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Jetzt Live: Sonderparteitag der SPÖ zu Parteivorsitz

Beim Sonderparteitag am Samstag entscheidet sich die Frage um den SPÖ-Vorsitz.
Beim Sonderparteitag am Samstag entscheidet sich die Frage um den SPÖ-Vorsitz. ©APA/TOBIAS STEINMAURER
Am Samstag, den 3. Juni 2023, findet der Sonderparteitag der SPÖ statt. Dabei wird auch die Frage um den SPÖ-Vorsitz geklärt werden.
Deutsch nimmt den Hut
Rendi-Wagner zieht sich komplett zurück
Treffen Ludwig-Doskozil "sehr bald"
Babler: "Stehe natürlich keinesfalls für einen EU-Austritt"

Am Samstag soll die Frage um den SPÖ-Vorsitz geklärt werden. 609 Delegierte entscheiden bei einem Sonderparteitag in Linz, wer SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner nachfolgt: Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil oder der Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler. Für wen sich die Delegierten entscheiden, ist kaum absehbar. Rendi-Wagner verzichtet auf eine Teilnahme an dem Parteitag.

Deutsch rief vor Präsentation zur Einheit auf

Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch rief dabei vor der Präsentation der beiden Kandidaten zur Einheit auf, der Linzer Bürgermeister Klaus Luger forderte als Gastgeber, sich nicht nur auf Personen sondern auch auf Inhalte zu fokussieren.

Rekordverdächtig ist, dass von den 609 ordentlich Delegierten 603 der Einladung auch nachkamen. Entscheiden können sich zwischen dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und dem Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler, nachdem Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner in Folge von Platz drei bei einer Mitgliederbefragung ihren Rückzug erklärt hat. Als dritter beworben hat sich das "einfache" Parteimitglied Berthold Felber. Wer ihn wählen will, müsste die beiden anderen Namen am Stimmzettel durchstreichen und Felbers Namen hinschreiben.

Rendi-Wagner verabschiedete sich über Facebook-Posting

Die scheidende Parteichefin verabschiedete sich nicht vor Ort sondern über ein Facebook-Posting, in dem sie noch einmal indirekt ihre Demontage beklagte. Mit einer konstruktiven und verantwortungsvollen Opposition habe man große Zustimmung in der Bevölkerung geerntet: "Es wäre meiner Meinung nach sinnvoll gewesen, diesen Weg fortzusetzen, aber es kam anders." Die Auseinandersetzung mit der politischen Rechten müsse geschlossen und geeint geführt werden. Dem neuen Vorsitzenden wünschte sie "Kraft" für dessen Aufgabe und der SPÖ, zur führenden politischen Kraft im Land zu werden.

In Linz sprach ihr der ebenfalls scheidende Bundesgeschäftsführer Deutsch Dank der Partei ob ihres Mutes und ihres Verantwortungsbewusstseins aus, was mit langem Applaus und letztlich auch stehenden Ovationen seitens der Delegierten begleitet wurde.

Doskozil vs. Babler: Rennen um Parteispitze gilt als offen

Das Rennen um die Parteispitze gilt als ziemlich offen. Doskozil hat bei der Mitgliederbefragung Platz eins geholt und weiß auch den Großteil der Länder-Organisationen hinter sich. Babler dürfte hingegen vor allem von der delegiertenstarken Wiener Landespartei sowie von der Frauenorganisation große Zustimmung erfahren. Mitentscheidend könnte sein, für wen sich die Gewerkschafter mehrheitlich entscheiden.

Der Landeshauptmann gilt als Vertreter des rechten Flügels der Partei, vor allem in der Zuwanderungspolitik. Babler hingegen ist der Liebling der Parteilinken, hat aber zuletzt für Irritationen gesorgt, als ein Video aus dem Jahr 2020 bekannt wurde, in dem er die EU scharf attackiert.

Präsentationen: Beide Kandidaten haben 45 Minuten

Beiden Kandidaten werden jeweils 45 Minuten für eine Präsentation zur Verfügung stehen. Dem schließt sich eine Debatte an, in der sich die Unterstützer zu Wort melden können, ehe es zur Wahl geht. Mit einem Ergebnis wird nicht vor dem Nachmittag gerechnet.

Der Parteitag beendet nicht nur die Ära Rendi-Wagners, die auf eine Reise nach Linz verzichtet. Auch Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch zieht sich mit Abschluss der Veranstaltung aus seiner Funktion zurück.

Rendi-Wagner war nicht die einzige, die auf eine Reise nach Linz verzichtete. Auch sonst fand sich kein ehemaliger Parteichef bei der Veranstaltung ein. Stark vertreten waren nur ehemalige Regierungsmitglieder von Karl Schlögl bis Maria Berger. Von den beiden Kandidaten war Babler früher in Linz eingetroffen, begleitet unter anderem von seiner Frau. Doskozil kam ein wenig später, umringt von seinem Team. Als Zeichen des Fairplay gab es einen Handschlag.

Rede Doskozils zum SPÖ-Parteitag

Gleich zu Beginn rekurrierte Doskozil auf den SPÖ-Säulenheiligen Bruno Kreisky, dessen Bild er in seinem Büro hängen habe. Oft habe er sich gefragt, was Kreisky heute sagen würde, angesichts all der Diskussionen und Wahlergebnisse. Für ihn sei die Partei und deren Ergebnisse am wichtigsten, aber auch der Kampf um Inhalte: "Man kann fragen, ob es richtig ist, ihn auf diese Art und Weise zu führen", sagte Doskozil: "Aber er ist zu führen."

