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Italien: Prozess um Calvi-Mord

Vor einem Schwurgericht in Rom hat am Donnerstag der Prozess um den Tod des italienischen Vatikan-Bankiers Roberto Calvi begonnen. Vor Gericht stehen fünf Personen, darunter eine Kärntnerin.

Manuela K. ist 23 Jahre nach dem Tod Calvis in den Verdacht der Beihilfe zum Mord geraten. Vor Gericht müssen sich auch der Ex-Freund der Kärntnerin, Flavio Carboni, sowie die beiden Ex-Mafia-Bosse Pippo Calo und Ernesto Diotallevi verantworten.

Nur Carboni war im Gerichtssaal anwesend. K. erschien nicht vor Gericht, sie wurde von ihren Rechtsanwälten vertreten. Die Staatsanwälte legten eine Liste von 177 Zeugen vor, die im Laufe des Prozesses vernommen werden sollen. Das Verfahren wird laut Schätzungen von Experten voraussichtlich zwei Jahre lang dauern. Die nächste Anhörung ist für 23. November geplant.

„Ich finde die Vorwürfe gegen mich absurd. Ich bin sicher, dass Calvi Selbstmord begangen hat, er ist nicht getötet worden. Er hatte mehrere Gründe, sich das Leben zu nehmen. Nach 23 Jahren habe ich jetzt die Möglichkeit, dies zu beweisen“, betonte Carboni.

Calvi, Chef des Mailänder Kreditinstituts Banco Ambrosiano, war am 18. Juni 1982 erhängt unter der Blackfriars Bridge in London aufgefunden worden. Der „Bankier Gottes“ hatte sich zuvor in undurchsichtige Finanztransaktionen mit der Vatikanbank IOR, der umstrittenen Geheimloge P2 und der Mafia verstrickt. Dabei verschwanden zwischen 1972 und 1981 mehr als 1,3 Milliarden US-Dollar. In der Folge war Calvi über Österreich nach Großbritannien geflüchtet.

Die römische Staatsanwaltschaft geht nunmehr davon aus, dass er von drei italienischen Unterweltlern ermordet wurde. Im Zusammenhang damit geriet auch Manuela K. unter Verdacht. Sie war zur Tatzeit 19 Jahre alt und Freundin des sardischen Immobilienhändlers Carboni. Dieser soll nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Beihilfe zum Mord geleistet haben. Die Frau hatte sich gemeinsam mit Carboni in London aufgehalten, als Calvi dort zu Tode kam. Sie hat stets ihre Unschuld beteuert. Heute sei sie 44 Jahre alt und Mutter eines achtjährigen Kindes. Sie habe mit Carboni nichts mehr zu tun, sagte ihre Verteidigerin.

Der Bankrott der Banco Ambrosiano war der größte Bankenzusammenbruch in der italienischen Nachkriegsgeschichte, deren genaue Hintergründe bis heute im Dunkeln liegen. Immer wieder war von illegalen Geschäften sowie von Verstrickungen hoher Politiker die Rede. Calvi war seinerzeit zunächst vor seinem Tod mehrere Tage lang spurlos verschwunden, angeblich hatte er eine Tasche mit belastenden Unterlagen über hohe italienische Politiker bei sich.

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