Von der geplanten Öffnung der jüdischen Friedhöfe in Wien berichtete Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), am Dienstag in der Bürgermeister-Pressekonferenz. Dies ist derzeit nämlich nicht der Fall. “Sowohl der Friedhof Währing als auch der Friedhof in der Seegasse sind Unikate in Europa”, unterstrich er.
Jüdischer Friedhof in Währing verfällt
Noch ist vor allem der Friedhof in Währing dem Verfall preis gegeben. Doch das soll sich bald ändern: Die Stadt Wien und die IKG haben eine Vereinbarung über die Pflege der Areale getroffen. Das Abkommen, das heute unterzeichnet wurde, ist auch Voraussetzung für öffentliche Mittel zur Sanierung der jüdischen Friedhöfen.
Der Hintergrund: Der Bund hat 2010 einen Fonds für die Instandsetzung jüdischer Ruhestätten eingerichtet – für 20 Jahre sind pro Jahr eine Million Euro zur Ausschüttung vorgesehen. Das Geld gibt es jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die IKG hat Eigenmittel in derselben Höhe aufzubringen und die jeweilige Standort-Gemeinde muss die nächsten 20 Jahre nach der Sanierung für die Instandhaltung sorgen.
Mittel zur Sanierung der Friedhöfe
Die Wiener Vereinbarung sieht dies für den historischen jüdischen Friedhof in der Seegasse in Alsergrund, den jüdischen Friedhof Währing, den jüdischen Friedhof Floridsdorf sowie den alten und neuen jüdischen Friedhof am Zentralfriedhof vor. Nach deren Sanierung stellt die Stadt 20 Jahre lang Mittel für die Pflege zur Verfügung. Vorgesehen sind 860.000 Euro pro Jahr.
Welche Areale nun als erstes hergerichtet werden, ist noch offen: “Wir werden uns in den nächsten Tagen zusammensetzen und werden das dann beschließen.” Seine Favoriten seien die Areale in Währing und am Zentralfriedhof”, so Deutsch. Warum sich die IKG nicht selber um die Erhaltung kümmert bzw. gekümmert hat? “Es sind dort Leute begraben, die zum großen Teil, ich würde sagen zu 95 Prozent, keine Nachkommen haben – aus Gründen, die Sie sich vorstellen können”, erklärte der Präsident der Kultusgemeinde.
Jüdisches Erbe der Stadt bewahren
Bürgermeister Häupl ist zufrieden mit der getroffenen Vereinbarung: “Mir ist beileibe nicht nur aus historischen Gründen diese positive Zusammenarbeit außerordentlich wichtig. Denn jüdisches Leben in Wien ist Bestandteil seiner Geschichte, Bestandteil seiner Kultur, Bestandteil seiner Zukunft.”
Die Stadt habe sich immer dazu bekannt, ihr jüdisches Erbe zu erhalten und zu bewahren, verwies er u.a. auf die Wiedereröffnung des Hakoah-Sportareals oder die Abhaltung der Makkabispiele 2011.
Auf den Spuren des Prager Friedhofs
Was die Zukunft der jüdischen Friedhöfe anbelangt: Jener in der Seegasse – er befindet sich im Innenhof eines Pensionistenheims – und jener in Währing könnten in Zukunft von Interessierten besucht werden. Es werde diskutiert, ob die Areale nach der Sanierung zugänglich gemacht werden, so Deutsch. Ihm zufolge könnte etwa der Friedhof in der Seegasse mit seinen Grabsteinen aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert eine “Touristenattraktion” werden, wie dies etwa schon jetzt der jüdische Friedhof in Prag sei.
(apa/red)