AA

Kein Asylproblem

Zelte für Asylwerber haben in den letzten Wochen für hitzige Diskussionen gesorgt.
Zelte für Asylwerber haben in den letzten Wochen für hitzige Diskussionen gesorgt. ©APA/BARBARA GINDL
Gastkommentar von Johannes Huber. Österreich ist durch Flüchtlinge aus der Ukraine sowie Inder und Angehörige anderer Staaten gefordert, die noch visafrei über das Partnerland Serbien einreisen dürfen. Zumindest soweit sollte differenziert werden.

In Österreich gibt es keine Diskussionskultur zu Asyl und Migration. Die eine Seite kennzeichnet sich durch brutale Vereinfachung, die andere durch Schweigen. Erstere wird gerne als Rechts, zweitere als Links bezeichnet. Dazwischen gibt es nichts.

Das erklärt den Erfolg der Freiheitlichen sowie die Türkisen unter Sebastian Kurz. Sie haben bzw. hatten das Deutungsmonopol. Was sie sag(t)en, wirkte für sehr viele Menschen alternativlos. Bei den Türkisen versuchen nach dem Ausscheiden von Kurz gerade ein paar Leute, an diesen anzuschließen.

Der steirische ÖVP-Landeshauptmann Christopher Drexler lieferte diese Woche in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ den Spruch, es könne keinen Wunsch nach Asyl geben. Klingt einleuchtend und ist sogar korrekt. Das Verwerfliche ist jedoch, dass Drexler gezielt unterstellt, dass man sich derzeit in Österreich nur Asyl wünschen müsse, um es gewährt zu bekommen. Das ist Unsinn: Die meisten Staatsangehörigen erhalten eine Absage. Ja, von tausenden indischen, die sich heuer schon darum bemüht haben und bei denen bereits eine Entscheidung vorliegt, hat noch kein einziger eine Zusage bekommen.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) steht Drexler um nichts nach und spricht sich gegen „Asyl à la carte“ aus. „Wählen Sie Österreich als Zielland, geben Sie sich als Flüchtling aus – und Sie dürfen bleiben“, heißt das zwischen den Zeilen. Im Übrigen fordert Nehammer, Asyl und Migration zu trennen. Schön wär’s, wenn er bei sich selbst damit anfangen würde.

Am Mittwoch ist der Kanzler in Belgrad mit dem serbischen Ministerpräsidenten Aleksandar Vučić und dem ungarischen Präsidenten Viktor Orbán zusammengetroffen. Vučić macht sich nur zögerlich daran, die Visafreiheit für indische und andere Staatsangehörige abzuschaffen. Nehammer übt ja auch keinen sichtbaren Druck aus. Er gibt sich lieber als Partner und stellt einen heilen Punkt hintan: Die Visafreiheit wird auch von sehr vielen Indern und Inderinnen ausgenützt. So kommen sie als Migranten nach Europa. In Österreich machen sie Zwischenhalt und geben sich, sofern sie es nötig haben, als Asylwerber aus. In der Antragsstatistik des Innenministeriums bilden sie bereits die größte Gruppe. Immerhin ziehen die meisten umgehend weiter.

Aber das ist ein Migrations- und kein Asylproblem. Kein Asylproblem ist auch dafür ausschlaggebend, dass es noch nie so viele Flüchtlinge in Grundversorgung gegeben hat wie derzeit. Die Zahl klassischer Asylwerber unter ihnen sie in den vergangenen Monaten kaum gestiegen. Es sind aber rund 60.000 Frauen, Kinder und Männer aus der Ukraine dazugekommen, die auch ohne Asylantrag bleiben dürfen. Was gut so ist, aber herausgearbeitet gehört, um den wahren Herausforderungen gerecht werden zu können.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

Kommentare
Kommentare
Grund der Meldung
  • Werbung
  • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
  • Persönliche Daten veröffentlicht
Noch 1000 Zeichen