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Josef Pröll zur Parteireform

ÖVP-Zukunftshoffnung Josef Pröll nimmt in "VN"-Interview zur Parteireform Stellung. Ob Grasser von der Basis akzeptiert werden würde, "weiß ich nicht", sagt Pröll.

VN:Der ÖVP-Vorstand hat Sie mit der Leitung einer Perspektivengruppe für eine Parteireform betraut. Was sagen die Funktionäre und Sympathisanten, die Sie bisher gehört haben?
Pröll: Auffallend ist, dass alle, die zuletzt öffentlich erklärt haben, wir bräuchten mehr soziale Wärme, offensichtlich falsch liegen: Die Leute sagen nicht, dass wir bisher keine soziale Verantwortung wahrgenommen haben. Andere Fragen werden gestellt. Zum Verhältnis zwischen ÖVP, Kirche und Religion beispielsweise; viele meinen, dass das aus dem Lot ist. Außerdem wird die Familien- und Frauenpolitik der ÖVP diskutiert: Wo ist die Partei mit ihrem traditionellen Familienbild und welche Antworten findet sie auf die neuen Entwicklungen? All das werden wir jetzt mit den Politikerinnen und Politikern besprechen müssen.
VN:Franz Fischler hat nach der Wahl analysiert, die ÖVP habe vor allem bei Frauen zwischen 20 und 45 massive Probleme.
Pröll: In allen Diskussionen kommt zum Ausdruck, dass eine christlich-soziale Volkspartei eine Balance halten muss: Natürlich dürfen wir die Familie als Wertegrundkonzept nicht opfern, wir müssen aber auch Antworten auf andere Lebenswelten finden.
VN:Die ÖVP soll auch für die wählbar werden, die sich nicht für eine Ehe entschieden haben?
Pröll: Absolut. Wir müssen unsere Kernwerte stärken, aber auch Respekt und Anerkennung für alle Lebenswelten abseits der klassischen Familie haben.
VN:Der steirische ÖVP-Chef Schützenhöfer fordert eine sozialere Volkspartei – und konkret etwa einen Solidarbeitrag von Menschen mit mehr als 70.000 Euro Einkommen pro Jahr.
Pröll: Ich kann dazu nur sagen: „Liebe Freunde, lasst uns endlich von diesem ursozialistischen Thema der Umverteilung wegkommen. Ich halte überhaupt nichts davon.“
VN:Umverteilung gehört aber zum Sozialstaat.
Pröll: Schon. Hier geht es jedoch darum, über die bestehenden Sozialsicherungssysteme hinauszugehen, eine ideologische Diskussion zu führen und Neid zu schüren; die große Masse hätte nichts davon.
VN:Wie wird es mit der Perspektivengruppe weitergehen: Werden die Ergebnisse in ein ÖVP-Programm einfließen?
Pröll: Auf dem Parteitag wird es eine Reflexion geben, im Herbst 2007 werden wir die Ergebnisse präsentieren. Ich werde Druck machen, damit die ÖVP diese auch als Handlungsauftrag nehmen wird.
VN:Apropos Parteitag: Stehen Sie nun als Parteichef zu Verfügung?
Pröll: Diese Frage stellt sich nicht.
VN:Das ist ausgeschlossen?
Pröll: Absolut. Wolfgang Schüssel ist Parteiobmann und wird das auch nach dem Parteitag im April sein.
VN:Wollen Sie das?
Pröll: Wolfgang Schüssel wird für sich selbst entscheiden, an welcher Stelle er der ÖVP in Zukunft dienen wird; er hat die Partei intern konsolidiert und vor zwei Jahren zu einem Sensationssieg geführt.
VN:Wäre auch Grasser als Parteichef denkbar?
Pröll: Karl-Heinz Grasser ist parteifrei; ob das an der Parteibasis ausreichend gewürdigt wird, weiß ich nicht. Ich persönlich kann mir unkonventionelle Lösungen vorstellen.

VN:Auch diese?
Pröll: Warum nicht?

VN:Weil es die Partei zerreißen könnte.

Pröll: Dann wird es die Partei nicht zulassen.

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