer verzeichnet seit Dezember täglich 30 bis 40 Fälle von Kindern und Jugendlichen, die unwissentlich Internet-Verträge abgeschlossen haben und nun von Inkassobüros bedroht werden. Beschwerden Schwarze Liste

Kaum ein Zehnjähriger, der heutzutage nicht begeistert im Internet surft. Und Hausaufgaben gratis oder SMS zum Nulltarif? Darauf fahren sie alle ab.

Deshalb landen bei Konsumentenschützer Paul Rusching von der Arbeiterkammer auch „seit Dezember täglich 30 bis 40 Fälle auf dem Schreibtisch“. Immer sind es Kinder oder Jugendliche, die gnadenlos abgezockt wurden.

Denn die vermeintlich günstige Hausaufgabe aus dem weltweiten Datennetz kostet locker 90, 100 oder 180 Euro. Je nachdem, wie rasch das verprellte Kind die Zahlungsaufforderungen an die Eltern weiterreicht. Meist ignorieren Kinder die elektronischen Anwaltsschreiben, die von Mal zu Mal grober formuliert in der Mailbox landen. Erst wenn ein Inkassobüro sich schriftlich meldet, platzt dann die Bombe.

„Es ist unglaublich, was da passiert“, sagt Rusching. Angefangen hat alles Ende 2005 mit dem Internetdienst www.simsen.de. Hunderte Internetnutzer lockte der Internetdienst mit Geschäftsadresse in Dubai mit angeblichen Gratis-Angeboten in die Abo-Falle. Unzählige Betroffene glaubten an Gratis-SMS und ein harmloses Gewinnspiel. Dass sie in Wahrheit ein kostenpflichtiges Abonnement eingingen, war ihnen nicht bewusst.

Seither sind etliche Anbieter auf den Zug aufgesprungen und beharken das jugendliche Publikum. „Wir werden mit Beschwerden regelrecht zugeschüttet“, sagt Rusching. „Das sind Dimensionen, die noch nie da waren.“ Der Trick ist immer derselbe. Hinweise auf allfällige Kosten finden sich klein gedruckt oder am Ende der Website. Oder sie sind formuliert wie beim Anbieter hausaufgaben-heute.com. Dort heißt es: „Ihre Testzeit verändert sich nach Ablauf des Anmeldetages (ab 24:00 Uhr) zu einem Abo zum Preis von 7 Euro incl. Mehrwertsteuer monatlich bei einer Laufzeit von 24 Monaten mit einer jährlichen Abrechnung im Voraus.“ Selbst wer das liest, hat Probleme es zu verstehen. Kinder und Jugendliche sehen nur, was in fetten Buchstaben weiter oben angeboten wird: „3000 Hausaufgaben downloaden!“ Das ist doch was.

Auch die ellenlangen Erläuterungen zum Widerrufsrecht, die Andreas & Manuel Schmidtlein nun auf der Website anbringen mussten, verfehlen ihren Zweck. Die umständlichen Sätze sind für Jugendliche ein Buch mit sieben Siegeln. Die sehen nur in leuchtend roter Schrift: 1. Anmelden. 2. Downloaden. Auf „3. Zahlen“ verzichtet der auffällige Schriftzug.

Werden Schüler nicht im Informatikunterricht vor diesen Gefahren gewarnt? Die Lehrpläne hinken hinterher. Josef Fritsch unterrichtet am Bregenzer Gymnasium Blumenstraße. „Das Ministerium schreibt uns erst ab der 5. Klasse zwei Wochenstunden Informatik vor.“ Fritsch unterrichtet trotzdem schon in der 4. Klasse, und „jetzt wollen wir Informatik auch ab der 2. Klasse als Freifach anbieten“.

„Natürlich“ weist er auch auf die Gefahren hin: „Keine Verträge abschließen, die sich nicht zurückverfolgen lassen. Aber diese Hinweise kommen halt sehr spät. Teilweise“, bedauert Fritsch, „ist die Internettechnologie in den Lehrplänen noch gar nicht vorhanden“.

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