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"Kehre mit Freude ins Land zurück"

Die langjährige ÖVP-Ministerin Elisabeth Gehrer (64) wird sich völlig aus der Politik zurückziehen. Gehrer zieht sich zurück | VP-Bollwerk wirft das Handtuch | Reaktionen der Parteien

Bildungsministerin Gehrer legt “mit Anstand” alle politischen Mandate zurück.

Das Interview führte Marianne Mathis.

VN: Seit der Wahl kursieren verschiedenste Spekulationen über Ihre politische Zukunft. Was beabsichtigen Sie wirklich?

Gehrer: Ich komme zurück, habe mich nie um den Sitz als zweite Nationalratspräsidentin beworben und mache auch den Platz im Nationalrat frei.

VN: Kommt dadurch ein weiterer Vorarlberger ÖVPKandidat ins Parlament? Gehrer: Da ich auch auf das Landeslistenmandat verzichte, bleibt Norbert Sieber sicher im Parlament.

VN: Vor der Wahl haben Sie gesagt, dass Sie noch eine ganze Periode als Bildungsministerin weitermachen wollen. Die Karten sind nun neu gemischt, warum aber der totale Rückzug?

Gehrer: Ich war elf Jahre Ministerin und bin keine Sesselkleberin. Jetzt sollen neue, junge Kräfte ans Werk. Niemand hat mich dazu gedrängt, es ist meine persönliche Entscheidung.

VN: Wie beurteilen Sie Ihre politischen Leistungen im Rückblick?

Gehrer: Zu den Highlights zähle ich die Universitätsreform, die Schulautonomie und die Schulbauoffensive: Jeden Monat wurden zwei Bundesschulbauprojekte abgeschlossen. Seit dem Jahr 2000 wurden dafür 772 Millionen Euro investiert. Und alle Schüler sind am Internet angeschlossen. Die Qualität der Schule ist durch Projekte wie Sprachförderung für Kinder, die nicht Deutsch können, Englisch ab der ersten Klasse Volksschule und die Ausweitung der Tagesbetreuung deutlich gestiegen.

VN: Im universitären Bereich haben Sie sich nicht nur Freunde geschaffen. Man sagt, Sie hätten die Unis kaputtgespart.

Gehrer: Durch das Universitätsgesetz 2002 haben die Hochschulen mehr Autonomie bei gesicherter Finanzierung. Für die nächsten drei Jahre ist eine Milliarde Euro für Bau und Betrieb von Universitäten gesichert.

VN: Die Einführung von Studiengebühren kam auch nicht besonders gut an. Gehrer: Die Einführung der Studiengebühren wollte ich eigentlich nicht. Aber in der Politik muss man halt auch Kompromisse machen. Schauen Sie: Die Akademikerquote ist in Österreich seit 2000 von 12 auf 18 Prozent angestiegen. VN: War die PISA-Studie für Sie ein Tiefschlag?

Gehrer: Das Ganze ist völlig überbewertet worden.

VN: Sie haben das Lehrerdienstrecht geändert, was in Vorarlberg zu massiven Protesten führte.

Gehrer: Das weiß ich. Die Einführung des Jahresarbeitszeitmodells war aber gut.

VN: Was wünschen Sie sich von einer künftigen Regierung?

Gehrer: Ich nehme an, dass eine große Koalition kommt, von Neuwahlen halte ich nichts. Wir entziehen uns nicht der Verantwortung und erwarten von Herrn Gusenbauer Vorschläge. Er muss Gräben zuschütten. Bis gestern hat er Schüssel nicht einmal angerufen. Ich hoffe, dass die großen Projekte realisiert werden. Das sind Sicherung des sozialen Netzes, Wirtschaftsaufschwung und keine Neuverschuldung im Budget.

VN: Mit welchen Gefühlen verlassen Sie Wien?

Gehrer: Von heute auf morgen bin ich nicht weg vom Fenster. Meine Söhne sind hier, und die Regierung nimmt die Amtsgeschäfte wahr, bis eine neue steht. Mein lieber Mann Fritz freut sich und ich freue mich auf Bregenz.

VN: Null Blick zurück im Zorn?

Gehrer: Keineswegs. Nach vielen Jahren mit 80-Stunden-Wochen gehe ich mit Anstand und kann endlich wieder Wandern, Schwimmen und mehr auf meine Gesundheit schauen.

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