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Istanbul: Papst-Attentäter aus Haft entlassen

Mehmet Ali Agca, der am 13. Mai 1981 ein Attentat auf Papst Johannes Paul II. verübte, wurde am Donnerstag vorzeitig aus der Haft entlassen. Zuvor war er in Italien in Haft gewesen. Porträt

Nach 25 Jahren Haft ist der Papst-Attentäter Mehmet Ali Agca am Donnerstag auf Bewährung freigelassen worden. Hunderte türkische Nationalisten feierten den 48-Jährigen, der im Mai 1981 auf dem Petersplatz in Rom Papst Johannes Paul II. angeschossen und schwer verletzt hatte. Dutzende Polizisten schirmten Agca ab, als er in einem weißen Wagen das Hochsicherheitsgefängnis Kartal bei Istanbul verließ. Der zunächst noch mit Handschellen gefesselte Papst-Attentäter musste sich in einem militärischen Rekrutierungszentrum melden.

Zunächst blieb unklar, ob der Wehrdienstverweigerer, der 1979 aus einem Militärgefängnis entkommen war, gemustert werden sollte. Dann fuhr er von der Polizei eskortiert in einem schwarzen Mercedes zu einer Routineuntersuchung in ein Krankenhaus.

Agca, der den Papst am 13. Mai 1981 auf dem Petersplatz in Rom mit mehreren Schüssen schwer verletzt hatte, war im Juni 2000 vom italienischen Staatspräsidenten Carlo Azeglio Ciampi begnadigt worden. Johannes Paul II. hatte Agca schon vorher verziehen und ihn auch im Gefängnis besucht. Die Hintergründe der Tat wurden nie geklärt. Immer wieder gab es Berichte, östliche Geheimdienste wie etwa der sowjetische KGB seien mit im Spiel gewesen. Nach fast 20 Jahren Haft wurde Agca in die Türkei ausgeliefert, wo er seitdem eine Strafe wegen Mordes an einem türkischen Journalisten und zweier Raubüberfälle verbüßte. Nach seiner Haftentlassung in Italien wurde die Todesstrafe in der Türkei unter Berücksichtigung eines Amnestiegesetzes in eine zehnjährige Gefängnisstrafe umgewandelt. Dank anderer Strafnachlässe kam er mit einer Haftstrafe von sieben Jahren und zwei Monaten davon, von denen er etwas mehr als fünf Jahre absitzen musste.

Die Freilassung Agcas ist in der Türkei nicht unumstritten. Ein Einspruch der Familie des ermordeten Journalisten gegen die Freilassung war vom Gericht zurückgewiesen worden. Der Anwalt der Familie kündigte an, notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu gehen. Nach seiner Einschätzung hätte Agca nicht von zwei Amnestien gleichzeitig profitieren dürfen und hätte mindestens zehn Jahre absitzen müssen.

Agca habe nicht nur ihren Vater umgebracht, schrieb die Tochter des Journalisten Abdi Ipekci, Nukhet, in der Zeitung „Milliyet“. Er habe auch dafür gesorgt, dass die Wörter „türkisch“ und „Mörder“ zusammengehörten. Ein Anwalt der Familie, Turgut Kazan, kündigte an, die Freilassung vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg anzufechten. Die Zeitung titelte: „Tag der Schande“. Der Student Deniz Ergin sagte: „Ein Mörder wie er, der das Ansehen der Türkei beschmutzt hat, sollte nicht freigelassen werden.“

Agcas Bruder Adnan dagegen sagte: „Wir sind glücklich. Wir danken dem türkischen Staat unendlich.“ Agcas Unterstützer warfen rote und gelbe Blumen auf den Wagen, mit dem der Papst-Attentäter aus dem Gefängnis gebracht wurde. Der heute 48-Jährige beteiligte sich in den 70er Jahren auf Seiten rechtsgerichteter Aktivisten an Straßenkämpfen gegen linke Demonstranten.

Ein Psychiater begutachtete Agca nach dem Papst-Attentat und erklärte ihn für verhandlungsfähig. Sein Anwalt sagte am Mittwoch, Agca sei gesund und wolle sich für Frieden und Demokratie einsetzen.

Anwalt prüft die Entlassung

Der türkische Justizminister Cemil Cicek will die Freilassung des Papst-Attentäters Mehmet Ali Agca prüfen lassen. „Ich sage nicht, dass die Freilassung ein Irrtum war, aber ich sage, dass es einen Fehler gegeben haben könnte“, sagte Cicek am Donnerstag nur wenige Stunden nach der Freilassung Agcas vor Journalisten. Er werde den Berufungsgerichtshof in einer schriftlichen Anweisung zu der Überprüfung veranlassen.

Zuvor hatte auch der ehemalige türkische Justizminister Hikmet Sami Turk, der die Auslieferung Agcas im Jahr 2000 leitete, die Freilassung kritisiert. Auch die Familie eines von Agca ermordeten türkischen Journalisten und die Zeitung „Milliyet“, für die der Journalist arbeiteten, kritisierten die Entscheidung.

Der 48-Jährige Agca war am Donnerstagmorgen fast 25 Jahre nach den Schüssen auf Johannes Paul II. in Istanbul aus der Haft freigelassen worden. Dort hatte er seit 2000 seine Strafe für den Mord an einem türkischen Journalisten verbüßt. Zuvor war er in Italien wegen des Papst-Attentats 19 Jahre lang inhaftiert. Agca hatte Papst Johannes Paul II. am 13. Mai 1981 inmitten von Gläubigen auf dem Petersplatz niedergeschossen. Noch im Krankenhaus vergab der Papst seinem Attentäter und besuchte ihn zwei Jahre später in der Gefängniszelle.

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