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Karikaturen: EU setzt auf Türkei

Die EU setzt im seit Tagen schwelenden Konflikt um die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in einigen europäischen Zeitungen nun gezielt auf Vermittlung und Deeskalation.

In diesem Zusammenhang führte Außenministerin Urlsula Plassnik (V) als aktuelle EU-Ratsvorsitzende ein Gespräch mit dem türkischen Vize-Premier und Außenminister Abdullah Gül. Die Minister erklärten danach in einer gemeinsamen Presseaussendung, dass Meinungsfreiheit ein fundamentales Recht sei, zugleich müsse aber religiösen Überzeugungen mit dem gebührenden Respekt begegnet werden.

„Meinungsfreiheit und Respekt vor Werten, die Verehrung genießen, widersprechen einander nicht, sondern ergänzen einander“, wurden Plassnik und Gül zitiert. Sie unterstrichen auch, dass Gewaltakte in diesem Zusammenhang unter keinen Umständen geduldet werden können.

Der Türkei maß Plassnik nun besondere Bedeutung zu. Ankara spiele eine aktive Rolle der Türkei bei der Förderung des Dialogs zwischen Europa und der muslimischen Welt. Tatsächlich sind in der Türkei alle Demonstrationen gegen die in der dänischen Zeitung „Jyllands-Posten“ veröffentlichten Mohammed-Karikaturen bisher friedlich verlaufen.

Spätestens beim Treffen der EU-Außenminister-Troika mit Außenminister Gül in Wien am 8. März sollen konkrete Schritte gesetzt werden. Außerdem soll das Thema auch im Rahmen des informellen Treffens der EU-Außenminister vom 10./11. März behandelt werden. Plassnik lud den türkischen Außenminister dazu nach Salzburg ein.

Die Regierung in Kopenhagen – in Dänemark wurden die Karikaturen zuerst veröffentlicht – begrüßte die Initiative, die Türkei als Moderator zu gewinnen, als „sehr gute Idee“. Der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen sehe diese Idee „außerordentlich positiv“, erklärte am Donnerstag sein Sprecher.

Auch in Deutschland hofft man, die Türkei als Vermittler gewinnen zu können. Die-Grünen-Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz sagte: „Die Türkei ist in der Europäischen Union als eine Brücke zu den anderen Staaten notwendiger denn je.“ Die Demonstrationen in islamischen Ländern sind nach Meinung von Deligöz politisch gesteuert. Die Vorgänge machten deutlich, wie dringend Europa angewiesen sei auf aufgeklärte Vermittler: „Manche islamischen Länder, die ihre ganz ureigenen Interessen verfolgen, nehmen das jetzt zum Anlass, diese durchzusetzen.“

Auch andere deutsche Politiker hoben die befriedende Rolle der Türkei hervor. Der außenpolitische Sprecher der regierenden CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Eckart von Klaeden, lobte die maßvollen Äußerungen des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Deutschland habe ein innen- wie außenpolitisches Interesse an der Heranführung der Türkei an die EU.

Erdogan hatte erklärt, sein Land sei „Anwalt“ des Projekts einer „Allianz der Zivilisationen“. Erdogan hatte zusammen mit dem spanischen Ministerpräsidenten Jose Luis Rodriguez Zapatero in einem offenen Brief in der „International Herald Tribune“ zu Besonnenheit aufgerufen. „Wir werden alle Verlierer sein, wenn es uns nicht gelingt, die Situation sofort zu entschärfen.“

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weißkirchen, und die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast sahen sich durch die Vermittlerrolle der Türkei in ihrer Ansicht bestätigt, dass dem Land der EU-Beitritt nicht verwehrt werden dürfe. Auch FDP-Außenpolitiker Werner Hoyer äußerte sich in diesem Sinne. CSU-Landesgruppenvorsitzender Peter Ramsauer blieb bei seiner Skepsis, wonach die Proteste die Integration der Türkei eher erschweren könnten.

Anders als in den vergangenen Tagen blieben die Kundgebungen in der islamischen Welt am Donnerstag friedlich. Bei der größten verwandelten etwa 250.00 Schiiten in Beirut ein religiöses Fest in eine Demonstration: Während einer Prozession anlässlich des Ashura-Festes trugen die Gläubigen Plakate mit sich, auf denen die Verhöhnung des Propheten als Angriff auf die Würde ihrer Gemeinschaft verurteilt wurde.

Die Information, dass für kommenden Montag in vielen islamischen Ländern Protestkundgebungen geplant seien, erfuhr zunächst keine Bestätigung. Weder im Außenministerium noch bei der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich war von solchen Plänen etwas bekannt.

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