Einmal mehr unterstrich er, dass es um die Erwartungen der Bevölkerung an die Sozialdemokratie gehe. Ob Entlohnung, Mietpreise, Gesundheitsversorgung, Pflege oder Migration: "Es gibt genug Themen, die wir aufgreifen müssen, wo von uns als Partei des Volkes, als Partei des kleinen Mannes und der kleinen Frau erwartet wird, dass wir sie vertreten, dass wir ihren Interessen dienen."

Doskozil zum Thema Mindestlohn

Doskozil redete dem "Rausgehen aus dieser Komfortsituation" das Wort - als Parteifunktionäre und selbst als burgenländischer Landeshauptmann. Den Parteivorsitzenden zu wählen, sei nur der erste Schritt. Die SPÖ müsse auch glaubwürdige Antworten geben und diese Politik dann auch umsetzen. Genau daran habe es in der Vergangenheit oft gefehlt - auch weil man mit der Regierungsverantwortung allein zufrieden gewesen sei.

Beim Thema Mindestlohn versuchte Doskozil einmal mehr, die gegen ihn wegen seines burgenländischen Alleingangs zürnende Gewerkschaft zu befrieden. Man könne doch akkordiert vorgehen und den Sozialpartnern signalisieren: "Einigen wir uns kollektivvertraglich, weil sonst gibt es einen verrückten Burgenländer, der setzt den Mindestlohn um".

Pflege und Gesundheit: Absagen an Profit und Ärztekammer-Macht

Bei Pflege und Gesundheit wiederholte er seine Absagen an Profit und Ärztekammer-Macht, in der Frauenpolitik pochte er auf Kompetenz statt Quoten. Ohne den Namen zu nennen unterstrich er auch, einem "gewissen Medium" - gemeint wohl "Österreich" - weiter keine Inserate geben zu wollen. Nur eine kurze Erwähnung wert waren in seiner 47-minütigen Rede - 45 wären vereinbart gewesen - die Themen Klimaschutz und Migration.

Zuletzt versprach er, dass trotz vergangener Operationen "die Stimme funktioniert". Weitere stünden nicht im Raum, ausschließen könne er sie aber nicht, sagte er, bevor Doskozil mit "Es lebe die österreichische Sozialdemokratie, Freundschaft!" endete.

Rede von Babler

Babler sparte wie in seiner gesamten Kampagne nicht mit Pathos, als er ein "unglaubliches Comeback der Sozialdemokratie" ankündigte. Sein Programm werde Träumerei genannt: "Träumer, das ist nur ein anderes Wort für Sozialdemokrat." Sei nicht auch ein Gemeindebau ein Luftschloss gewesen, "bis wir ihn gebaut haben"?

Wie ein SPÖ-Programm unter ihm aussehen könnte, skizzierte Babler umfassend. Eine neue Vermögensbesteuerung machte er zur Koalitionsbedingung. Mehr Lohntransparenz will er, um endlich gleichen Lohn für Frauen zu erreichen. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich ist für ihn eine Selbstverständlichkeit: "Weil wir es uns verdient haben." Ebenfalls ins Programm gehören Mietpreisdeckel und Leerstandsabgabe.

Auch die Ausländerpolitik ließ Babler nicht aus, als er einen leichteren Zugang zur Staatsbürgerschaft forderte. Zudem betonte er, dass es zusätzliche Arbeitsmigration brauche, freilich ohne begleitendes Sozialdumping. Verlassen will sich Babler da auf die Gewerkschaft, die er mehrfach adressierte und ob ihrer historischen Verdienste würdigte. Emotional wurde der Bürgermeister auch, als er von 350.000 armen oder armutsgefährdeten Kindern sprach: "Allen Kindern alle Rechte."

Hervorgehoben wurde von Babler, dass er mit den Streitigkeiten der vergangenen Monate und Jahre in der Partei nichts zu tun habe: "Ich bin nicht Teil dieser Auseinandersetzung." Er wisse, wie notwendig es sei, heute wieder zusammenzufinden. Dass er allenfalls keine breite Wählerschaft ansprechen kann, konterte er mit Verweis auf die mehr als 70 Prozent, die er in Traiskirchen zu seiner Wahl bewogen hatte. Diesen lokalen Erfolg will er auf ganz Österreich ausbreiten: "Jetzt beginnt der Aufbruch in eine neue Zeit."

In der darauf folgenden Diskussion bekannten sich einige der Doskozil-Unterstützer offen zu ihrer Haltung, etwa Max Lercher, während die Gegenseite vor allem auf Inhalte pochte und beispielsweise ÖGB-Chef Wolfgang Katzian die Bedeutung von Kollektivverträgen hervorstrich. Am offensten für Babler äußerte sich Umweltsprecherin Julia Herr. Die Emotionen, die Babler auslöse, könnten entscheidend sein für einen künftigen Wahlsieg, meinte sie.

SPÖ-Sonderparteitag am 3. Juni 2023 statt: Entscheidung um Vorsitz

(APA/Red)

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