Gefragt, wie dieser “Aufprall” aussehen werde, antwortete Schwarzenberg, dass dieser eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation beinhalte, dass es “sogar einen Absturz geben kann und wir feststellen, dass wir nicht handlungsfähig sind”. Ein solches Szenario sei “nicht unwahrscheinlich”. Zu gering seien die Investitionen in Wissenschaft und Forschung oder in Bildung gewesen, zu wenig sei für die Ankurbelung der Wirtschaft getan worden. “Wir haben buchstäblich unsere Zukunft verprasst”, so Schwarzenberg, der seit 2007 als Außenminister im Amt ist.
Schulden und investitionen in Europa
So lange sich die EU-Staaten nicht “von ihrer Politik entfernen, mehr Geld auszugeben, als sie verdienen”, sei es nur eine Frage der Zeit, bis die Nordstaaten in die gleiche Situation kämen, wie jene des Südens. Schulden hätten nicht nur Griechenland, Italien, Spanien oder Portugal gemacht, sondern auch die Länder nördlich der Alpen. Auch das Versäumnis der Investitionen sei in beiden Teilen Europas zu bemängeln. Der einzige Unterschied sei die bisher bessere Verwaltung im Norden. Aber auch hier seien Reformen notwendig, betonte Schwarzenberg, ähnlich wie bereits bei einer Veranstaltung am Sonntag.
Keine Grundsatzdebatte über die EU
An der derzeitigen Debatte um die Wirtschafts- und Finanzkrise in Europa vermisst der Vizepremier und Außenminister eine Diskussion “über die EU und ihre Idee als solches”. Es sei “bedauerlich”, dass “praktisch nur über den Euro” geredet werde, so Schwarzenberg, der damit an die EU als gemeinsames Friedensprojekt erinnerte.
Auch wenn die EU momentan politisch “weiterwurschtelt”, zeigte sich Schwarzenberg leicht optimistisch, dass Europa aus der Krise gestärkt herausgehen könnte. Bisher habe jede Krise Europa stärker gemacht. “Wenn wir diese Krise überwinden, wird Europa politisch stärker sein”, erklärte er.
Karel Schwarzenberg möchte anecken
Schwarzenberg, der für die tschechischen Präsidentschaftswahlen Anfang 2013 kandidieren wird, verriet bei der von dem deutschen Wochenmagazin “Die Zeit” und der Industriellenvereinigung (IV) organisierten Veranstaltung außerdem, dass ihm Politik vor allem deshalb Spaß mache, weil man damit Leute “ärgern” könne. Beispielsweise solche, die sich “nicht an die Menschenrechte halten”. Man dürfe sich dabei aber nicht auf die kleinen, exotischen Staaten beschränken, sondern müsse auch auf die großen, reichen Länder achten, sagte Schwarzenberg und nannte explizit China als Beispiel. (APA)