Bei Tötungsdelikten liege – bezogen auf männliche Straftäter – die statistische Wahrscheinlichkeit für ein neuerliches Töten von Menschen grundsätzlich bei maximal sechs Prozent. Estibaliz C. habe mit dem Erschießen von Manfred H. aus dieser Wahrscheinlichkeit “hundert Prozent gemacht”, gab Kastner zu bedenken. Und weiter: “Der Lerneffekt der ersten Tötungshandlung (dem inkriminierten Erschießen ihres Ex-Mannes Holger H., Anm.) war eine bessere Effizienz bei der zweiten und nicht ein Verhindern der zweiten.”
Estibaliz C. könnte weitere Straftat begehen
Kastner bezifferte die statistische Wahrscheinlichkeit, dass Estibaliz C. in den nächsten zehn Jahren neuerlich eine Straftat mit schweren Folgen begehen wird, mit 31 Prozent. Dabei handle es sich um eine “individuelle Prognose, bezogen auf ihre konkrete Persönlichkeitsstruktur”. Estibaliz C. könne “von sich aus schlecht aus ihren Mustern heraus. Die Mechanismen sind vorhanden. Die werden sie fast zwingend wieder in solche Situationen führe”, sagte Kastner.
Ist Therapie überhaupt möglich?
Ob bei der an sich therapiebedürftigen Frau therapeutische Maßnahmen überhaupt wirken, ließ die Sachverständige offen. Dafür sei die Bereitschaft erforderlich, sich einer Therapie zu stellen. Ob eine solche bei Estibaliz C. überhaupt gegeben ist, erschien Kastner fraglich. In der U-Haft habe die 34-Jährige zwar psychiatrische Hilfe in Anspruch genommen – dies aber nicht, um gegen ihre Persönlichkeitsstörung anzugehen, sondern “die Erinnerung an schieres Grauen” zu bekämpfen, so die Sachverständige. Die Bilder vom Zerteilen der Leichen hätten sich bei Estibaliz C. zu “Albträumen” entwickelt, vermutete Kastner. (APA)